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Mutter und Nachfolger: Margrethe und Kronprinz Frederik, ab Januar Dänemarks neuer König, beim Besuch am BrandenburgerTor 2021

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Margrethe II. dankt ab: Warum Dänemarks Königin nicht mehr im Amt sein will

Nach 52 Jahren hat Dänemarks Staatsoberhaupt Margrethe II. ihren Rückzug verkündet – und das Land am Silvesterabend mit dieser Entscheidung stark überrascht.

Von Barbara Traut

Überraschung zum Jahreswechsel: In ihrer traditionellen Silvesterrede hat Dänemarks Staatsoberhaupt Königin Margrethe II. am Sonntagabend nach 52 Jahren auf dem Thron ihren Abschied verkündet: Die 83-Jährige, die einst an der renommierten London School of Economics studierte, will zugunsten ihres älteren Sohnes Frederik zurücktreten. Schon in zwei Wochen soll der 55-Jährige als Frederik X. das Amt übernehmen.

Dänische Medien bezeichneten die Ankündigung als „absolut historisch“. Unter den Schaulustigen, die sich auf dem Schlossplatz vor Schloss Amalienborg versammelt hatten, brach nach der Rede spontaner Applaus aus.

Als Hintergrund nannte Margrethe eine Rückenoperation im zurückliegenden Jahr, die sie zwar gut überstanden habe, die sie aber auch zum Nachdenken gebracht habe. „Ich habe beschlossen, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist.“ Sie werde sich exakt 52 Jahre, nachdem sie ihren Vater beerbt habe – dies war am 14. Januar 1972 – zurückziehen. Bisher hatte Margrethe stets erklärt, sie werde bis zu ihrem Tode nicht abdanken.

Skandale haben die andern

Gegen den Trend, der die europäischen Monarchien immer mehr unter Rechtfertigungsdruck setzt, konnte Margrethe in den Jahrzehnten, in denen sie amtierte, die Zustimmung zu dieser Staatsform, stetig erhöhen. Der dänischen Agentur Ritzau zufolge wuchs die Zustimmung der Däninnen und Dänen während ihrer Regentschaft auf mehr als 75 Prozent.

In Spanien und auch in Großbritannien dagegen erhielt die republikanische Seite durch Skandale um Mitglieder der Königsfamilien immer wieder Auftrieb. In Spanien erwies sich König Juan Carlos ebenso wie ein Schwiegersohn als korrupt; Juan Carlos musste abdanken und lebt inzwischen im Ausland.

Im Hause Windsor machte zuletzt der zweitjüngste Sohn der verstorbenen Königin Elisabeth Schlagzeilen durch seine Verwicklung in die Affäre Jeffrey Epstein. Auch Prinz Andrew wird beschuldigt, in dessen Haus ein junges Mädchen missbraucht zu haben.

Sie habe die Monarchie Schritt für Schritt angepasst, sodass neue Generationen sie als bedeutungsvolle Institution wahrnähmen, würdigte der Sprecher des dänischen Parlaments, Søren Gade, die scheidende Königin in einer Mitteilung. Damit habe sie den Weg für ihren ältesten Sohn geebnet.

Königshaus verschlankt

Erst im vergangenen Jahr verstopfte die dänische Monarchin auch eine übliche Quelle des Ärgers um königliche Familien: Sie reduzierte deren engeren Kreis drastisch. Ihrem jüngeren Sohn Joachim, seiner Frau und seinen Kindern aus zwei Ehen entzog sie den Prinzentitel und die Anrede Hoheit. Das Königshaus, so hieß es zur Begründung, sollte institutionell auf Personen beschränkt sein, die offizielle Aufgaben in Vertretung der Monarchie übernähmen.

Joachim, der noch über den Titel eines Grafen verfügt, klagte darüber öffentlich, seine Familie und er würden bestraft. Seine Mutter reagierte ebenso öffentlich mit den Worten, es tue ihr leid, ihn verletzt zu haben. Ihre Entscheidung, die sie „als Mutter, Großmutter und Monarchin“ getroffen habe, sei aber nötig für die Zukunft der Monarchie.

Neuer König wird Joachims nur ein Jahr älterer Bruder Frederik, der mit seiner australischen Frau Mary Donaldson vier Kinder hat. Das künftige königliche Paar verfügt auf ebenso hohe Popularitätswerte wie die scheidende Königin.

„Inbegriff von Dänemark“

Dänemarks Regierungschefin Mette Frederiksen würdigte Margrethe als „Inbegriff von Dänemark“, die in all den Jahren Worte und Gefühle dafür gefunden habe, wer die Dänen als Volk und als Nation seien. Frederiksen wird Frederik am 14. Januar zum König ausrufen, eine Krönungszeremonie gab es schon für seine Mutter nicht.

Frederiksen ist seit 2015 Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei, seit 2019 auch Ministerpräsidentin. Unter ihrer Führung akzeptierte das Land immer mehr Forderungen der rechten Dänischen Volkspartei.

So wurde Flüchtlinge ins Bürgerkriegsland Syrien abgeschoben und im Sommer 2021 beschloss das Parlament in Kopenhagen, dass es im dänischen Asylrecht keinen Anspruch von Asylsuchenden mehr auf Prüfung ihres Gesuchs gibt. Frederiksen, einst auch in der Migrationspolitik linksliberal, begründete ihren Wechsel offen damit, dass „75 Prozent aller Dänen für eine harte Ausländerpolitik“ seien.

Ihre Mischung von eher klassischer sozialdemokratischer Sozialpolitik plus mehr Steuern für große Konzerne in Kombination mit repressiver Ausländerpolitik wird in einigen sozialdemokratischen Parteien als Möglichkeit diskutiert, wieder mehrheitsfähig zu werden.

(mit dpa)

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