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Trophäe: Der Deutsche Fernsehpreis wird am 26. Januar in 24 Kategorien vergeben.

© dpa

TV-Branche im Trophäenrausch: Preise nach Proporz

Die Fernsehbranche vergibt immer mehr Auszeichnungen, besser wird sie dadurch nicht.

Das deutsche Fernsehen darf sich freuen. Es wird in diesem Frühjahr ein Preisregen auf das Medium niedergehen wie selten zuvor. Gewürdigt werden Programme und Persönlichkeiten des Jahres 2017. Deutscher Fernsehpreis, Grimme-Preis, Goldene Kamera – und damit ist die Liste der Auszeichnungen längst nicht vollständig.

Verblüffend ist zunächst, dass die Organisatoren so viel Preiswürdiges finden. Das vergangene Fernsehjahr war in der Zuschauerperspektive nicht reicher oder aufsehenerregender als die Jahrgänge zuvor, die allgemeine Sehbeteiligung des Publikums ist sogar leicht gesunken.

Beim aktuellen Grimme-Wettbewerb sind 70 Produktionen und Einzelleistungen nominiert, beim Deutschen Fernsehpreis ist die Zahl der Preiskategorien auf 24 hochgefahren worden.

Könnte man sagen: Es soll keiner und keine vergessen werden, das ist nobel und gerecht; dabei führt die Furcht vor dem Übersehen zu einem Überangebot an Preisen. Beispiel Fernsehpreis, Beispiel Unterhaltung: Da gibt es die Kategorien Beste Unterhaltung Primetime, Beste Unterhaltung Late Night, Beste Moderation Unterhaltung, dazugekommen ist im aktuellen Wettbewerb die Kategorie Beste gestalterische Leistung Unterhaltung.

Beliebigkeit regiert

Für die „TV-Insassen“ mag das von großer Logik sein, Fernsehmachen ist das Zusammenspiel zahlreicher Kompetenzen und von vielerlei Können. Zugleich stellt sich der Eindruck von Beliebigkeit ein. Beim Deutschen Fernsehpreis ändern sich von Jahr zu Jahr die Anzahl und die Ausgestaltung der Kategorien. Es will der Verdacht nicht weichen, dass an der Spezifikation der Auszeichnung so lange herumgetüftelt wird, bis auch jeder der Träger und Finanziers – die vier Fernsehsender ARD, ZDF, RTL, Sat 1 – ausreichend Preise mit nach Hause nehmen kann.

Die Kategorien beim Deutschen Fernsehpreis und beim Grimme- Preis sind keineswegs deckungsgleich. Auch dass bei Grimme im Wettbewerb „Fiktion“ 14 Fernsehfilme und vier Serien nominiert sind, verweist mehr auf kategoriale Ratlosigkeit als auf entschiedene Auswahlkriterien.

Was die Fernsehpreise prägt: Sie schauen in ihrer Wettbewerbsorganisation zu sehr in die Branche hinein, sie nehmen zu große Rücksicht auf Interessen und Eitelkeiten, sie sind selbstbezogen.

Natürlich hat jeder Preiswettbewerb einen speziellen Fokus, natürlich wäre es verkehrt, wenn die Preise dadurch Publikums-Appeal bekämen, dass sie allein nach Aufmerksamkeit und Quote bei den Zuschauern vergeben würden. Dann würde jedes Jahr die ARD-Soap „In aller Freundschaft“ gewinnen, deren Fans selbstredend entzückt wären, zugleich das Status-quo-Fernsehen belobigt und betoniert würde. Das bitte nicht.

Das Fernsehen selber, das sich so gerne lobpreist, hat mit den Auszeichnungen selbst die größten Probleme. Es nimmt die Auszeichnungen nicht wirklich ernst. Vom Deutschen Fernsehpreis 2018 wird es keine TV-Übertragung, vom Grimme-Preis nur einen Zusammenschnitt bei 3sat geben. Das Fernsehen will sich seine Quoten nicht von Fernsehpreisen ruinieren lassen.

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