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War da noch was? Die ARD-Anstalten suchen in den Archiven zum Fall Dieter Wedel.

© dpa

Wedel-Affäre und #metoo: Die ARD-Anstalten müssen mehr für die Aufklärung tun

Nur der Blick ins Archiv reicht nicht: Was die ARD in der Causa Wedel tun muss. Und nicht nur die ARD. Ein Kommentar.

Nachdem im Keller des Saarländischen Rundfunks ein Aktenkonvolut aufgetaucht ist, das die Übergriffe von Dieter Wedel Anfang der 1980er Jahre dokumentiert, suchen jetzt auch andere ARD-Anstalten, die mit dem Regisseur gearbeitet haben, nach Hinweisen und Belegen für die Missbrauchsvorwürfe, die von mehreren Schauspielerinnen erhoben worden sind. Die Rechercheergebnisse werden aber kaum je die volle Wahrheit zeigen können.

Ob ARD, ZDF, Sat1 oder Produktionsfirmen – wer auch immer sucht, wird auf Lücken stoßen. Wedels Produktionen liegen bis zu 40 Jahre zurück, da dürfte viel Material längst geschreddert sein. Außerdem sollte jede Erwartung, dass in den Akten just Demütigungen bis hin zum Missbrauch dokumentiert sind, gedämpft werden. Dennoch ist die Archivsuche eine notwendige Aktion – aus Respekt vor den Opfern und aus Respekt vor der Unschuldsvermutung gegenüber Wedel. Außerdem können die Sender sich allein durch hartnäckige Aufklärungsanstrengung dem Vorwurf entgegenstellen, sie führten sich in dieser Causa auf wie ein Schweigekartell.

Und darum reicht allein das Sichten der Archive nicht. Müssen nicht auch die damals Verantwortlichen in den Sendern von den Intendanten abwärts befragt werden? Sie müssen. Denn längst ist der Eindruck entstanden, dass in ihrem Branchenklima ein Übergriff wenig Abscheu und schon gar keinen Skandal provoziert hat. Und nebenbei: Zu glauben, Dieter Wedel sei der böse Einzelfall gewesen, ist – freundlich gesprochen – naiv.

Überbetriebliche, unabhängige Beschwerdestelle

Finden sich anderswo neue Indizien für weitere Missbrauchsfälle, bekommt die Affäre Wedel eine größere Dimension: Dann war der Übergriff systemisch, er war organisiert, gedeckt und geschützt. Der Blick zurück könnte vielen lästig werden, die sich dann statt Aufarbeitung eine Schlussstrich-Aktion wünschen. Da liegt ein Risiko. Es ist erkannt: Die ARD will sich nach den Worten ihres Vorsitzenden Ulrich Wilhelm in eine überbetriebliche, unabhängige Beschwerdestelle in der Medien- und Kulturbranche einbringen. Diese Einrichtung befindet sich im Ideenstadium. So wie die aktuelle Debatte verläuft, wird es dabei nicht bleiben. Der Druck und die Erwartung sind da, dass die Kreativbranche vorangeht. Je mehr Sparten, Sender, Firmen, Menschen sich engagieren, desto bedeutender wird die Beschwerdestelle. Nicht allein, aber vor allem durch die Vielzahl der beteiligten Institutionen wird auch der Mut Betroffener wachsen, sich zu melden, zu offenbaren, Öffentlichkeit herzustellen.

Denn das zeigt sich in der Aufarbeitung der Affäre Wedel: Der Missbrauch der jungen Schauspielerinnen schaffte es lange nur in die Akten. Und die können schweigen, jahre- und jahrzehntelang.

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