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Felix Schwenzel, Betreiber von wirres.net

© re:publica/CC

Zum Start der re:publica: „Man kann auch einfach bloß im Hof rumstehen“

Blogger Felix Schwenzel hat bis jetzt keine re:publica verpasst. Auch dieses Jahr ist er wieder dabei. Hier verrät er, warum sein erstes Panel zum Fiasko wurde und was ihn heute umtreibt.

Herr Schwenzel, 7000 Besucher bedeuten einen neuen Rekord. Sorge, dass die Veranstaltung zum Massenevent verkommt?

Als ich hörte, dass jetzt Hasselhoff reden darf, hab ich mir schon an den Kopf gefasst. Aber das scheint eher ein PR-Gag eines Sponsors zu sein, und zumindest werde ich mich drüber lustig machen können. Ansonsten hat sich die re:publica ihren familiären und ja: auch selbstreferenziellen Charakter zum Glück bewahrt.

Sie meinen, es wird weiterhin im eigenen Saft geschmort?

Auf jeden Fall. Einem Ärzte-Kongress wirft ja auch keiner vor, dass sich die Leute da die ganze Zeit mit medizinischen Themen beschäftigen.

Sie selbst haben 2007 ihren ersten Vortrag gehalten – gemeinsam mit Sascha Lobo...

Es war ganz grausam. Sascha wollte das unbedingt mit Power-Point machen, wir haben das dann aber wegen mangelnder Probe 15 Minuten lang nicht zum Laufen gebracht.

Es gibt ein Video davon im Internet. Während Lobo mit der Technik kämpfte, aßen Sie in aller Ruhe ein Eis.

Das Eis musste ich essen, sonst wäre es ja geschmolzen. Warum ich ein Eis in der Tasche hatte, weiss ich allerdings nicht mehr. Jedenfalls habe ich nach dem Vortrag erstmal zwei Jahre Pause gemacht, bin erst 2010 wieder aufgetreten. Alleine und mit einem etwas besser vorbereiteten Vortrag zur Frage, warum das Internet scheiße sei.

Donnerstag sprechen Sie zum Thema „Wie ich lernte, die Überwachung zu lieben“.

Der Titel ist Provokation und natürlich ein Kubrick-Zitat. Ich will zeigen, dass man der Überwachung auch positive Aspekte abgewinnen kann und in welchen Punkten der NSA-Skandal überdramatisiert wurde.

Diesen Zugang zur Materie dürften Sie vor Ort exklusiv haben. Ein erstes Beispiel?

Ich erinnere mich an die „Zeit-Online“-Schlagzeile, dass Juli Zeh und Kollegen jetzt „gegen die Überwachung kämpfen“ und sich 560 Schriftsteller jetzt gegen Ausspähung „wehren“ würden. In Wahrheit haben die bloß Unterschriften gesammelt.

Ihr Freund Sascha Lobo hat Sie in seinem inzwischen historischen Rant einen „Erlebnisschrottblogger“ genannt, Peter Turi einen „Motzblogger“. Wer hat recht?
Beide natürlich. Stefan Niggemeier hat mal über mich gesagt: Wenn ich etwas einfach so hinrotze, sei das Ergebnis meistens besser, als wenn ich es akribisch ausarbeite. Von daher bin ich vielleicht auch ein Rotzblogger.

Welche Panels wollen Sie in den drei Tagen als Zuhörer nicht verpassen?

Sascha Lobos Rede zur Lage der Nation. Manche, und vor allem er selbst, sagen ja, die Qualität seiner Auftritte habe nachgelassen. Das teile ich überhaupt nicht, er ist weiterhin brillant. Außerdem sind einige prominente Namen dabei, etwa die US-Soziologin Saskia Sassen. Wobei solche Vorträge auch oft enttäuschen. 2010 kam Miriam Meckel, es war so langweilig, dass ich aufgestanden und gegangen bin. Aber genau das gehört ja auch zur re:publica: im Hof rumstehen und Bier trinken. Ich glaube, Mario Sixtus guckt sich nie auch nur einen einzigen Vortrag an, sondern nutzt die Zeit zum Rumstehen, Reden, Netzwerken, Ideen aushecken. Kommt mir jedenfalls so vor.

Geht da nicht der Live-Charakter verloren?

Finde ich nicht. Früher hab ich parallel zu Vorträgen getwittert oder gelesen, was andere grad twitterten. Heute überfordert mich das. Wenn ich mir auf der re:publica einen Vortrag anhöre, habe ich nur noch Papier und Stift dabei.

Felix Schwenzel betreibt das Blog wirres.net, ist Web-Entwickler und hält Vorträge, in denen er Fremden die Welt oder wenigstens das Internet erklären will. Der 45-Jährige lebt in Berlin.

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