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Berlin: Berlin will Lehrer nicht mehr als Beamte einstellen Fürs Land sind Angestellte an Schulen aber erst einmal teurer.

Ein Streit im Senat bahnt sich an

Lehrer sollen in Berlin nicht mehr als Beamte eingestellt werden. Deshalb bahnt sich jetzt ein Konflikt zwischen Bildungssenator Klaus Böger und Finanzsenator Thilo Sarrazin (beide SPD) an. Denn angestellte Lehrer sind kurzfristig wesentlich teurer als verbeamtete, und Böger will die Differenz nicht aus seinem Etat bestreiten.

Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit ist im Februar aus dem Landesbeamtengesetz ein Passus gestrichen worden, in dem die Lehrertätigkeit ausdrücklich als „hoheitsrechtliche Befugnis“ genannt wird. Nach Angaben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kostet ein angestellter Lehrer wegen der Renten- und Arbeitslosenversicherung, in die eingezahlt werden muss, etwa 25 000 Euro mehr als ein verbeamteter. Laut Finanzverwaltung beträgt der Unterschied etwa 15 000 Euro. Wenn nächstes Jahr rund 1700 neue Lehrer gebraucht werden, kommen damit zusätzliche Kosten von 25 bis 40 Millionen Euro pro Jahr auf Böger zu. Die aber sind im soeben verabschiedeten Doppelhaushalt nicht berücksichtigt.

„Wenn wir das Geld nicht bekommen, müssen wir weiterhin verbeamten“, kündigt Bögers Sprecherin Rita Hermanns an. Dies sei jedenfalls besser, als mangels Geld freie Stellen unbesetzt zu lassen. „Rein rechtlich ist es weiterhin möglich, Lehrer zu verbeamten“, sagt Joachim Jetschmann, Vorsitzender des Berliner Beamtenbundes. Das Landesbeamtengesetz lasse dies weiterhin zu, auch wenn die Lehrtätigkeit nicht mehr ausdrücklich als hoheitliche Aufgabe gelte. Jetschmann befürchtet ebenso wie die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), dass angestellte Lehrer langfristig schlechter gestellt werden als verbeamtete. Schon jetzt bekämen sie kein Weihnachtsgeld. Darüber hinaus könne es passieren, dass bei Neueinstellungen die Arbeitszeit hochgesetzt würde. GEW-Chef Ulrich Thöne warnt zudem davor, dass angestellte Lehrer in eine ungünstigere Tarifgruppe eingestuft werden könnten. Schon in der Koalitionsvereinbarung sei es erklärtes Ziel gewesen, die Einkommen im öffentlichen Dienst zu senken.

Das Ansinnen des Senats ist nicht neu: Schon von 1995 bis 1999 gab es bei den Berliner Lehrern keine Verbeamtungen. Dann überlegte es sich der Senat kurzfristig anders und verbeamtete hunderte Lehrer nachträglich, um Geld in die leeren Kassen zu bekommen: Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte musste Millionensummen an Rentenbeiträgen an die betreffenden Lehrer und an das Land auszahlen (wir berichteten). Diese Lehrer müssen wie alle anderen Staatsdiener eines Tages aus der klammen Pensionskasse des Landes ihre Alterssicherung beziehen.

Derartige „Rückfälle“ soll es nicht mehr geben, wenn es nach dem Senat geht. Ob er diese Linie durchhält, ist allerdings fraglich. Denn fast alle anderen Bundesländer verbeamten ihre Lehrer immer noch – oder inzwischen wieder, weil die höheren Kosten für die Angestellten die Haushälter überall abschrecken. Dies bedeutet, dass Junglehrer, die sich die Sicherheit einer Beamtenstelle wünschen, Berlin verlassen werden. Angesichts des drohenden Lehrermangels in Fächern wie Englisch, Spanisch, Mathematik und Informatik ist unklar, ob sich die Stadt die Verbeamtungen leisten kann. Bis 2014 müssen in Berlin voraussichtlich rund 10000 Lehrer neu eingestellt werden.

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