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Immer nur lesen. Autor Paul Bacher (Henry Hübchen) hat keine Ideen.

© SWR/Christiane Pausch

TV-Drama mit Henry Hübchen: Blockiert

Das könnte auch von Woody Allen sein: Andreas Kleinerts Drama „Spätwerk“ zeigt Henry Hübchen als Autor in der Bredouille.

Schreibblockaden sind eine fiese Sache. Je nach Ausmaß und Dauer, können sie dem Schreibenden das Leben zur Hölle machen. Besonders Autoren und Schriftsteller werden davon zuweilen geplagt. Wenn die vom Verlag gesetzte deadline naht, und das Werk weit entfernt vom vorzeigefähigen Zustand ist, ist es ein besonders ungünstiger Moment. Diese vermaledeiten Schreibblockaden hat auch Autor Paul Bacher (Henry Hübchen).

Ungeduldig warten Bachers Verleger Wolf Komarek (Michael Schenk) und seine Frau Hannah (Jenny Schily), Bachers Lektorin und zugleich heimliche Geliebte, auf ein fertiges Manuskript. Doch es fehlt Paul Bacher an Antrieb. Stattdessen ist er mit seinem letzten Buch auf Lesereise. Bacher zuckelt mit seinem Auto durch schwäbische Ortschaften, abends dann in den gastgebenden Buchhandlungen sitzt ein Dutzend älterer geduldiger Herrschaften, auf Bachers Lesepult ist bereits der Rotwein angerichtet, und es ist nicht das erste Gläschen. Bonjour Tristesse.

Das Unglück geschieht an einem dieser Abende nach einer Lesung. Nachdem die attraktive Enddreißigerin Teresa Flößer (Patrycia Ziolkowska) den Altersdurchschnitt der Zuhörerschaft schon maßgeblich gemindert hat, kann der ebenso joviale wie zynische Bacher sie überreden, mit ihr um die Häuser zu ziehen. Ganz zum Ziel kommt der einst so erfolgsverwöhnte Autor zwar nicht, aber er geht dieser Teresa fortan nicht mehr aus dem Kopf.

Bacher ist genervt

Bald schon wird sie sich wieder bei ihm melden und die Eifersucht seiner Lektorin Hannah auf einem Verlagsempfang empfindlich schüren. Auf der Rückfahrt nimmt Bacher einen Anhalter mit, den jungen Rucksack-Tramper Daniel Becker (Jordan Dwyer). Der redet und redet und redet. Bacher ist genervt, schmeißt den jungen Mann kurzerhand raus. Aber der Rucksack auf dem Rücksitz wurde vergessen. Er stößt mit dem Wagen noch einmal zurück, da gibt es einen lauten, schweren Rumms. Bacher hat Daniel überfahren.

„Spätwerk“ hat Andreas Kleinert nach dem Drehbuch von Karl-Heinz Käfer in Szene gesetzt. Kleinert und Käfer haben schon bei mehreren Fernsehfilmen zusammengearbeitet, darunter das Götz George-Drama „Mein Vater“ (2003). Dieser melancholische Film nun skizziert das innere und äußere Drama eines Mannes im gesetzteren Alter, der durch die Mitschuld am Tod eines jungen Menschen aus dem Lebensgleis geworfen wird. Bacher, der Daniels Leiche vergraben, alle Spuren beseitigen und niemandem von dem Vorfall berichten wird, setzt sich an ein neues Buch, und als Teresa, mit der er inzwischen verbandelt ist, ihn wieder einmal in seinem Haus an der Ostsee besucht, da nennt er ihr als erste auch den Titel: „Licht am Anfang des Tunnels“.

Die Narration von „Spätwerk“ alterniert zwischen dramatischen und komödiantischen Elementen. Da ist zum einen die Flucht eines charmant-larmoyanten Endsechzigers vor sich selbst. Sinnkrise. Lebenskrise. Schreibkrise. Zum anderen bedient das Drehbuch kräftig-saftige Klischees aus der Verlagsbranche und setzt hierbei die eine oder andere Dialogzeile, die das Klischee nurmehr überhöht, ja fast schon persifliert.

Sei es die ihren Ehemann betrügende Lektorin, die zu Bacher meint: „Ich biete dir diese phänomenale Mischung aus Esprit und Sinnlichkeit“. Sei es der von Eitelkeiten bestimmte Verlagsempfang. Sei es die Figur des Autors selbst, der, animiert durch das Unheil, das ihm das Leben mit dem Unfall bereitet, sowie durch die neu erblühte Liebe mit der helfenden, heiligen Teresa tatsächlich einen neuen Roman vorlegt. Vorbei die elende Schreibblockade. Ein Bacher-Satz lautet: „Was nicht zum Leben taugt, taugt zum Schreiben.“ Das könnte auch von Woody Allen sein. Fast.

„Spätwerk“, Mittwoch, ARD, 20 Uhr 15

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