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Museum Ludwig Köln, Grafische Sammlung, Hans Haacke, Der Pralinenmeister, Inv.-Nr. ML/G 2018/040/01-14, 14 Stück je 100 x 70 cm, 1981, Bild 1: Kunstbesitz in Dauerleihgaben ist vermögenssteuerfrei, Inv.-Nr. ML/G 2018/040/01, mehrfarbiger Siebdruck mit eingeklebter Pralinenschachtel (Regent).

© Hans Haacke, Museum Ludwig Köln, VG Bild-Kunst, Bonn / Hans Haacke, Museum Ludwig Köln, VG Bild-Kunst, Bonn

Hans Haacke: Der Pralinenmeister, 1981

Museum Ludwig, Köln

Eine Kolumne von Eboa Itondo

„Der Pralinenmeister“ aus dem Jahre 1981 ist ein Hauptwerk des Künstlers Hans Haacke und auf eine sehr besondere Weise mit dem Museum Ludwig verbunden. Haacke wurde 1936 in Köln geboren und zählt zu einem der international bekanntesten Künstler:innen der Stadt. Nach seinem Studium der Kunsterziehung und einer anschließenden Unterrichtstätigkeit in Köln zog er 1965 nach New York, wo er bis heute lebt. 

„Der Pralinenmeister“ wird als ikonisches Werk des Künstlers angesehen und verknüpft Haackes spezielle Betrachtungsweise sozialer und politischer Systeme auf besondere Art mit der Kulturgeschichte Kölns und dem Museum Ludwig. Die Arbeit entstand ungefähr zeitgleich zum Baubeginn des Museums und wurde ursprünglich für die Kölner Ausstellung „Westkunst“ konzipiert, die moderne und zeitgenössische Kunst seit 1939 präsentierte. Das Werk thematisiert Korrelationen zwischen kultur- und steuerpolitischen Entscheidungen am Beispiel des Schokoladenkonzerns Monheim AG und ihrem damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Peter Ludwig.

Die Arbeit besteht aus 14 Tafeln, die zu sieben Diptychen geordnet sind und in ihrer Präsentation einander gegenübergestellt werden. Die großformatigen Siebdrucke ähneln in ihrer Gestaltung dem Stil von Pralinenverpackungen oder Firmenurkunden; auf ihnen setzen sich Produktverpackungen der Monheim AG und Fotografien zu Collagen zusammen. Die Hälfte der Tafeln tragen Slogans oder Zitate des Kunsthistorikers und Sammlers Peter Ludwig und beschreiben die Entwicklung seiner Kunstsammlung. Die ihnen entgegengesetzten Tafeln zeigen dokumentarische Fotos von Arbeiterinnen bei der Fertigung und Verpackung der Schokolade und veranschaulichen das Wachstum des Monheim-Konzerns.

Obwohl das Werk keine eindeutige politische Aussage trifft, wurde es aufgrund politischen Drucks nicht im Rahmen der Westkunst-Ausstellung gezeigt. Stattdessen war es zeitgleich in der Kölner Galerie Paul Maenz zu sehen. Eine Anfrage Ludwigs bezüglich einer möglichen Erwerbung des Werks lehnte Haacke ab, da er befürchtete, dass es nie ausgestellt werden würde. Seit 2018 ist „Der Pralinenmeister“ wieder in Köln und Teil der Grafischen Sammlung des Ludwigs, was u.a. auch durch die Unterstützung des Künstlers ermöglicht wurde.

Nicht selten landen Haackes Werke mit einer etwas größeren Verzögerung in den Institutionen, Sammlungen oder Ausstellungskontexten, für die sie ursprünglich entwickelt wurden. Als Museumsmitarbeiterin fühle ich mich in besonderem Maße von der Institutionskritik, die vom Werk ausgeht, angesprochen. Als Teil der Grafischen Sammlung des Ludwigs fordert es eine tiefere, fortwährende Auseinandersetzung mit der Geschichte des Museums und der Stadt ein - beides wichtige Aspekte musealer Sammlungstätigkeit. 

Für Hans Haacke sind die aus seinen Projekten resultierenden Debatten ein Element seiner künstlerischen Arbeit. In einem Interview aus dem Jahre 1981 wurde er gefragt, ob seine Arbeit nicht „eine Art künstlerischen Skandaljournalismus“ sei und es sich daher eher um „Informationsdesign“ handle. Haacke antwortete, dass im Sensationalismus ein gewisser magischer Charakter liege, der „zu allen möglichen Konsequenzen führen [kann], die eigentlich auf nichts Materiellem basieren: Informationsmagie“. Die von ihm angesprochene „Informationsmagie“ hat in den über 40 Jahren seit dem Interview eine extreme Beschleunigung erfahren und nichts von ihrer Brisanz eingebüßt. 

Eboa Itondo ist Kuratorin in der Grafischen Sammlung vom Museum Ludwig in Köln.

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