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Talkrunde bei Caren Miosga

© Screenshot: Tagesspiegel/ ARD

Der Angriff auf Israel bei „Caren Miosga“: Das Ende der USA als Weltmacht?

Was bedeutet der iranische Luftangriff für die Region, für Deutschland und die Welt? Die Runde bei „Caren Miosga“ kommt zu einigen überraschenden Erkenntnissen.

Eigentlich wollte Caren Miosga am Sonntagabend über die bevorstehenden Wahlen in Sachsen diskutieren. Der Angriff des Irans auf Israel hat die Eskalation im Nahen Osten aber auch auf die Tagesordnung ihrer Talkshow gesetzt.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer und Elisabeth Niejahr von „Demokratie stärken“ wurden kurzerhand ausgeladen, an ihrer Stelle wurden der im Iran geborene FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai, die deutsch-iranische ARD-Journalistin Natalie Amiri und Nahost-Experte Guido Steinberg ins Studio geladen, um über die veränderte Situation zu diskutieren.

Eine Situation, die auch aus ganz anderen Gründen als denen zwischen Iran und Israel in neuem Licht erscheint.

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Zuvor hatte das Erste nach der 20-Uhr-„Tagesschau“ einen Brennpunkt zum „Großangriff auf Israel“ ins Programm gehoben, nachdem sowohl ARD als auch ZDF am Samstagabend noch auf eine Änderung der Hauptprogramme verzichtet hatten.

Natalie Amiri, die im Ersten sonst den „Weltspiegel“ moderiert, betont bei „Caren Miosga“ zwar wie viele an diesem Sonntag, dass es sich um den ersten Direktangriff des Irans auf Israel und somit um einen Tabubruch gehandelt hat, die islamische Republik aber bei ihrer Strategie bleibe: „Zermürbungstaktik statt große Eskalation“. Aus iranischer Sicht könnte es damit getan sein, „wenn Israel nicht militärisch reagiert“, meint sie.

Mit dem Luftschlag wolle die iranische Staatsführung vor allem gegenüber den eigenen Hardlinern Entschlossenheit demonstrieren, wertet Guido Steinberg, der Islamwissenschaftler bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, den Angriff. Und nach außen heißt die Botschaft: „Wir wollen keinen großen Krieg.“ Hätte Iran großen Schaden hätten anrichten wollen, hätte sie nur die Hisbollah im Libanon mit Luftangriffen losschicken müssen. So aber war es eine begrenzte Aktion mit Ansage.

Doch wie groß ist die Gefahr eines Flächenbrandes im Nahen Osten? Das wollte Miosga vom FDP-General wissen. Bijan Djir-Sarai bezweifelt, dass der Iran den Angriff als reinen Theaterdonner gestartet hat. Der Iran wollte damit auch testen, welche Abwehrmöglichkeiten Israel tatsächlich besitzt, meinte er. „Der Schritt ist trotzdem ungewöhnlich und eine neue Dimension“, urteilt der FDP-Politiker.

Zum Konzept von „Caren Miosga“ gehört nüchterne Analyse statt Polit-Stammtisch, so war es auch an diesem besonderen Sonntag. Selbst in so elementaren Fragen wie der atomaren Bewaffnung des Iran, blieb das Gespräch fast schon unterkühlt.

Man wird Iran nicht mehr hinter die atomare Schwelle zurückbekommen.

Der Islamwissenschaftler Guido Steinberg sieht dennoch keine unmittelbare atomare Gefahr durch den Iran.

Wie nah ist Iran an der Atombombe? „Spätestens innerhalb eines Jahres könnte Iran eine entsprechende Waffe herstellen“, glaubt der Islamwissenschaftler Steinberg. Aber auch die Herstellung von Sprengköpfen brauche dann noch etwas Zeit. Dennoch habe der Angriff eine neue Qualität, weil er erstmals von iranischem Territorium aus erfolgte. „Man wird Iran nicht mehr hinter die atomare Schwelle zurückbekommen“.

„Das ständige Fokussieren auf das iranische Atom-Abkommen war ein großer Fehler“, sagt FDP-Mann Djir-Sarai. „Wir haben es beinahe ignoriert, dass die Iraner daneben ein eigenes Raketenprogramm aufbauen.“ Auch andere Aktivitäten in der Region habe man komplett übersehen. Und man habe zu wenig über die Menschenrechtssituation in Iran geredet. Die bisherige Strategie auch Deutschlands sei naiv gewesen. „Die Europäische Union braucht eine neue Iran-Strategie“, meint daher der FDP-General.

Das bekommen die Mullahs natürlich mit.

„Weltspiegel“-Moderatorin Natalie Amiri kritisiert die deutsche Pendelpolitik gegenüber Iran.

Natalie Amiri macht nicht zuletzt die Pendelpolitik Deutschlands gegenüber dem Iran für die Situation verantwortlich. Amiri war jahrelang Korrespondentin in Teheran und bemängelt, dass die Repressionen in Iran ohne Konsequenzen geblieben sind, gleichzeitig die Geldflüsse über iranische Banken in Deutschland sogar noch zunehmen konnten. „Das bekommen die Mullahs natürlich mit“.

Gegen Ende der Sendung blickte die Runde auf die Rolle der USA in diesem Konflikt. „Es ist schon sehr auffällig, wie sehr die Politik der Regierung Netanjahu Joe Biden schadet, gerade mit Blick auf die Wahlen im November“, stellt Guido Steinberg fest. Und auffällig sei auch, wie Iran die Warnungen aus Washington in den Wind geschlagen habe. „Sie haben das durchgezogen, weil sie wissen, dass die USA keinen größeren Konflikt wollen. Das hätte in der Vergangenheit ganz anders ausgesehen, wenn die Amerikaner einem Regionalstaat gedroht hätten.“

In der Wahrnehmung in der Region wollen sich die USA aus dem Nahen Osten zurückziehen, so Steinberg. „Das ist ein Zeichen, dass gerade eine Epoche zu Ende geht. Die Epoche der amerikanischen Hegemonie im Nahen Osten. Und vielleicht sogar das Ende der amerikanischen Identität als Supermacht.“

Die USA bleiben zwar eine Supermacht, werden sich aber in Zukunft anders aufstellen, meint FDP-General Djir-Sarai. „Sie werden sich immer weniger für den Nahen Osten, aber auch immer weniger für Europa interessieren. Amerika wird sich stattdessen auf Ostasien und China als systemischen Rivalen fokussieren.“

Am Ende steht nach einer Stunde „Caren Miosga“ die Analyse: Der aus Teheran befohlene Raketen- und Drohnenangriff auf Erzfeind Israel ist zwar ein Tabubruch, stellt aber noch keine unmittelbare Zeitenwende dar. Die zeichnet sich eher aus ganz anderer Sicht ab.

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