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Polizisten führen einen verdächtigen Mann nach einer Razzia ab.

© picture alliance/dpa/Paul Zinken

Als Folge des Ukraine-Kriegs: LKA befürchtet steigende Bandenkriminalität in Berlin

Das Berliner LKA hat sein Lagebild zur organisierten Kriminalität veröffentlicht. Die Experten erwarten, dass sich osteuropäische Banden nach Deutschland ausbreiten – eine Folge des Ukraine-Kriegs.

| Update:

Der Ukraine-Krieg führt nach Einschätzung der Polizei zu verstärkter Kriminalität russischer und ukrainischer Banden auch in Deutschland und Berlin. Zu erwarten sei weiterhin „ein zunehmender Strom entsprechender krimineller Akteure in den EU-Raum“, schreibt das Berliner Landeskriminalamt (LKA) in seinem Lagebild zur organisierten Kriminalität (OK) 2022, das am Montag veröffentlicht wurde.

Der Zustrom führe zu „einem Ansteigen einschlägiger Kriminalität“. Und weiter: „Bereits etablierte kriminelle Netzwerke werden ihre Bedeutung beibehalten und werden ihr kriminelles Portfolio erweitern.“ Schwerpunkte seien Gewalt- und Rauschgiftkriminalität sowie Schleusungskriminalität.

Stehe ein Wiederaufbau der Ukraine an, würden „die sich daraus ergebenden legalen und kriminellen Verdienstmöglichkeiten eine hohe Anziehungskraft auf gleichermaßen russische wie ukrainische OK-Strukturen ausüben, was das Konfliktpotenzial vielerorts merklich erhöhen wird“. Das gelte gerade für Berlin als zentrale Drehscheibe der von der Polizei sogenannten Russisch-Eurasischen Organisierten Kriminalität (REOK) in Deutschland.

Die durch den Angriff Russlands und den Krieg ausgelöste Situation erscheine mit Blick auf die Kriminalität der russischen Banden „vergleichbar mit der Zeit in den 1990er-Jahren beim Zusammenbruch der ehemaligen Sowjetunion“. In Europa habe der Krieg „die Zusammenarbeit zwischen den kriminellen Netzwerken weder unterbrochen noch zum Erliegen gebracht“. Die Einstellung der russischen, ukrainischen und tschetschenischen Kriminellen zum Krieg sei unterschiedlich, letztlich gehe es ihnen um Gewinn aus ihrem Geschäft mit Verbrechen, dem werde Politik untergeordnet.

Clans, Schleuser, Autodiebe

Das Lagebild nennt für 2022 69 große Ermittlungskomplexe und 501 ermittelte Verdächtige zu organisierter Kriminalität in Berlin. Die Hauptstadt liegt damit auf dem vierten Platz in Deutschland hinter den großen Flächenländern Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bayern. In ganz Deutschland gab es 639 Ermittlungsverfahren. In fast der Hälfte der Ermittlungen ging es in Berlin um Drogenhandel, es folgten Eigentumskriminalität wie Autodiebstahl und Einbrüche.

Als Phänomene nannte das LKA vor allem „Clankriminalität insbesondere durch arabischstämmige Tatverdächtige“, Russisch-Eurasische OK mit dem Schwerpunkt von Verdächtigen aus Tschetschenien, international organisierter Autodiebstahl durch Banden aus Osteuropa, Rocker-Kriminalität, Menschenhandel („Moderne Sklaverei“) mit dem Schwerpunkt von Tätern aus Südosteuropa, Schleusungskriminalität vor allem aus Vietnam, Rauschgiftschmuggel durch international zusammengesetzte Banden sowie Raub- und Einbruchskriminalität.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) drängt angesichts der Lage auf eine bessere Ausstattung. „Prostitution, Schutzgelderpressung, Waffen-, Kfz- und Rauschgifthandel - Berlin bleibt im Fokus der Organisierten Kriminalität und die Hauptstadt aufgrund einer miserablen Personalausstattung bei Polizei und Justiz ein Biotop für hochkriminelle Banden“, sagte GdP-Landeschef Stephan Weh. Drogen blieben weiter das Schmiermittel, aber es gebe keinen OK-Bereich, der sich nicht auch in Berlin wiederfinde.

„Wir erleben seit Jahren, dass Tätergruppen immer internationaler agieren, in Netzwerken agieren und weder vor Bundesländer- noch Landesgrenzen Halt machen“, sagte Weh. „Umso wichtiger ist es, dass wir die Sicherheitsbehörden innerhalb Deutschlands, aber auch Europas besser technisch ausstatten, sie modern vernetzen und einheitliche Rechtsgrundlagen schaffen.“ Dazu gehörten eine Ausweitung der Quellen-TKÜ – also das Mithören und Mitlesen an Handys -, Bargeldobergrenzen und eine Beweislastumkehr bei der Vermögensabschöpfung. „Damit wir das Geldwäscheparadies Deutschland endlich dicht machen“, sagte Weh. (dpa/axf)

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