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Berlin: Auf der Suche nach dem richtigen Ehrenamt

Die erste Berliner Freiwilligenbörse informierte Berliner, die sich bürgerschaftlich engagieren wollen

Susanne Schauer hat in dieser Nacht nicht viel Schlaf bekommen – nach einem Clubbesuch ist die 26-jährige Studentin erst gegen sechs Uhr morgens ins Bett gefallen. Fünf Stunden später läuft Susanne am Sonnabendvormittag schon wieder durchs Rote Rathaus, um auf der ersten Berliner Freiwilligenbörse herauszufinden, wo und wie sie sich in ihrer Freizeit ehrenamtlich engagieren kann. „Ich würde gerne was Soziales machen, habe aber noch keine genaue Idee“, erzählt sie.

30 Prozent aller Berliner engagieren sich schon heute im Verein oder in anderen Ehrenämtern. Damit es noch mehr werden, geben 50 gemeinnützige Vereine, Initiativen und Organisationen an diesem Vormittag Auskunft über ihr bürgerschaftliches Engagement – und mehrere hundert Berliner sind gekommen, um sich darüber zu orientieren.

Melanie Costa vom Sozialdienst katholischer Frauen in Berlin informiert an ihrem Stand über das Projekt „Evas Haltestelle“, eine Tageseinrichtung für obdachlose Frauen. „Wir suchen weibliche Ehrenamtliche über 18 Jahren“, erzählt Costa. Da die Aufgabe mit viel Verantwortung verbunden sei, werde die Belastbarkeit der Bewerberinnen in einem Vorstellungsgespräch geprüft. Im Moment arbeiten 20 Ehrenamtliche für das Projekt. Auf der Suche nach älteren Ehrenamtlichen ist Eva Geffers vom Verein „Zeitzeugenbörse“. „Unsere Freiwilligen sollten in einem Alter sein, in dem sie mindestens die Wiedervereinigunge miterlebt haben“, sagt Geffers. Seit 12 Jahren vermittelt der Verein Zeitzeugen an Schulklassen und Journalisten.„Die Ehrenamtlichen müssen das Erlebte gut erzählen und auch mit kritischen Rückfragen umgehen können“, sagt Geffers.

Didem Yüksel von der Türkischen Gemeinde in Deutschland wirbt an ihrem Stand für das Projekt „Integration Plus Lotsen“. „Freiwillige mit Migrationshintergrund können sich bei uns zu Integrationslotsen ausbilden lassen“, erklärt die Koordinatorin des Projekts. In 20 Stunden lernen die Ehrenamtlichen Kernpunkte des Gleichstellungsgesetzes und des Zuwanderungsrechts kennen. Anschließen sollen die Lotsen Migranten mit schlechten Sprachkenntnissen unterstützen und beraten.

Carola Schaaf-Derichs, Organisatorin der Freiwilligenbörse, ist zufrieden mit dem Publikumsinteresse. Sorge, dass durch ehrenamtliches Engagement Jobs auf dem ersten Arbeitsmarkt vernichtet werden könnten, hat sie nicht: „Es ist eher umgekehrt: Organisationen wie der Arbeitersamariterbund oder die Arbeiterwohlfahrt haben als ehrenamtlichen Vereine angefangen“, erklärt Schaaf-Derichs.

Susanne Schauer hat sich inzwischen kundig gemacht, welches Ehrenamt für sie in Frage kommen könnte: „Die Obdachlosenbetreuung von ,Evas Haltestelle‘ finde ich sehr interessant“, erzählt sie. „Wenn ich im Vorstellungsgespräch überzeugen kann, würde ich das gerne ausprobieren.“ Rita Nikolow

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