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Das Spiel zwischen dem BFC Dynamo und Energie Cottbus war am Samstag lange unterbrochen.

© IMAGO/Weiland

Update

Reizgas, Wasserwerfer-Einsatz, 155 verletzte Polizisten : Schwere Krawalle bei Regionalliga-Spiel zwischen BFC Dynamo und Energie Cottbus

Nach dem 2:0 Sieg des Energie Cottbus beim BFC Dynamo am Samstag endete der Abend in Gewalt. Die Polizei beklagt 155 verletzte Einsatzkräfte. Es hangelt viel Kritik – auch aus der Politik

| Update:

Heftige Ausschreitungen haben das Risikospiel zwischen dem BFC Dynamo und dem FC Energie Cottbus am Samstag im Sportforum Berlin-Hohenschönhausen überschattet. Etwa 1000 Beamte der Berliner Polizei waren im Einsatz. Sie mussten zudem von der Bundespolizei unterstützt werden. Bei den Krawallen wurde nicht nur der Cottbus-Trainer Claus-Dieter Wollitz (58) bedroht und mit Steinen beworfen. Auch 155 Polizeibeamte wurden verletzt, wie die Behörde am Sonntag mitteilte. Die Innen- und Sportsenatorin Iris Spranger (SPD) ist empört.

Nachdem die Anreise der beiden Vereine zur Spielstätte verhältnismäßig ruhig verlaufen war, musste das Spiel bereits gegen 16 Uhr, etwa 35 Minuten nach Anpfiff, das erste Mal vom Schiedsrichter unterbrochen werden. Fans des BFC Dynamo schossen Pyrotechnik in Richtung der Gäste. Gleichzeitig wurden im Heimatblock weitere Pyrotechnik gezündet und Fan-Schals des FC Energie Cottbus verbrannt.

Die Polizei sicherte daraufhin den Bereich zwischen den beiden Fan-Blöcken und stellte sich auch am Rand des Spielfelds auf. Währenddessen vermummten sich Gästefans und begaben sich an den Zaun, einige klettern auf ihn rauf. „Durch konsequentes Einschreiten der Polizeikräfte wurde ein Übersteigen des Zauns verhindert und die Lage zunächst beruhigt“, heißt es von der Polizei.

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Eskalation nach Spielende

Zumindest bis zum Abpfiff des Spiels: Kurz danach vermummten sich beide Fangruppen und beschossen sich gegenseitig mit Pyrotechnik. Auch im Gästefanblock wurden nun Fan-Utensilien der Heimmannschaft verbrannt. Gegen 18.25 Uhr beschossen insbesondere die Gästefans, aber auch Fans des BFC, Einsatzkräfte der Polizei und des Ordnerdienstes, die am Spielfeldrand standen, mit Pyro.

Die Beamten begaben sich daraufhin in den Gästeblock und nahmen die entsprechenden Personen fest. Kurz darauf versuchten die Heimfans ein Absperrgitter in Richtung der Gäste zu werfen, was wiederum zum Einsatz von Reizgas durch die Polizei führte. Immer wieder versuchten die einzelnen Lager die Absperrungen zu durchbrechen und aufeinanderzutreffen. Dies konnte durch die Polizei nur durch „Zwangsmaßnahmen“ verhindert werden: Sie setze weiter Reizgas ein. Auch Diensthunde wurden eingesetzt, zwei Fans der Heimmannschaft wurden dabei gebissen und verletzt.

Größere, teilweise vermummte Gruppen der Heimfans versuchten zudem über den Stadionausgang an der Konrad-Wolf-Straße in Richtung der Gästefans zu gelangen. Als sie auf die Polizei trafen, „bewarfen diese Fans Einsatzkräfte mit Flaschen, versuchten gleichzeitig Kleinpflastersteine zu lockern und ein Bauzaunelement auf Polizeikräfte zu werfen“, teilte die Polizei mit.

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Erneut musste Reizgas eingesetzt werden, um die Angriffe zu unterbinden. Bei den anschließenden Festnahmen kam es durch die Polizei zu Zwangsanwendungen und wiederholtem Einsatz von Reizgas. Auch ein Wasserwerfer musste zweimal bei den Krawallen eingesetzt werden. Kurz vor 19 Uhr versuchte erneut eine Gruppe von rund 70 Fans des BFC in der Altenhofer Straße zu den Gästefans zu gelangen. Die Polizei konnte das Aufeinandertreffen rechtzeitig verhindern.

Gegen 19.10 Uhr beruhigte sich die Lage laut Polizei. Zwar soll es vereinzelt noch Flaschenwürfe in Richtung der Einsatzkräfte und Festnahmen gegeben haben, doch größere Ausschreitungen fanden nicht mehr statt. Kurz nach 20 Uhr waren laut Polizei keine Fans der Mannschaften mehr am Stadion.

Viele Verletzte und Festnahmen

Die Bilanz der Polizei: 155 Einsatzkräfte wurden bei den Ausschreitungen verletzt. „43 Kräfte der Polizei Berlin und 73 Kräfte der Bundespolizei bei den Einsätzen von Reizgas, 28 Polizeikräfte der Bundespolizei bei Angriffen und elf Dienstkräfte der Bundespolizei durch Pyrotechnik“, teilte die Polizei mit.

„Wir sind schockiert von diesem extremen Gewaltpotenzial, das uns kurz vor der Europameisterschaft noch mal brutal vor Augen geführt wird“, sagt GdP-Landeschef Stephan Weh. „Wenn bei einem Amateurspiel 155 Menschen verletzt werden, haben wir als Gesellschaft, hat der Fußball ein Problem. Wir wünschen unseren verletzten Kollegen alles Gute und sehen die Vereine hier in der Pflicht. Uns braucht niemand erzählen, dass man seine gewaltsuchenden Anhänger nicht kennt.“

Weh betonte, dass für Einlasskontrollen die Ordner zuständig seien und Stadionverbote erteilt werden können. „Wenn man hier nicht tätig wird, unterstützt man Gewalt, gefährdet die Unversehrtheit seiner friedlichen Fans, zu denen auch Kinder gehören, und darf sich nicht beschweren, wenn man dann die Rechnung für den Polizeieinsatz bekommt“, sagt er.

Insgesamt fertigen die Beamten 62 Strafanzeigen, unter anderem wegen Landfriedensbrüchen, tätlichen Angriffen auf Vollstreckungsbeamte, Widerständen, Körperverletzungen, Gefangenenbefreiungen und Beleidigungen. Außerdem wurden 74 Personen kurzzeitig festgenommen.

Innensenatorin Spranger ist empört

„Ich verurteile das absolut“, sagte Innen- und Sportsenatorin Iris Spranger (SPD) am Montag am Rande. Sie forderte den Verein, den Berliner Fußballverband und Fanvereinigungen auf, noch in dieser Woche bei ihr zur Erklärung zu erscheinen. „Der Verein muss uns jetzt sagen, was er mit seiner Fangemeinde machen will. Das sind Steuergelder, die wir einsetzen mussten mit 1000 Polizisten zur Sicherung.“

Die Gewalt und die Angriffe auf Polizisten sei viel schlimmer gewesen als am 1. Mai, sagte Spranger. Durch solche Gewaltausbrüche in Sportstadien würden auch Familien und Kinder in Gefahr gebracht. „Wenn es zu solchen Ausschreitungen kommt, werden wir dagegen vorgehen.“

Verein und Verband sollten klare Ansagen machen, wie es jetzt weitergehe. Sie werde sich auch mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) darüber austauschen. Jetzt müsse man genau feststellen: „Wie teuer war das Ganze, wie ist der Schaden im Stadion entstanden, wer bezahlt das, wie wollen die Fans dazu künftig mit umgehen?“

Kritik vom Cottbus-Trainer

Trainer Claus-Dieter Wollitz von Fußball-Regionalligist Energie Cottbus kritisierte die Gewalt und aggressive Bedrohung scharf. „Dass ich bepöbelt werde, bin ich ja gewohnt, speziell hier. Aber, dass man Angst haben muss, dass man mit Steinen schon während des Spiels beschmissen wird, dass man bedroht wird, ist in meinem System 2024 nicht vorstellbar. Das ist nicht mehr Aggression, das ist weit drüber“, sagte der Trainer dem MDR. Wollitz kritisierte dabei die fehlende Sicherheit im Stadion, obwohl die Partie zuvor zum Hochsicherheitsspiel eingestuft worden war.

„Wenn wir zehn Spieltage vor Schluss beim BFC gespielt hätten, wäre ich hier niemals mitgefahren, weil mein Leben und meine Verantwortung gegenüber meiner Familie, meinen Spielern und meinen Freunden ist mir wichtiger, weil, wenn man so bedroht wird, weiß man nicht, wie weit diese Menschen gehen“, sagte der 58-Jährige.

Der BFC Dynamo widersprach dem Energie-Trainer am Sonntagnachmittag. „Die Behauptung, während der Partie mit Steinen beworfen worden zu sein, entbehrt jeglicher Grundlage“, heißt es in der Pressemitteilung, „sowohl während der Erwärmungsphase als auch im Verlauf des Spiels wurde die Trainerbank der Gäste zusätzlich von zwei Ordnern abgesichert.“

Der DDR-Serienmeister beruft sich zudem auf einen Verantwortlichen des Nordostdeutschen Fußball-Verbands (NOFV) sowie dessen Geschäftsführer Till Dahlitz, die keine Steinwürfe bestätigten. Zugleich kritisierte der Verein das Verhalten von Wollitz: „Herr Wollitz ist für sein teilweise überemotionales und provokantes Verhalten am Spielfeldrand gegenüber Schiedsrichtern und Vertretern anderer Vereine bekannt. Warum er jetzt und in der Vergangenheit regelmäßig den BFC Dynamo und seine Fans diskreditiert, als auch das Sicherheitskonzept und den Verband im Vorfeld der Partie kritisiert hat sowie Ordnungskräfte und Mitarbeiter des BFC Dynamo beleidigte, irritiert uns sehr.“

Die Berliner Krawalle hatten Dimensionen, wie sie zuletzt am 16. Mai 2021 in Dresden zu verzeichnen waren. Dort hatte es nach dem Aufstieg von Dynamo in die 2. Bundesliga vor dem Stadion massive Ausschreitungen gegeben, bei denen unter anderen 184 Polizei-Beamte verletzt worden waren. (mit dpa)

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