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Bergkarabach-Armenier suchen Sicherheit in einem russischen Militärlager: Der Landweg nach Armenien ist blockiert.

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Das Ende von Bergkarabach: Armenien bereitet sich auf Tausende Flüchtlinge vor

Zehntausende Menschen in Bergkarabach werden schnellstens ihre Heimat verlassen müssen. Armenien wird sie aufnehmen – auch wenn das nicht leicht wird.

Die Bilder aus Bergkarabach zeigen Menschen mit gepackten Koffern. Sie zeigen Menschen, die sich auf russischen Militärbasen in Sicherheit bringen. Menschen, die sich am Flughafen der Regionalhauptstadt Stepanakert sammeln, im Hintergrund wehen die Flaggen Bergkarabachs, Armeniens und Russlands.

Armenien rechnet mit Zehntausenden Flüchtlingen aus Bergkarabach, die das Land bald erreichen werden. „Wir haben Zimmer in Hotels reserviert, Unterkünfte vorbereitet“, sagte Premierminister Nikol Paschinjan am Donnerstag in einer Fernsehansprache. „Wir haben Vorbereitungen getroffen, um mehr als 40.000 Familien aufzunehmen.“

Aserbaidschan hatte am Dienstag die Region Bergkarabach angegriffen, die offiziell zu Aserbaidschan gehört. Dort leben fast ausschließlich ethnische Armenier, die sich 1991 unabhängig erklärt hatten – allerdings ohne jegliche internationale Anerkennung. Die Kapitulation erfolgte unmittelbar nach dem Einmarsch diese Woche. Nun droht den dort lebenden Armeniern Vertreibung, Gefängnisstrafen oder der Tod.

Russische Militärbasis: Eine Perspektive für die Menschen in der Region wurde nicht gefunden.

© AFP/HANDOUT

Doch für die Menschen in Bergkarabach ist es schwierig, die Region zu verlassen. Der Latschin-Korridor, die einzige Landesverbindung nach Armenien, ist von Aserbaidschan blockiert. Der Flughafen von Stepanakert wurde aufgrund der aserbaidschanischen Drohung, jedes Flugzeug abzuschießen, nie als Passagierflughafen eröffnet.

Am Donnerstag hatten sich Vertreter der Bergkarabach-Armenier und Aserbaidschans zu Verhandlungen getroffen. Die Bergkarabacher akzeptierten, dass ihr Gebiet vollständig an Aserbaidschan zurückgeht, und verpflichteten sich zur Auflösung ihrer Streitkräfte und Entwaffnung unter russischer Aufsicht.

Eine Perspektive für die Menschen in der Region wurde nicht gefunden. Trotz vereinbartem Waffenstillstand sollen es nach Berichten aus Stepanakert weiterhin Schüsse und Explosionen geben. Die Stadt sei von aserbaidschanischen Soldaten umzingelt, die Menschen versteckten sich in ihren Kellern.

Das Land ist nicht auf die Zuwanderung von Zehntausenden vorbereitet.

Stephan Malerius, Leiter des Südkaukasus-Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Georgien

In Armenien ist die emotionale Verbindung zu dem Gebiet groß. „Dort werden die Bergkarabach-Armenier als Landleute gesehen: Sie werden auf jeden Fall aufgenommen werden“, sagt Stephan Malerius, Leiter des Südkaukasus-Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Georgien. „Das Land ist allerdings nicht auf die Zuwanderung von Zehntausenden vorbereitet“, ergänzt er.

Laut Armenologin Tessa Hofmann, die viele Jahre für das Osteuropa-Institut der FU Berlin wissenschaftlich tätig war, werden alle Flüchtlinge zunächst nach Armenien kommen, da dies der einzige Weg aus Bergkarabach raus ist. „Vielleicht zieht ein Teil weiter nach Russland, dem sich Bergkarabach-Armenier traditionell und historisch noch immer verbunden fühlen“, sagt sie.

Allerdings habe sich die Integration armenischer Flüchtlinge aus Aserbaidschan in der Vergangenheit – während des ersten Bergkarabach-Kriegs – als schwierig erwiesen.

„Viele der aus aserbaidschanischen Städten wie Sumgait und Baku Geflüchteten waren in der Petroindustrie tätig, die es in Armenien nicht gibt. Auch für die Menschen, die in der Landwirtschaft Bergkarabachs tätig waren, wird sich in der armenischen Landwirtschaft nicht ohne weiteres Arbeit finden“, so Hofmann. Die schnelle Bereitstellung von Wohnraum dürfte ein weiteres Problem werden.

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