zum Hauptinhalt
Mehr Geld für ARD und ZDF. Christoph Palmer, Geschäftsführer der Produzentenallianz, fordert einen höheren Runkfunkbeitrag, damit das Programmniveau nicht sinkt.

© Alexander Knoedel

Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (3): Qualität und Vielfalt

Was die Partnerschaft von öffentlich-rechtlichen Sendern und Produzenten garantiert. Ein Debattenbeitrag.

Wir befinden uns in einer veränderten Zeit. Der jahrzehntelang währende Grundkonsens in Europa für einen unabhängigen, dem Gemeinwohl verpflichteten öffentlich-rechtlichen Rundfunk wankt. In Frankreich und Skandinavien, der Schweiz und Österreich, aber auch in Deutschland wird heftig und kontrovers über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks diskutiert. Gleichzeitig hat die Digitalisierung zu einer beispiellosen Erweiterung des Film- und Fernsehmarktes, auch auf internationaler Ebene, geführt.

Dies schafft neue Bedingungen für alle, Sender und Produzenten. Den Produzenten bieten sich über die Vervielfachung der Verbreitungswege immense Chancen, was Distribution und Verwertung ihres Contents anbelangt. Dieser Verbreiterung stehen ein nie dagewesener Wettbewerb von Inhalten und Formaten sowie das Phänomen von Fake News und Meinungsmanipulationen gegenüber. Informationen sind überallher zu beziehen, Sicherheiten nehmen ab, „Autoritäten“ sind unter Rechtfertigungsdruck, auch die Presse spürt diese Situation.

Die Sicherung einer demokratischen, öffentlichen Meinungsbildung ist freilich in einer solchen Zeit von besonderer Bedeutung. Dafür benötigen wir eine Berichterstattung, wie sie in dieser Breite und Verlässlichkeit nur ein unabhängiges, öffentlich-rechtliches Rundfunksystem bieten kann. Dieser Rundfunk hat sich in der Geschichte der Bundesrepublik bewährt als einzigartiges System zur Sicherung der Meinungsvielfalt. Sein Auftrag bleibt es, mit seinen Programmen einen Beitrag zur individuellen und öffentlichen Meinungsbildung zu leisten und so zu einem funktionierenden demokratischen Gemeinwesen beizutragen.

Unterhaltung kommt von mittelständischen Produktionsfirmen

Die öffentlich-rechtlichen Anstalten produzieren in der Regel ihre Magazin- und Informationssendungen – also ihre Aktualität – in Form von Eigenproduktionen. Unterhaltungssendungen, Dokumentationen und fiktionale Formate hingegen werden zumeist an Hunderte von mittelständischen Produktionsunternehmen in Deutschland vergeben. In Berlin und Brandenburg gibt es eine besonders vielfältige Produzentenlandschaft (nur der Hessische Rundfunk produziert im ARD-Verbund auch diese Formate weitgehend in Eigenregie).

Das Programmvolumen, das ARD und ZDF in Deutschland vergeben, liegt bei rund 1,4 Milliarden Euro im Jahr. Die Zuschauerinnen und Zuschauer erhalten ein im internationalen Vergleich herausgehobenes Fernsehprogramm. Durch ihre Kreativität und ihr exzellentes handwerkliches Können tragen die Produktionsbetriebe maßgeblich dazu bei, dass hochqualitative Programmangebote entstehen. Gemeinsam mit den Sendern fördern sie somit den Erhalt des Kultur- und Wirtschaftsguts Film und gewährleisten künstlerische Vielfalt und inhaltliche Pluralität in unserem Land.

Die gesamte Filmwirtschaft steht dabei im Wettbewerb und muss der Konkurrenz aus anderen Produktionsländern auf Augenhöhe begegnen können. Damit deutsche Produktionen auch weiterhin mithalten können, muss eine ausreichende finanzielle Ausstattung sichergestellt sein. Der Rundfunkbeitrag als das zentrale Finanzierungsmodell der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wurde seit 2009 nicht mehr erhöht, 2015 sogar gesenkt. Gleichzeitig ist es nicht möglich, die Kosten für Herstellung und Verbreitung über Jahre hinweg „anzuhalten“. Eine Finanzierung, die dem Auftrag der öffentlich-rechtlichen Sender gerecht werden soll, wird daher auf Dauer nicht ohne eine maßvolle Erhöhung der Haushaltsabgabe auskommen. Davon hängt nicht zuletzt auch die Akzeptanz beim Publikum ab. Vermehrte Lizenzkäufe durch die Sender würden zu einer Verödung des Programms führen. Auswechselbare Massenware entwickelt kein Programmprofil und keine Attraktivität.

Natürlich müssen auch die öffentlich-rechtlichen Sender ihre Einsparungsbemühungen fortsetzen. Arbeitsteilung im ARD-Verbund, sorgsamer Einsatz der Personalressourcen, Zusammenarbeit bei IT, Technik und Verwaltung, Straffung etwa auch der Hörfunkprogramme, das alles ist möglich. Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hat dabei wertvolle Erkenntnisse zum Ausschöpfen von Synergiepotenzialen vorgelegt. ARD und ZDF haben mit der Umsetzung anspruchsvoller Sparpläne bereits begonnen. Sie stellen sich dieser Herausforderung, indem sie trotz Sparzwang mit immensen Anstrengungen weiterhin Programme ohne Qualitätseinbußen produzieren.

Streamingportale drängen in den Markt

Herausforderung und Chance zugleich ist der digitalisierungsbedingte Medienwandel, und zwar nicht nur auf technischer, sondern gerade auch auf inhaltlicher und wirtschaftlicher Ebene: Anbieter wie die Streamingportale Netflix, Amazon oder Maxdome drängen immer stärker in den Markt. Die wachsende Popularität der Video-on-Demand-Anbieter zeigt, dass die Bereitschaft, für Qualitätsinhalte zu bezahlen, durchaus vorhanden ist. Deutlich wird aber auch, dass das zeitversetzte Fernsehen auf digitalen Plattformen mehr und mehr zur Alternative für das traditionelle lineare Programmangebot wird. Darauf muss auch das öffentlich-rechtliche Fernsehen reagieren.

Es entsteht dabei ein nicht wegzudiskutierender Interessenkonflikt zwischen dem Bedürfnis der Sender, möglichst viele Inhalte möglichst lange in ihren Online-Mediatheken anbieten zu können, und dem Geschäftsmodell der Produzenten. Diese können ihr Investment in teilfinanzierte Auftragsproduktionen nur über Erlösbeteiligungen wieder einspielen, beispielsweise durch Lizenzierungen in anderen Ländern oder im Video-on-Demand-Bereich. Und deren Wert wird umso geringer ausfallen, je länger ein Werk kostenlos in einer Mediathek verfügbar ist.

Die Produzentenallianz als maßgebliche Interessenvertretung der deutschen Produktionswirtschaft konnte mit dem ZDF einen Gewinnaufschlag für eine längerfristige Online-Nutzung von vollfinanzierten Auftragsproduktionen in den Mediatheken des Senders vereinbaren. Bei der ARD stehen die Zeichen dafür günstig, dass dort bei den teilfinanzierten Produktionen Verweildauern so angepasst werden, dass eine parallele Auswertung von Rechten durch den Produzenten ökonomisch möglich bleibt. Am Ende werden auch die Zuschauerinnen und Zuschauer von solchen Verhandlungsergebnissen profitieren. Denn auf seinem Weg in die digitale Zukunft braucht der öffentlich-rechtliche Rundfunk die Produzenten als starke Partner, die am Erfolg hochqualitativer Werke in angemessener Weise beteiligt sind.

Christoph Palmer ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Allianz Deutscher Produzenten Film und Fernsehen. Bisher erschienen: Patricia Schlesinger (15. April), Hans Demmel (25. April)

Christoph Palmer

Zur Startseite