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Von der Geschichte eingeholt. Marlene Laim (Gisela Schneeberger), die Mutter des Kommissars, redet nicht gerne darüber, wie die Familie zu Wohlstand kam.

© ZDF und Micha Marhoffer

Zweiter Laim-Krimi im ZDF: „Was macht die deutsche Nazi-Geschichte mit uns, Generationen später?"

Sein zweiter Fall führt Kommissar Laim zurück in eine dunkle Vergangenheit. Schauspieler Max Simonischek bekommt eine neue Partnerin an seine Seite.

„In den Konzentrationslagern und auf dem Weg dorthin sind sechs Millionen Juden umgekommen“, sagt der von Fritz Karl gespielte Geschichtsprofessor Kammeyer zu seinen Studenten und erinnert sie zugleich daran, dass diese Zahl allein gar nichts aussagt. „Geht in die Archive und spürt die Schicksale hinter der Geschichtsschreibung auf“, fordert er von ihnen im ZDF-Krimi „Laim und die Zeichen des Todes“, der angefüllt ist mit historischen Verstrickungen und menschlichen Schicksalen.

Doch zunächst beginnt der zweite Fall von Kommissar Laim, dargestellt von einem ungezähmten Max Simonischek, mit einer Rückblende ins Jahr 1938. Fünf Freunde kommen in einer Berghütte zusammen, einer trägt eine schwarze Uniform, bei einem zweiten sitzt das NSDAP-Parteiabzeichen gut sichtbar am Revers. Hastig werden Dokumente unterzeichnet, der Zuschauer ahnt schon, dass es sich um Übereignungspapiere handelt, denn auch Geld wechselt den Besitzer. Die fünf trennen sich in Freundschaft, nach einer letzten Umarmung macht sich einer von ihnen allein auf den Weg – und wird hinterrücks erschossen.

Das Grundthema des Films ist rasch gesetzt, und auch sonst ist es Lisa van Brakel und Jörg von Schlebrügge, den Drehbuchautoren des Laim-Krimis, und Regisseur Michael Schneider nicht darum gegangen, in der Dramaturgie nur auf die Aufklärung des Falles zu setzen. Wer hinter den Verbrechen steckt, wird früh ersichtlich. Der Fall, das ist zunächst ein unter der Brücke zur Münchener Praterinsel aufgehängter Notar. Selbstmord scheidet aus, der Mann wurde zuvor erschlagen. Danach wurden auf seinem Bauch hebräische Zeichen hinterlassen. „Vergeltung“ lautet die deutsche Übersetzung. Dabei hatte sich der Anwalt doch als Förderer jüdischer Kunst einen Namen gemacht. Dennoch ist er vor seiner Ermordung Opfer einer Erpressung geworden. „Wir, die Juden von heute, fordern Vergeltung für die Juden von damals“, heißt es in dem Erpresserschreiben, das nicht nur der Notar erhielt, sondern auch Kommissar Laims Mutter (Gisela Schneeberger).

Die Geschichte lebt fort

„Laim und die Zeichen des Todes“ ist ein ZDF-Montagsfilm voller Geheimnisse. Dahinter steht ein klares Plädoyer: Die Geschichte lebt fort. Sie hat Auswirkungen auf die Kinder und Enkel sowohl der Opfer der nationalsozialistischen Verbrechen als auch auf die Nachfahren der Täter. Mit jedem Fotoalbum, das Lukas Laim im elterlichen Prachtbau oder beim getöteten Notar öffnet, wird klar, dass es in Deutschland Millionen von Nazis gab. Und nicht wenige gehörten zu den Profiteuren insbesondere der Judenverfolgung und -ermordung, wie Laim erneut in Erinnerung gerufen wird.

An Laims Seite steht eine neue Kollegin. Dass Johanna Fischer als Jüdin die hebräischen Zeichen übersetzen kann, ist nicht die einzige Hilfe, die sie bei der Aufklärung des Falls leisten wird. Gespielt wird sie von Lavinia Wilson, die diesen Film vor allem wegen der darin gestellten Fragen so spannend findet. „Was macht die deutsche Nazi-Geschichte mit uns, Generationen später? Wie können wir damit umgehen, ohne uns davon erschlagen zu lassen? Und wie ist es um die Gerechtigkeit bestellt?“ fragt sich die Schauspielerin.

Historisch gesehen passend erscheint die Verortung dieses Stoffes gerade in München, wurde die bayerische Landeshauptstadt doch einst von den Nazis als „Hauptstadt der Bewegung“ bezeichnet. Dass beide Hauptdarsteller ein gespaltenes Verhältnis zur bayerischen Landeshauptstadt haben, hat damit jedoch nichts zu tun. Max Simonischek gehörte drei Jahre lang lang zum festen Ensembles der Münchner Kammerspiele, sagt aber, dass er keine besonders gute Zeit in München gehabt habe – wofür aber die Stadt nichts könne. „Das Motto ,Mia san mia‘ strahlt meines Erachtens auch nicht unbedingt Gastfreundlichkeit aus“, sagt Simonischek, verweist aber auch auf die vielen schönen Seiten von München.

Aber auch Lavinia Wilson hadert mit der Stadt, obwohl sie dort geboren wurde. „Ich bin aus guten Gründen mit 19 aus München weggezogen, es wurde mir einfach zu eng, zu selbstzufrieden“, sagt sie. Nicht zuletzt durch die Dreharbeiten zum Laim-Krimi könne sie die Idylle nun aber viel besser genießen.

So lange kein Nazi-Profiteur unter einer Brücke hängt.

„Laim und die Zeichen des Todes“, ZDF, Montag, 20 Uhr 15

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