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Die Lage ist etwas besser als die Stimmung, doch auch das Handwerk hat mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen.

© imago/Jürgen Heinrich/imago/Jürgen Heinrich

Schwierige Stimmungslage im Berliner Handwerk: Mehr Azubi-Wohnungen und Gewerbeflächen gefordert

Trotz der Krise ist die Auslastung der Betriebe weiterhin hoch. Aber der Mangel an Nachwuchs und Fachkräften macht der Branche zu schaffen. Doch das ist nicht das Einzige.

Die wirtschaftliche Lage ist etwas besser als die Stimmung. So könnte man die Frühjahrsbilanz der Handwerkskammer in aller Kürze zusammenfassen. Konkret heißt das: Obwohl wegen Planungsunsicherheiten und hoher Kosten die Nachfrage im Bauhauptgewerbe und im Ausbau gesunken ist, kann sich die Handwerksbranche im Vergleich zu anderen vergleichsweise stabil halten.

„Unsere Betriebe verfügen weiterhin über eine hohe Auslastung von 85 Prozent, die Aufträge reichen über 15 Wochen“, sagte Jürgen Wittke, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Berlin (HWK) am Dienstag bei der Präsentation der jährlichen Konjunkturumfrage. Befragt wurden 3000 Mitgliedsunternehmen.

Viele Neubauprojekte liegen auf Eis

Vor allem bereite der Neubau Probleme. „Viele Projekte wurden auf Eis gelegt oder gestreckt“, sagt Wittke. Deshalb begrüße er sehr das sogenannte Schneller-Bauen-Gesetz des Senats. „Die Senatsverwaltung wollte ganz konkrete Vorschläge von uns, daran sieht man, dass Bausenator Gaebler es ernst meint“, sagte Wittke.

Vieles hänge zwar an Bundesgesetzen, aber helfen würde schon eine bessere Abstimmung zwischen Verwaltung und Bezirken. „Antragsverfahren müssen einfacher gestaltet werden“.

Wir begrüßen das Schneller-Bauen-Gesetz.

Jürgen Wittke, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Berlin (HWK)

Die Präsidentin der Berliner Handwerkskammer, Carola Zarth, nannte neben dem stets von der Wirtschaft geforderten Bürokratieabbau („Die regulatorische Dichte nimmt immer mehr zu“) zwei weitere Großthemen, die sie beschäftigen: die Gewerbeflächen sowie der Arbeitskräfte- und Nachwuchsmangel. Zarth beklagte eine immer stärkere Verdrängung des Handwerks aus der Innenstadt, aber auch schon aus den Außenbezirken. Es mangele an Gewerbeflächen.

Das Handwerk leidet unter Fachkräfte- und Nachwuchsmangel.

© imago images/Shotshop

„Jeder zehnte Bezirk wird in den nächsten zwei Jahren mit einem Standortwechsel konfrontiert sein“, sagte Zarth. Ihr Appell an die Politik: Das Handwerk brauche dringend bezahlbare und sichere Gewerbestandorte. Sie erinnerte daran, dass „die berühmte Berliner Mischung seit Jahrzehnten geprägt ist durch Handwerksbetriebe“.

Wir haben 200.000 Studierende und 35.000 Azubis in der Stadt. Wir wünschen uns von der Politik, dass jeder sechste Wohnheim-Platz an einen Azubi geht.

Carola Zarth, Präsidentin der Berliner Handwerkskammer

Weil auch das Handwerk wie fast alle anderen Branchen vom Fachkräftemangel extrem geplagt ist, hat die Handwerkskammer zusammen mit der Jobagentur das Förderprogramm „Job-Turbo“ gestartet. Damit sollen Geflüchtete für das Handwerk qualifiziert werden und die deutsche Sprache erlernen. So seien beispielsweise geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer hoch motiviert und teilweise gut qualifiziert. Das Handwerk könne allen Geflüchteten eine gute Zukunft bieten.

Nicht nur Fach-, sondern auch Nachwuchskräfte fehlen. Ein großes Hindernis dabei sei das extreme Wohnungsproblem in Berlin. Junge Menschen aus anderen Gegenden hätten kaum die Möglichkeit, in Berlin eine Ausbildung im Handwerk zu absolvieren, weil sich niemand eine Unterkunft leisten könne. Zarths Forderung: „Wir haben 200.000 Studierende und 35.000 Azubis in der Stadt. Wir wünschen uns von der Politik, dass jeder sechste Wohnheim-Platz an einen Azubi geht.“

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