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Ein Bewaffneter steht vor einem Grenzübergang zwischen der Ukraine und Russland.

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Russland und der ukrainische Friedensplan: Die Grenze überschritten

In der Ukraine wird es ohne ein Einlenken Russlands keinen Frieden geben. Denn über die Grenze kommen Kämpfer und Waffen. Die EU muss darauf reagieren.

In der Ukraine gibt es einen Friedensplan, aber kaum Aussicht auf Frieden. Der neue Präsident Petro Poroschenko rief gegen Widerstände im eigenen Lager eine Waffenruhe aus. Er versprach der Ostukraine mehr Rechte und sicherte den Separatisten, die keine schweren Verbrechen begangen haben, eine Amnestie zu. Selbst Kämpfer aus Russland sollen freies Geleit in ihre Heimat erhalten. Doch an einen baldigen Frieden scheint der Präsident selbst nicht zu glauben. In der Ostukraine zeigte er sich demonstrativ im Tarnanzug. Wenn am Freitag die Waffenruhe ausläuft, werden die Kämpfe wohl mit neuer Härte weitergehen.

Russische Drohgebärde

Allerdings liegt es nicht mehr in Poroschenkos Macht, ob der Friedensplan tatsächlich gelingt. Denn ohne ein Einlenken Russlands wird es keinen Frieden in der Ostukraine geben. Russland hat zwar am Wochenende den Eindruck erweckt, es unterstütze den Plan. Zugleich jedoch hat Präsident Wladimir Putin die eine Forderung erhoben, von der er glaubt, dass Poroschenko sie nicht erfüllen wird: Gespräche mit den Separatisten. Und einen Tag nach der Verkündung der Waffenruhe ordnete Putin ein neues Manöver an und ließ Truppen in Gefechtsbereitschaft versetzen.

Modell der schleichenden Invasion

Diese Drohgebärde bedeutet natürlich nicht, dass die russische Armee den Einmarsch in die Ukraine vorbereitet. Warum auch? Schließlich hat Putin mit der schleichenden Invasion der Krim eine viel erfolgreichere Methode getestet. Die dort aufgetauchten Soldaten ohne Hoheitszeichen seien keine Russen, behauptete Moskau zunächst. Erst nach dem Anschluss der Krim, gab Putin zu, dass es Russen waren.

In der Ostukraine hat Russland das Modell einer Intervention, die offiziell geleugnet wird, verfeinert. Dort kämpfen schon seit Wochen auch Russen. Doch in Moskau will man von ihnen nichts gewusst haben. Sind sie also nur Söldner, die auf eigene Faust handeln? Auch dieses Lügengebilde fällt in sich zusammen, wenn man sieht, wie gut bewaffnet die Separatisten sind. Sie werden aus Russland mit Waffen versorgt, die nur aus Armeebeständen stammen können.

Berichte über russische Panzer in der Ukraine

Nach ukrainischen Angaben sollen sogar mehrere Panzer die Grenze überquert haben. Diese hätten Separatisten in der Ukraine erbeutet, heißt es in Moskau. Die Nato berichtete jedoch, dass Russland zuvor Panzer in die Nähe der Grenze verlegt hatte – zu einer Zeit, als die Truppen von dort zurückgezogen werden sollten. Wer Frieden in der Region will, muss die effektive Überwachung der ukrainisch-russischen Grenze sichern. Die ukrainischen Grenzschützer sind damit überfordert, zumal sie selbst von den Separatisten angegriffen werden.

Ukraine braucht Hilfe bei Überwachung der Grenze

An diesem Montag beraten die EU-Außenminister erneut über die Ukraine. Die Führung in Moskau kann sich beruhigt zurücklehnen. Denn schon jetzt steht fest, dass die EU auch diesmal keine Wirtschaftssanktionen gegen Russland beschließen wird. Die Außenminister sollten aber nicht untätig zusehen, wie die Ukraine möglicherweise bald in neuer Gewalt versinkt. Denkbar wäre es, dass die EU und andere Organisationen Möglichkeiten ausloten, bei der Überwachung der Grenze zu helfen. So könnten unabhängige Beobachter feststellen, ob weiter Kämpfer und Waffen aus Russland durchgelassen werden oder gar Panzer über die Grenze rollen. Parallel sollte die EU den Druck auf Moskau verstärken, auch mit Sanktionen gegen die Führungselite. Andernfalls würde sich der Westen nach der schleichenden Invasion auf der Krim ein zweites Mal vorführen lassen.

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