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Der ehemalige Koblenzer Generalstaatsanwalt Jürgen Brauer (M), der frühere Vize-Chef der Staatsanwaltschaft Trier, Ingo Hromada (r) und Gerhard Robbers (l, Vorsitzender) von der Unabhängigen Aufarbeitungskommission im Bistum Trier stellen ihren ersten Zwischenbericht zum früheren Priester Edmund Dillinger vor.

© dpa/Harald Tittel

„Es ist kaum zu begreifen“: Aufarbeitungskommission wirft Kirche im Missbrauchsfall Dillinger „Vertuschung“ vor

Der Priester Edmund Dillinger hat mindestens 19 Opfer sexuell missbraucht. Die Aufarbeitungskommission macht den Verantwortlichen des Erzbistums Trier nun schwere Vorwürfe.

Verantwortliche der katholischen Kirche im Bistum Trier haben nach einer Untersuchung über viele Jahre hinweg sexuellen Missbrauch des Ende 2022 gestorbenen Priesters Edmund Dillinger vertuscht. „Es ist kaum zu begreifen, dass eine Persönlichkeit wie Dillinger über Jahrzehnte im Dienst der Kirche verbleiben konnte, trotz allen Wissens über seine Übergriffigkeiten und Missbrauchstaten“, teilte die unabhängige Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Bistum Trier (UAK) am Dienstag bei der Vorstellung des vorläufigen Abschlussberichts zur Causa Dillinger mit.

Die Tatenlosigkeit und das Wegschauen von kirchlichen Verantwortlichen, was nur als bewusste Vertuschung gewertet werden kann, diente zuvörderst dem Schutz des guten Namens der Kirche und des Bistums.“ Alle Hinweise auf die Taten Dillingers seien weitgehend ignoriert worden, teilte die Kommission mit.

Zwei frühere Top-Staatsanwälte kamen nach einjähriger Untersuchung in der Studie zu dem Ergebnis, dass Dillinger aus Friedrichsthal im Saarland 19 Opfer zwischen 1961 und 2018 sexuell missbraucht hat. Elf Betroffene seien namentlich bekannt, teilten der ehemalige Koblenzer Generalstaatsanwalt Jürgen Brauer und der frühere Vizechef der Staatsanwaltschaft Trier, Ingo Hromada, mit.

Zudem seien „sehr viele, nach ihrer Anzahl aber nicht annähernd zu beziffernde Personen von sexuell motiviertem Verhalten“ Dillingers betroffen gewesen: Sie wurden in „sexualisierten Posen“ fotografiert, waren Berührungen in allen Körperregion ausgesetzt und mussten Annäherungsversuche abwehren, steht im Bericht. Meist handelte es sich um männliche Jugendliche.

Die Studie komme zu dem Schluss, „dass Dillinger über Jahrzehnte das Gegenteil dessen vorlebte, was er in seinen Predigten, Vorträgen und Veröffentlichungen als ethisch, moralisch und gottgewolltes vorbildliches Leben eines guten Christen und Menschen zeichnete“. Der Fall war nach dessen Tod öffentlich geworden, als der Neffe des Geistlichen in dessen Wohnung zig Aufnahmen von spärlich bekleideten Jugendlichen fand.

Da es noch offene Fragen vor allem mit Blick auf weitere Opfer in afrikanischen Ländern gebe, sei die Tätigkeit der Sonderermittler um ein Jahr verlängert worden, teilte die Kommission mit. Der Geistliche war von 1972 bis 2005 Vorsitzender der von ihm gegründeten CV-Afrika-Hilfe - und laut der Studie oft in Afrika.

Die Juristen teilten mit, es sei „enttäuschend“, dass verschiedene Stellen, darunter das Auswärtige Amt, Bitten um Auskunft und Unterstützung in dem Fall „völlig ignoriert“ hätten. „Große Verärgerung“ gebe es auch darüber, dass die saarländischen Ermittlungsbehörden fast alle Beweismittel vernichtet hätten, bevor man sie habe einsehen können. (dpa)

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