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Meinung: Saharistan

Der Terror in Algerien ist älter als der Arabische Frühling

Die Geiselnahme auf dem Gasfeld in der algerischen Wüste endet mit einer Horrorbilanz. Die Zahl der Toten, darunter viele westliche Geiseln, steigt immer weiter. Und die Zahl der Fragen wird damit immer größer.

Zunächst die Gewissheiten: Die Welt erlebte gerade die schlimmste Terrorattacke im nördlichen Afrika seit wenigstens zehn Jahren. Es wurde einmal mehr klar, dass islamistische Terroristen aus dem Dunstkreis Al Qaidas die größte Gefahr für die Sicherheit in der Sahararegion wie auch Europas sind. Die Folgerung daraus ist, dass der Kampf gegen den internationalen Terror, trotz großer Anstrengungen, noch lange nicht gewonnen ist – vielleicht sogar gerade erst begonnen hat. Und dass die zivilisierten Staaten in der Abwehr dieser Terrorgefahr für Demokratie und Freiheit noch mehr zusammenstehen müssen.

Dazu gehört, dass die Sicherheit im Zweifelsfalle auch außerhalb Europas verteidigt wird. In Nordmali etwa, von wo aus Mokhtar Belmokhtar, der Anführer der algerischen Geiselnehmer, den jüngsten Terrorakt steuerte. Dass man einen Terrorstaat, eine Art „Saharistan“, nahe am Mittelmeer nicht hinnehmen kann, dürfte nun klar sein.

Bei all dem darf man aber nicht vergessen, dass der Kampf gegen den Terror mit den Waffen des Rechtsstaates erfolgen muss. Und hier fangen die Fragen an: Kann man Algeriens Militärschlag gegen die Terroristen wirklich „erfolgreich“ nennen? Stand tatsächlich der Schutz der Geiseln im Vordergrund? Oder ging es vor allem um die Eliminierung der Terroristen mit allen erlaubten und unerlaubten Mitteln?

Man muss dazu wissen, dass Algerien die Wiege des Terrors in der Sahararegion darstellt. In jenem Land wurde „Al Qaida im islamischen Maghreb“ (AQMI) geboren – aus jenen Islamistengruppen, welche seit zwanzig Jahren das algerische Regime herausfordern. Die algerische Armee versucht seitdem, die islamistischen Terroristen „auszurotten“, wie es ganz offiziell heißt. Sie konnte aber ein Erstarken der AQMI gleichwohl nicht stoppen.

Dies ist nur ein kleines Beispiel dafür, dass man nun nicht allein die politische Veränderungen durch die arabischen Revolutionen der vergangenen Jahre für das Aufblühen der islamistischen Extremisten verantwortlich machen kann. An Algerien ist der Arabische Frühling bisher spurlos vorbeigegangen. Und man muss daraus schließen, dass knallharte Diktaturen wie die algerische auch keinen Schutz gegen den religiösen Extremismus bieten.

Ralph Schulze

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