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Kultur: Brücken bauen

Das Mitte-Museum Berlin würdigt Otto Nagel

Knarrende Dielen, der Geruch von Bohnerwachs und Kantine: Es ist eine Zeitreise, die der Besucher des Mitte-Museums im Palais am Festungsgraben macht. Als Zeitreise darf auch die aktuelle, in Zusammenarbeit mit der Akademie der Künste entstandene Otto-NagelAusstellung verstanden werden. Nagel, zwischen 1956 und 1962 Präsident der Deutschen Akademie der Künste in Ost-Berlin, war zeitlebens in die Zeitläufte verstrickt. Die Nazis hatten den sozial hellwachen Maler, dessen Herz links schlug, mit Berufsverbot belegt; nach 1945 machte sich Nagel als Chronist der kriegszerstörten, vom Wiederaufbau bedrohten Stadt unbeliebt. Interessanter als die – vielfach gesehenen – Bilder und Zeichnungen sind die ausgestellten Dokumente. Sie belegen den ungeheuren Kraftakt Nagels als Akademiepräsident Ost, den Kontakt zur West-Berliner Akademie im Kalten Krieg nicht völlig abreißen zu lassen. Das Taktieren und Lavieren, um gegen den Abriss von Schinkels Bauakademie oder des Potsdamer Stadtschlosses protestieren zu können. 1962 wurde der Künstler vom SED-Politbüro dann doch kaltgestellt – und auch im Westen nicht gewürdigt. Eine Ausstellung im Kulturamt Wedding Ende 1967 (der ein halbes Jahr zuvor verstorbene Nagel stammte aus dem Arbeiterbezirk) wurde durch persönliche Intervention des Regierenden Bürgermeisters Klaus Schütz kurz vor der Eröffnung verschoben. Das amtliche West-Berlin wollte den Abdruck einer angeblich ideologischen Trauerrede im Katalog verhindern. Michael Zajonz

Mitte-Museum, Am Festungsgraben, bis 7. Sept., Mi-So 13–17, Do 13–18 Uhr.

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