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Von Petra Görlich: Nachtschicht, wenn der Tag nicht reicht Uni-Professorin Doris Fay bekommt Kinder und Karriere gut unter einen Hut

Als Doris Fay 1994 in Gießen ihre Diplomarbeit schrieb, ahnte sie noch nicht, dass sie später eine wissenschaftliche Karriere einschlagen würde. Eigentlich wollte sie „nur schnell durch“.

Als Doris Fay 1994 in Gießen ihre Diplomarbeit schrieb, ahnte sie noch nicht, dass sie später eine wissenschaftliche Karriere einschlagen würde. Eigentlich wollte sie „nur schnell durch“. Die junge Psychologin begann trotzdem eine Promotion. Mit der Anzahl der Seiten ihrer Arbeit wuchs der Spaß an der Wissenschaft. Den in Amsterdam erworbenen Doktortitel in der Tasche und die Verlockungen beruflicher Entwicklungsmöglichkeiten vor sich, nahm sie danach in Gießen eine Stelle an. Ihre Entscheidung für eine Karriere im Wissenschaftsbetrieb war gefallen. Das Zukunftsbild hatte Konturen bekommen, Kinder jedoch tauchten darin noch nicht auf. Die heutige Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Potsdam bekam sie trotzdem.

„Wir hatten einfach das typisch westdeutsche Bild im Kopf, wonach das Kind bis zum Alter von drei Jahren zu Hause bleibt, danach halbtags in den Kindergarten geht und in der Grundschulzeit spätestens mittags wieder auf der Matte steht“, erzählt die 42-Jährige. Wie sollte das also funktionieren, wenn beide Partner ganztags arbeiten? Die Antwort darauf fand die Forscherin 2002 in Birmingham. In Großbritannien erlebte sie, wie gut Kinderbetreuung funktionieren, wie selbstverständlich Kinderkrippe und Kindergarten zur Hochschule gehören konnten, ja sogar der Kindergartenplatz kofinanziert wurde. Das beeindruckte. Als Sohn Jacob zur Welt kam, gab Fay das Pendeln zwischen Birmingham und Deutschland auf. Zu Dritt zogen sie auf die Insel. Mit dem Ruf der Universität Potsdam 2007 sollte sich das gewohnte Umfeld noch einmal ändern.

„Es ist mir hier in Potsdam sehr, sehr positiv aufgefallen, dass ich schon bei meinen ersten Gesprächen vor Ort als Professorin und zugleich Mutter wahrgenommen wurde“, erinnert sich Doris Fay. „Auch als sich unsere Tochter 2008 ankündigte und damit einige Formalitäten und Absprachen vonnöten waren, erhielt ich eine Menge Unterstützung. Nicht nur in der Hochschulleitung, sondern ebenfalls im Institut.“

Ihr Mann hat auch für das zweite Kind Elternzeit genommen. Sie selbst ist inzwischen wieder an ihren Schreibtisch in Potsdam-Golm zurückgekehrt. Die Herausforderungen des Alltags zwischen Hörsaal und Kinderzimmer bewältigt sie nun gemeinsam mit ihrem Partner. Das Zeitmanagement ist nun strenger geworden, gibt Fay zu. „Man muss sich ein bisschen mehr als vorher auf das Wichtige konzentrieren“, beschreibt die in Frankfurt am Main Geborene die Situation. „Häufiger als gewünscht muss ich am Tage aber auch mal alle Fünfe gerade sein lassen und dafür Nachtschichten einlegen.“ Dass sie das ohne Bitterkeit tut, nimmt man ihr ab. Ansonsten schätzt sie die Flexibilität, die der Universitätsbetrieb bietet. Sie macht es ihr möglich, sich die Dinge einzuteilen. Und auch die so wichtigen wissenschaftlichen Netzwerke funktionieren wieder. Die Professorin hatte in den beiden Babypausen mit viel Eigeninitiative darauf geachtet, in ihnen zu verbleiben oder in neue integriert zu werden. Das sei nicht immer einfach gewesen, erzählt sie. „Diese Netzwerke werden vor allem auf Kongressen aktiviert. Und da habe ich vor allem in der ersten Auszeit einiges verpasst.“ Berufliche Kompromisse muss sie auch heute noch schließen, beispielsweise was die Länge von Tagungsreisen betrifft.

Doris Fay gefällt die zunehmend familienfreundliche Atmosphäre an der Universität Potsdam. Sie hofft, dass insbesondere die Studierenden mit ihren teilweise sehr engen Zeitfenstern mehr und mehr davon profitieren. Nicht nur bei der Kinderbetreuung, sondern auch im Studium selbst. Sie schätzt in diesem Zusammenhang etwa die Entwicklung auf dem Gebiet der Bereitstellung elektronischer Medien in der Einrichtung. Hier sei in der jüngsten Vergangenheit viel passiert. Die Hochschule müsse da aber weiter dranbleiben.

Zur Vereinbarkeit von wissenschaftlicher Karriere und Kinder wendet die Psychologie-Professorin schließlich noch ein: „Man kann natürlich ein wundervoll erfülltes Leben auch ohne Kinder haben und nicht jede Wissenschaftlerin will überhaupt Kinder.“ Für diejenigen Kolleginnen mit Kinderwunsch wünsche sie sich aber noch bessere Bedingungen. In die Zukunft blickt die zweifache Mutter da durchaus optimistisch. Künftig werde nach ihrer festen Überzeugung der Anteil von Forscherinnen mit Kind steigen. „Die Zeichen stehen gut“, meint sie. Das Problem notwendiger günstigerer Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sei erkannt. Gesellschaft wie Universitäten hätten sich auf die Fahnen geschrieben, seine Lösung anzugehen. „Hier in Potsdam ist man da auf gutem Wege.“

Petra Görlich

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