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Boris Herrmann beim Transat CIC 2024.

© Boris Herrmann / Team Malizia - Seaexplorer

Erfolg beim Transat CIC: Boris Herrmann wird sensationell Zweiter

Am Ende wurde es noch einmal spannend. Bis auf 13 Meilen schloss Verfolger Boris Herrmann auf den Führenden Yoann Richomme auf. Doch der gewann das Traditionsrennen über den Atlantik nach acht Tagen souverän. Herrmann schafft es erstmals aufs Podium.

Die Sensation beim Transat CIC bahnte sich zwei Tage vorher an. Boris Herrmann war bei dem Rennen von Lorient nach New York auf Rang zwei vorgerückt und durfte durchaus hoffen, vielleicht sogar zu gewinnen. Seit er vor 14 Jahren seinen Fuß auf einen 60-Fuß-Racer setzte, ist er weltberühmt geworden, doch aufs Podium schaffte er es als Solosegler nie. Immer dicht dran, verfehlte er die Genugtuung, zu den Besten seiner Zunft zu gehören, dann doch meistens knapp. 

Diesmal nicht. Als Yoann Richomme (Paprec-Arkéa) am Montagabend die Ziellienie überquerte, lag der deutsche Segelstar mit seiner Malizia-Seaexplorer 20 Meilen hinter ihm und wurde kurz darauf Zweiter. Zwar kein Sieg, aber das bisher beste sportliche Ergebnis des 42-jährigen Hamburgers. Und das bei einem traditionsreichen Rennen, das die Anfänge des professionellen Solosegelns markiert. 

Immer gegenan, die harte Tour

Vergessen Sie den kruden Tite Transat CIC. Früher wurde es das „englische Transat“ oder schlicht „das Transat“ genannt. Während die Franzosen es später vorziehen sollten, ihre Regattarouten in tropische Überseegebiete führen zu lassen, bevorzugten die Engländer ab 1960 die harte Tour. Ein kleines Grüppchen aus Pionieren des Solosegelns wollte gegen die vorherrschenden Winde und den Golfstrom über den Nordatlantik nach New York segeln. Da zunächst kein Sponsor gefunden wurde, vereinbarten der spätere Sieger Sir Francis Chichester und der Initiator Blondie Hasler, dass jeder Teilnehmer als Einsatz eine halbe Krone in den Topf werfen solle – der Gewinner bekäme alles. Es fand sich dann mit dem „Observer“ doch noch ein Geldgeber, aber der Geist des Rennens war geboren.

Neu dabei und doch ein alter Hase. Yoann Richomme hat den Ruf, fast alles zu gewinnen, was er beginnt.

© AFP/LOIC VENANCE

Eric Tabarly gewann 1964 das 2. Transat, das mittlerweile „Ostar“ hieß, und sein Triumph erweckte die französische Offshore-Szene zum Leben. 1972 sollte Alain Colais auf einem Boot Tabarlys ebenfalls siegreich sein und dem Nimbus eines „englischen“ Rennens empfindlichen Schaden zufügen.

So viel zur Geschichte des transatlantischen Klassikers, der 2017 unter dramatischen Umständen zum vorerst letzten Mal stattgefunden hatte. Ein Sturm hatte die Flotte aus 21 Booten so sehr zerrupft, dass nur sieben das Ziel in New York erreichten. Im selben Jahr begann Boris Herrmann auf seiner Malizia, sich auf sein erstes Vendée Globe vorzubereiten. Mit seinem 5. Platz sorgte er dann für großes Aufsehen und segelte sich in die Herzen nicht nur der deutschen Öffentlichkeit.

Rennmaschine mit Volumens Herrmann steuert die Malizia-Eaexplorer aus dem Sund von Lorient.

© Team Malizia

Nur wenige Skipper der Imoca-Szene haben seither so konstant viel gesegelt wie Herrmann, der sich gleich nach dem Vendée Globe ein neues Boot nach seinen Vorstellungen hatte bauen lassen. Dass die von VPLP gezeichnete Malizia II schnell sein kann, bewies das Team beim Ocean Race, bei dem es mehrere Etappensiege holte, Rekorde brach und insbesondere in rauen Bedingungen hohe Durchschnittsgeschwindigkeit erzielte. Wenn sich das Boot optisch auch wie ein Orca unter Delphinen ausnimmt, hatte Herrmann es beim Design seines wuchtigen Neubaus vor allem auf dessen Robustheit abgesehen.

Vorne dabei, aber nicht ganz vorne

Zuletzt kam Boris Herrmann auf den Rängen sieben und vier ins Ziel, weil die Top Guns der Szene einfach immer eine Spur kompromissloser vorgingen und weil die neueren Entwürfe von Guillaume Verdier und Sam Manuard das Geheimnis noch besser zu lösen schienen, wie man Auftriebskraft in der Bug-Sektion mit schnittigen Linien vereinbaren kann.

Nach dem Start am 28. April in Lorient setzten sich denn auch abermals die Favoriten an die Spitze des 33-köpfigen Teilnehmerfeldes: Charlie Dalin (MACIF) führte früh vor Jérémie Beyou (Charal), Paul Meilhat (Biotherme) und Yoann Richomme. Herrmann rutschte in dieser Anfangsphase ohne ersichtlicheren Grund ins Mittelfeld ab als den, dass er sich einfach immer schwer tut, in ein mehrere tausend Meilen Langes Rennen hineinzufinden. Zuerst war der Weg durch die kräftigen Nordwest-Winde eines Island-Tiefs geprägt, dann durch einen Sturm, dessen Zentrum im Süden der Flotte durchwandern würde. Kurz: Es war ruppig.

Auf und davon. Boris Herrman kurz nach dem Start zum Transat CIC.

© Team Malizia

Vier Tage lang hämmerten die Boote durch hohe Seen. Und während etliche Konkurrenten schwere Materialschäden erlitten, wurde von Herrmann nichts weiter als ein kleiner Riss im Großsegel vermeldet. Nach anfänglicher Seekrankheit, die ihm die rauen Seegangsbedingungen auferlegten, pflügte die Malizia so verlässlich durchs Meer, dass den Solosegler kaum etwas ernsthaft zu plagen schien. Seine Stunde schlug, als sich eine arktische Kaltluftströmung von Norden durchsetzte. Jetzt erwies sich die Malizia als das, was sie in geschickten Händen sein kann: enorm stabil und super schnell.

Nur ein bisschen raue See

Da hatte Yoann Richomme bereits die Führung übernommen, nachdem Charlie Dalin mit technischen Problemen zurückgefallen war. Paul Meilhat war nach einer Kollision mit einem treibenden Objekt ausgefallen. Nicolas Lunven (Holcim-PRB) verlor seinen Bugsprit und Justine Mettraux (Teamworx) ihre Windsensoren. Clarissa Cremer hatte aufgeben müssen, nachdem die Struktur ihres Bootes auseinandergerissen war. Zwei andere Skipper von Neubauten berichteten, dass ihre Boote teilweise unkontrollierbar in die hohe See eintauchten. Derweil arbeitete sich Herrmann auf Rang zwei vor, als sei das nichts. Nur die Britin Sam Davies (Initiatives Coeur) schien Herrmanns Tempo halbwegs mitgehen zu können. Aber der Abstand von über 40 Meilen war zu groß, um dem Deutschen gefährlich zu werden.

Richommes Sieg verlängert seine Reihe an beeindruckenden Auftritten. Obwohl der 40-jährige Südfranzose erst im letzten Jahr mit großen Vorschusslorbeeren zum Imoca-Skipper wurde, gibt er seinen Fürsprechern Recht. Nach einem 2. Platz beim Transat Jacques Vabre (2023), gewann er das anschließende Retour a la Base. Und nun das nächste 4000-Meilen-Gehetze über den Atlantik.

Mit dem 2. Platz zeigt Herrmanns Formkurve deutlich nach oben. Obwohl die Konkurrenz im Favoritenkreis nicht eben kleiner geworden ist, zählt er jetzt dazu. Was ein gutes Zeichen für die Phase des kommenden Vendée Globe ist, in der es jenseits von Kapstadt darum gehen wird, in einer Art Dauersturm tage- und wochenlang bei höchstem Tempo zu bestehen.

Das Ziel des Transat CIC liegt ungewöhnlicherweise 110 Meilen vor der US-Küste, so dass es kein Publikum gab, das die Zielankunft bejubelte. Es soll die Soloskipper davor bewahren, durch ein viel befahrenes Gebiet im Rennmodus zu jagen. So wird wohl ein weiterer Tag vergehen, bis Herrmann und Richomme in New York eintreffen. Sie hätten sich verabredet, sagt Herrmann, die Strecke gemeinsam zu segeln und sich abwechselnd Schlafphasen zu gönnen. Dann würde einer auf zwei Boote achtgeben, während der andere ruht.

Die Rückregatta nach Les Sables d’Olonne in Frankreich wird ebenfalls im Solo-Modus stattfinden. Deshalb beeilen sich jene Skipper, die mit Schäden ausfielen oder gar nicht erst an den Start gingen, ebenfalls rechtzeitig nach New York zu gelangen. Der STart findet am 29. Mai statt.

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