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Kultur: Edle Materialen, fein verarbeitet

KLASSIK

Erst kommt das Präludium, dann folgt die Fuge; so sind wir es von Bach und Co. gewohnt. Beim jüngsten Konzert von Kent Nagano und seinem Deutschen Symphonie-Orchester war es jetzt einmal anders herum. Zuerst kam Frank Michael Beyers „Fuga fiammata“, ein Opus aus dem Jahr 2000, dessen hochkomplexe Struktur sich beim ersten Hören freilich kaum erschließt. Doch das Gute an den Werken des Berliner Komponisten ist ja, dass sie neben der intellektuellen stets auch eine unmittelbar ansprechende sinnliche Seite haben. An Rohseide erinnert das Klangbild in diesem Fall, mit seiner eleganten Webart und den schillernden Farbschattierungen. Im sanften Wind der Bläser bauscht sich das edle Tuch, für Momente blitzt im Orchester etwas Gleißendes auf, wie bengalisches Feuer. Dann strebt die Musik immer stärker nach innen, bis sie sich zum anschwellenden Schluss ganz in sich selbst verdreht hat.

So sensibel Kent Nagano und das bestens aufgelegte DSO Beyers fragiles Tongebilde ihren Hörern in der Philharmonie darboten, so unerschrocken-mutig packten sie Gustav Mahlers Siebte an. Was vielen Exegeten als optimistischste unter den Sinfonien des Meisters gilt, deklarierten sie zu einem Präludium des Untergangs. Beißende Schärfe forderte der Dirigent schon in den Fanfarenstößen des Beginns, grotesk, geradezu fratzenhaft wirkt der Marsch des ersten Satzes. Hoch gespannt auch die „Nachtmusiken“: Nur wenige Inseln instrumentaler Seligkeit lässt Nagano zu, dementiert jeden wienerischen Wohllaut sofort mit beißender Ironie. Als habe Mahler das ganze Stück als Parodie auf eine typische k.u.k.-Operette angelegt. Das Ergebnis ist grandios – und erschreckend.

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