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Angekommen. Werner Jann kam 1993 aus Kiel nach Potsdam. An der Universität fand er seine akademische Heimat, die er auch nach seiner Pensionierung nicht mehr verlassen will.

© Karla Fritze/UP

Universität Potsdam: Werner Jann soll Seniorprofessor werden: Der Aufbauhelfer

Er hat die Verwaltungswissenschaft der Universität Potsdam mit aufgebaut, war in der Hartz-Kommission und im Beraterkreises der Vereinten Nationen in New York. Nun soll der Ex-Kanzlerberater Werner Jann erster Seniorprofessor der Hochschule werden.

Potsdam - Die Verwaltungswissenschaft an der Universität Potsdam hat er entscheidend mit voran gebracht. Nun wurde der Politik- und Verwaltungswissenschaftler Professor Werner Jann in den Ruhestand verabschiedet. Doch seine Vorlesung am gestrigen Freitag war wohl noch kein endgültiger Abschied, denn Jann wird der Uni wohl erhalten bleiben: als erster Seniorprofessor überhaupt, wie es in der Fakultät gewünscht wird. „Die Fakultät begrüßt ausdrücklich die Absicht, Herrn Professor Jann auf eine Seniorprofessur der Universität zu berufen", sagte die Fakultätsgeschäftsführerin Stefanie Buchheister-Knappe dazu. "Mit dieser Ehrung sollen zum einen seine Verdienste um die Fakultät und Universität gewürdigt werden, und zum anderen ist damit die Hoffnung auf eine weiterhin furchtbare Zusammenarbeit verbunden.“ Janns Professur ist indes bereits schon seit einiger Zeit neu besetzt. Janns Nachfolgerin ist Sabine Kuhlmann, die von der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer nach Potsdam geholt werden konnte – ein Generationenwechsel an der Universität.

Werner Jann kam 1993 an die Universität Potsdam

„Gute, international orientierte Forschung, forschungsbasierte Lehre und Transfer in die Praxis, das hat die Verwaltungswissenschaft gut hinbekommen“, lautet das Fazit von Jann, der 1993 nach Potsdam kam, um an der Alma Mater den neuen Bereich aufzubauen. Mittlerweile gibt es mehrere international anerkannte Studiengänge, wie etwa den „Master of Public Management“, ein Transferstudiengang für Interessenten, die schon in einer öffentlichen Verwaltung arbeiten. Hinzu kommt, dass Jann und seine Kollegen immer wieder beratend tätig sind. Zuletzt beispielsweise in Afghanistan: Verwaltungsexperten aus Potsdam waren im September 2014 als Aufbauhelfer am Hindukusch und unterstützten fünf afghanische Fakultäten beim Aufbau einer unbedingt notwendigen verwaltungswissenschaftlichen Ausbildung.

Immer wieder war Jann auch für die Bundesregierung, die OECD und andere Institutionen als Berater unterwegs. „Entscheidend ist, dass sich insbesondere die Sozialwissenschaften von Fragen aus der Praxis inspirieren lassen und dann Antworten entwickeln, die empirisch und theoretisch tragbar sind“, erklärt Jann seinen Ansatz, der auch das Thema seiner Abschiedsvorlesung war. In der Praxis sind diese Anregungen aus der Wissenschaft gern gesehen und werden auch zunehmend nachgefragt. „Gleichzeitig wird durch die Fragen der Praxis die Forschung vorangetrieben“, erklärt Jann die Win- win-Situation. Dem Verwaltungsexperten geht es sowohl um Beratung von Politik und Verwaltung als auch um die Erforschung vernachlässigter Problemfelder.

Verbindung zwischen Theorie und Praxis

Fragen haben die Verwaltungen zahlreiche an die Forschung: etwa wie man eine nachhaltige Ausbildung für den öffentlichen Dienst im Nachkriegs-Afghanistan entwickeln kann. Oder wie die Koordination zwischen verschiedenen Interessen, Ebenen, Ressorts, Ländern und Politikbereichen bei Projekten zum Klimawandel besser organisiert werden kann. „Die Theorie-Praxis-Verbindung haben wir in unserem Bereich ganz gut hinbekommen“, so Janns Fazit.

Werner Jann wurde 1950 in Hamburg geboren, nach Gymnasium und Abitur im dänischen Kopenhagen folgte das Studium der Politikwissenschaft, Mathematik und Ökonomie in Berlin und im schottischen Edinburgh. Nach der Habilitation wollte Jann weiter wissenschaftlich tätig sein, als ihn Björn Engholm nach Schleswig-Holstein in die Staatskanzlei holte. Von 1989 bis 1993 war er Ministerialrat und Leiter der „Denkfabrik“ in Kiel. „Eigentlich wollte ich damals nicht mehr in die Wissenschaft zurück“, erinnert sich der Politologe heute. Als dann die Universität Potsdam gegründet wurde und ein verwaltungswissenschaftlicher Schwerpunkt aufgebaut werden sollte, wurde er 1993 gefragt. „Ich habe nie bereut, zugesagt zu haben“, sagt Jann. „Ich habe echt Glück gehabt, ich habe zum richtigen Zeitpunkt das richtige Angebot bekommen.“ In der Folge hat Werner Jann immer wieder Rufe von anderen renommierten Hochschulen abgelehnt. „Ich wollte in Potsdam bleiben, ich fühle mich hier wohl, trotz aller Probleme die es natürlich auch gab.“ Etwas enttäuscht war der Verwaltungsexperte, als eine uni-interne Evaluierung im Gegensatz zur externen Einschätzung die Verwaltungswissenschaft nicht in der ersten Liga der Forschungsbereiche der Hochschule sah. „Das hat mich schon ein wenig gewurmt, das schien mir nicht angemessen.“

Experte in der Hartz-Kommission

2002 hat dann der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) den Potsdamer Experten in die Hartz-Kommission geholt. Für Jann ein wichtiger Punkt in der Karriere. Heute fällt seine Einordnung der Hartz-Gesetzte grundsätzlich positiv aus. „Natürlich haben wir nicht alles richtig gemacht“, sagt er. So habe man damals beispielsweise unterschätzt, was die neuen Regelungen für den Niedriglohnsektor bedeuteten. „Aber ich glaube, dass wir die richtige Richtung eingeschlagen haben“, sagt er. Zehn Jahre später werde er immer noch zu Vorträgen zu dem Thema eingeladen, vor allem im Ausland interessiere man sich stark dafür. „Dass es uns in Deutschland heute im Vergleich zu anderen europäischen Partnern wirtschaftlich verhältnismäßig gut geht, hat auch etwas mit der Hartz-Kommission zu tun“, so sein Schluss. Einen etwas bitteren Beigeschmack hatten nur die Anfeindungen von Linksautonomen, denen er damals ausgesetzt war. So wurde ein Brandanschlag auf das Auto seiner Frau versucht – der aber am Ziel vorbeiging. Jann selbst hat gar kein Auto, er ist überzeugter Radfahrer.

Spannend und intensiv war dann die Zeit, in der Jann den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) beraten durfte. Unter anderem begleitete er Schröder im Kanzler-Airbus zu Gesprächen mit Bill Clinton, Tony Blair und anderen Regierungschefs. 2002 wurde er zum Mitglied des zentralen Beraterkreises der Vereinten Nationen in New York im Bereich Verwaltung berufen. Auch darum hatte er sich nicht beworben. Die beratenden Tätigkeiten waren ehrenamtlich. „Wenn man einen Anruf aus New York erhält, ob man in dem UN-Verwaltungsgremium mitmachen will, sagt man nicht nein“, erklärt Jann. „Wegen Geld macht man so etwas nicht“, sagt er. „Das ist extrem interessant und bereitet mir einfach Freude.“

Und so wird es wohl auch weitergehen. Der Potsdamer Uni will Jann unbedingt erhalten bleiben. Schließlich sind da mehrere noch nicht abgeschlossene Projekte der Deutschen Forschungsgemeinschaft, bei denen er die Leitung innehat. Abschließen kann er sie vielleicht als erster Seniorprofessor der Alma Mater.

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