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Reinhard Hüttl ist Vorstandsvorsitzender des Deutschen GeoForschungsZentrums.

© GFZ Potsdam

"Wir brauchen fundierte Eindordnung": Plädoyer für kritischen Journalismus

Der Wissenschaftsjournalismus ist von der Krise traditioneller Medien infolge der "digitalen Revolution" betroffen. Der Verein proWissen will die Lücke füllen.

Potsdam - "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser." Der Ausspruch geht angeblich auf Lenin zurück. Doch es ist eine russische Redewendung – "Doverjaj, no proverjaj" (Vertraue, aber prüfe nach) –, die der kommunistische Politiker und Revolutionär oft nutzte.

Das hat der Wissenschaftsjournalist und ZEIT-Kolumnist Christoph Drösser vor Jahren berichtet. Guter Journalismus überrascht uns mit Neuigkeiten, unterhält uns, und er dient der Kontrolle von Macht; sei sie politisch, wirtschaftlich oder wissenschaftlich.

Der Wissenschaftsjournalismus ist allerdings nach Jahren der Blüte von der Krise traditioneller Medien infolge der "digitalen Revolution" betroffen. So fielen wissenschaftliche Beilagen, tägliche Wissens-Seiten in Zeitungen oder Sendeplätze im Fernsehen weg.

Verein proWissen will Informationslücke füllen

Der Verein proWissen versucht auf vielfältige Weise, diese Informationslücke zu füllen: Lesen Sie die Sonderbeilage, mit der Sie Forschungsergebnisse aus der Region erhalten – quasi direkt ab Werk.

Damit kommen wir einem Auftrag nach, den die öffentlich geförderte Wissenschaft zusätzlich zu ihren eigentlichen Aufgaben, der Forschung und Lehre, hat, nämlich ihre Ergebnisse an die Öffentlichkeit zu vermitteln.

Nur: Das ist kein Wissenschaftsjournalismus, sondern es sind Informationen, von denen wir glauben, dass sie für Sie interessant sind. Indirekt unterstützen wir damit Journalismus, weil Verlage sich auch über Beilagen finanzieren.

Kritischer Journalismus muss komplexe Sachverhalte aufbereiten

Langfristig jedoch müssen wir eine Perspektive für Wissenschaftsjournalismus schaffen, zum Beispiel über eine Stiftung. Die Wissenschaft hat ein ausgezeichnetes System der Selbstkontrolle und Regeln guter wissenschaftlicher Praxis.

Diese dienen der Gründlichkeit und Redlichkeit, nicht der öffentlichen Kommunikation. Zugleich greift das Phänomen „Fake News“ um sich. Die Wissenschaft tut sich mit der Lautstärke der Hobby- und Berufsempörten schwer. Politik und Gesellschaft wiederum werden mit Empörung und Fake News konfrontiert und müssen Entscheidungen treffen.

Hier ist kritischer Journalismus gefragt, der in der Lage ist, komplexe wissenschaftliche Sachverhalte verständlich aufzubereiten und zu bewerten. Erst so kann Vertrauen entstehen, auf das die Wissenschaft angewiesen ist. Als Wissenschaftler sage ich: Vertrauen ist gut, fundierte Einordnung ist besser.

– Reinhard Hüttl ist Vorstandsvorsitzender des Deutschen GeoForschungsZentrums und Vorsitzender des Kuratoriums von proWissen Potsdam e.V.

Reinhard Hüttl

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