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Kultur: ZURÜCK - LESUNG

Es gibt Anblicke, bei denen man unwillkürlich nach Leber und Niere tastet, oder wenigstens dahin, wo wir diese Organe vermuten.Der in Formalin schwebende Inhalt überdimensionaler Einmachgläser im Medizinhistorischen Museum der Charité berührt organisch.

Es gibt Anblicke, bei denen man unwillkürlich nach Leber und Niere tastet, oder wenigstens dahin, wo wir diese Organe vermuten.Der in Formalin schwebende Inhalt überdimensionaler Einmachgläser im Medizinhistorischen Museum der Charité berührt organisch.Bangen Schrittes durch das Kabinett des Doktor Virchow eilend, nimmt man widerstrebend zur Kenntnis, daß das Leben mitunter monströse Mutationen hervorbringt.Das haben die Weißkittel der Schwarzwaldklinik seinerzeit verschwiegen, auch der glasige Blick von Professor Brinkmann berührte diese Tiefen nie.Sein Darsteller Klausjürgen Wussow ist auch weiterhin im TV-Heilgewerbe tätig und führt mit seiner skandalgepeitschten "Klinik unter Palmen" die Schwierigkeiten sinnvoller Entwicklungshilfe schweißtreibend vor Augen.In der Ruine von Virchows Charité-Hörsaal liest Wussow im Rahmen von "Schauplatz Museum" aus Albert Schweitzers Berichten, verfaßt im Urwaldhospital Lambarene, wo der Erfinder des Sozio-Sponsorings heilend, orgelnd und predigend wirkte."Schweitzer wollte ich schon immer mal sein", ließ der Mime verkünden - als ZDF-Vielteiler? Die Ankunft in Afrika jedenfalls, von Schweitzer in bestem Karl-May-Ton erzählt, interessiert Wussow wenig: Keine Neugier, kein Erstaunen, nur müde Starre.Humor blitzt dagegen im Bericht von Doktor Alberts Ringen mit dem zahmen, kirchentreuen Wildschwein Josephine kurz auf.Worauf dann das Harmonium stetig voranschreitend Bach-Choräle atmet, gemäß dem Schweitzer-Spruch: "Alle Kultur besteht darin, daß wir die tiefste Einfalt erlangen, die die höchste Weisheit ist."

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