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Kultur: Feingliedrig

Die Philharmonie-Streicher spielen Schönberg.

Ein feiner thematischer Faden zieht sich durch diese Saison der Berliner Philharmoniker. Die Musiker widmen sich Werken aus den 1890er Jahren, sowohl im Orchesterverband wie auch in den Kammermusikformationen. Bruckners Neunte dirigiert Simon Rattle Anfang Februar, Strauss’ „Heldenleben“ widmet sich Andris Nelsons bereits Ende dieses Monats. Andere Konzerte beleuchten eine parallele ästhetische Strömung der Zeit, die man unter dem Begriff „fin de siècle“ kennt. Zarte, atmosphärische Musik kann das sein wie bei Debussy oder auch Spätestromantisches, Dekadentes wie im Fall der Frühwerke Arnold Schönbergs.

1899 ließ sich der Komponist von einem Gedicht Richard Dehmels zu seinem Opus 4 inspirieren. Diese „Verklärte Nacht“ stellt das Philharmonische Streichsextett in den Mittelpunkt seines Kammermusiksaal-Auftritts. Weil sich die Philharmoniker Rüdiger Liebermann, Matthew Hunter, Walter Küssner und Martin Löhr, die hier mit dem DSO-Konzertmeister Bernhard Hartog und dem SWR-Cellisten Ansgar Schneider spielen, vor allem für die Feingliedrigkeit der Stimmen interessieren, schwindet alles Schwüle aus dem Stück.

So tauchen vor dem inneren Auge nicht wie sonst Klimt-Gemälde auf, sondern eher Walter Leistikows Grunewaldsee-Bilder mit ihrem inneren Leuchten. Wer Ende des 19. Jahrhunderts Kammermusik schreibt, muss sich an Brahms messen lassen – der Franzose Georges Alary widmete sein Opus 35 dem verehrten Meister. Das Philharmonische Streichsextett entdeckt die Cavatine daraus als zartfühlenden, sinnlichen Saitengesang. Und dann ist da noch Tschaikowskys „Souvenir de Florence“, 1892 uraufgeführt, das die sechs Interpreten mit Verve und Spaß an virtuoser Motorik zelebrieren. Frederik Hanssen

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