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PIK-Direktor Hans Joachim Schellnhuber.

© dpa

UN-VERTRAG FÜR KLIMASCHUTZ: Ein Triumph des Realismus

Potsdamer Klimaforscher haben in einem Kommentar den Erfolg des Paris-Vertrages vom Dezember 2015 bekräftigt. Sie erwarten eine Implosion der fossilen Industrien und eine starke Expansion bei den erneuerbaren Energien.

Potsdam - Potsdams Klimaforscher sehen ein gutes halbes Jahr nach dem UN-Klimaabkommen von Paris den Vertrag weiterhin als Erfolg. In einem Kommentar in der Fachzeitschrift Nature Climate Change äußerte ein Wissenschaftler-Team vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) die Erwartung, dass ein Zusammenbruch der fossilen Industrien und eine starke Entwicklung der erneuerbaren Energien das Pariser Klimaziel ermöglichen würden. Das Ziel, den globalen Temperaturanstieg unter zwei Grad zu halten, sei ein Triumph des Realismus: „Ganz entgegen mancher Kritik, es sei wirklichkeitsfremd“, so die Forscher. Sie verwiesen einmal mehr auf die enormen Risiken, die durch einen ungebremsten Klimawandel auf die Menschheit zukommen würden.

Das Klimaziel reiche aus, um weltweit politisch etwas in Bewegung zu bringen

„Das Klimaziel von Paris, den weltweiten Temperaturanstieg auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen, bietet die Chance, einige der größten Klimarisiken zu vermeiden – das Kippen von wichtigen Elementen des Erdsystems“, erklärte die PIK-Forscherin Ricarda Winkelmann, Ko-Autorin der Studie. Sie erwartet auch, dass das Klimaziel ausreiche, um weltweit politisch etwas in Bewegung zu bringen.

„Das Abkommen von Paris ist ein historischer Durchbruch und ein Triumph der Vernunft“, schreibt PIK-Direktor und Leitautor des Kommentars Hans Joachim Schellnhuber. „Jetzt gibt es den Druck, diesen Konsens rechtzeitig umzusetzen, um die lauernde humanitäre Tragödie tatsächlich noch zu verhindern.“ Der Klimaforscher bekräftigte die Richtigkeit des Zwei-Grad -Ziels. Jenseits von Notwendigkeit und Machbarkeit sei das Ziel einfach zu verstehen und zu kommunizieren. „Die Temperaturgrenze ist eine optimale Balance aus Konkretheit und Verständlichkeit. Jetzt dreht sich die ganze Welt der Klimapolitik um eine einzige Zahl!“, so Schellnhuber.

Jenseits von zwei Grad drohe ein vollständiger Eisverlust auf der Nordhalbkugel 

Auf der Grundlage der Klimaforschung der vergangenen zwei Jahrzehnte präsentieren die Wissenschaftler in dem Kommentar ein Diagramm der Kipp-Elemente mit Blick auf die Entwicklung der globalen Temperatur. „Eine Erwärmung von nur 1,5 Grad über das vorindustrielle Niveau hätte bereits erhebliche Folgen, sie ist zum Beispiel eine Bedrohung für Korallenriffe weltweit“, so Winkelmann. „Jenseits von zwei Grad steuern wir auf einen vollständigen Eisverlust der nördlichen Halbkugel zu“, schreibt sie. Dies hätte einen Anstieg des Meeresspiegels zur Folge, der langfristig eine Gefahr für Küstenmetropolen wie New York, Mumbai und Tokio wäre. „Daher ist das Pariser Klimaziel notwendig.“

Auch Ko-Autor Stefan Rahmstorf, Leiter des PIK-Forschungsbereichs Erdsystemanalyse, bekräftigt eine Temperaturgrenze unter zwei Grad. Der jüngste Bericht des Weltklimarates IPCC habe den Mythos, dass eine Begrenzung der Erwärmung auf weniger als zwei Grad nicht machbar ist, entkräftet. „Der Report zeigt im Gegenteil, dass bei dem nötigen politischen Willen auch die Kosten vergleichsweise überschaubar sind“, so Rahmstorf. Der Preisrückgang und der Zuwachs an Effizienz bei der Erzeugung von Strom aus Wind und Sonne hätten auch optimistische Vorhersagen übertroffen.

Indien hat sich ein sehr ehrgeiziges Ziel gesetzt  

„Eine technologische Explosion bei den erneuerbaren Energien kann, wenn diese eine Marktdurchdringung von 15 bis 20 Prozent erreicht haben, zu einer Implosion der fossilen Industrien führen“, erklärten die Forscher. So scheine beispielsweise Indien derzeit sehr ernsthaft sein hochgestecktes Ziel für erneuerbare Energien umsetzen zu wollen. Dies sei ein Beispiel für die selbstverstärkenden Entwicklungen, die das Potenzial haben, die Weltmärkte zu verändern. Jan Kixmüller

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