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Soziale Probleme lösen: Wenn der Dorfladen zur Innovation wird

Viele soziale Probleme lassen sich auch mit den sogenannten sozialen Innovationen angehen.

Potsdam - Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Raumbezogene Sozialforschung (IRS) in Erkner forschen seit mehreren Jahren zu Entwicklungen von Dörfern und Städten in ländlichen Regionen. Ihre Ergebnisse zeigen Kreativität, Innovationsfähigkeit und neue Perspektiven auch für ländliche Regionen auf. In den PNN berichten sie darüber.

Vielerorts arbeiten Menschen daran, soziale Probleme auf besonders kreative Weise zu lösen. Sie finden beispielsweise neue Wege im Umgang mit dem Leerstand im Quartier oder entwickeln neuartige Modelle zur Versorgung mit Lebensmitteln auf dem Land. Nicht selten werden diese Ansätze auch als soziale Innovationen bezeichnet. Für das Land Brandenburg sind soziale Innovationen kein Fremdwort, denn seit Jahren unterstützt das Bundesland auch Ansätze, die nicht so recht in die bereits bekannten Strukturen zur Förderung technischer und wirtschaftlicher Innovationen passen.

Probleme mit kleinen Strukturen lösen

Sprechen Wissenschaftler von sozialen Innovationen, dann meinen sie zumeist neuartige und übertragbare Denk- und Handlungsweisen zur Lösung sozialer Probleme. Das heißt auch, dass viele dieser Probleme eben nicht mit der großen und bahnbrechenden Erfindung bewältigt werden müssen. Im Gegenteil: Soziale Probleme können gerade dann gelöst werden, wenn bereits bekannte Lösungselemente auf ganz neue Weise miteinander kombiniert werden. Solche Ansätze stoßen dann auch häufig auf größere Akzeptanz in der Verwaltung und der Bevölkerung – was die Chancen auf eine Förderung und Umsetzung erhöhen kann.

Übertragen auf die Praxis heißt das, dass beispielsweise auch ein Dorfladen ohne Weiteres als soziale Innovation angesehen werden kann. Zwar sind Dorfläden als fußläufig erreichbare Orte der Versorgung mit alltäglichen Gütern und Dienstleistungen längst bekannt und vielen Menschen vertraut. Innovativ wird der Dorfladen jedoch, wenn er gemeinschaftlich organisiert oder um neue Services wie Post-, Bank- oder Apothekendienste erweitert wird. Werden zusätzlich Menschen mit Behinderung in den Servicebereich des Dorfladens oder lokale Anbieter von Produkten in den Verkauf einbezogen, entwickelt auch der einstige Tante- Emma-Laden eine ganz neue Qualität.

Gemeinschaftliches Arbeiten für mehr innovative Ideen 

Damit solche innovativen Ansätze Wirklichkeit werden, bedarf es kreativer Akteure, die neuartige Ideen entwickeln, neue Wege gehen und mutige Mitstreiter für das Projekt finden. Allerdings stehen auch diese Akteure häufig vor der Frage, wie sie eine Förderung für ihre Projekte erhalten können. Hier scheint es ein großes Informations- und Wissensdefizit auf Seiten der Akteure zu geben, denen die vielfältigen Fördermöglichkeiten häufig gar nicht bekannt sind. Daher bedarf es spezialisierter Vermittler wie beispielsweise Regionalmanagements oder Gründungsservices, die über die Möglichkeiten der Unterstützung informieren. Darüber hinaus stellen auch die Antragstellung an sich oder die Durchführung von Projekten eine große Herausforderung für die Akteure dar. Hier könnten spezielle Beratungs- und Qualifizierungsprogramme helfen. Akteure lernen dort, wie sie den sozialen Mehrwert ihres Projektes darstellen können und sie erwerben Kompetenzen zur Umsetzung von Projekten.

In der Praxis zeigt sich übrigens auch, dass Wettbewerbe bestens dazu geeignet sind, neuartige Ideen zur Lösung sozialer Probleme aufzuspüren, deren Umsetzung mit Hilfe von Preisgeldern anzustoßen und für Aufmerksamkeit bei potenziellen Nachahmern zu sorgen. Derartige Wettbewerbe werden häufig von öffentlicher Seite ausgelobt; nicht selten sind aber auch private Akteure wie Stiftungen oder Vereine in diesem Bereich aktiv. Besonders vielversprechend sind auch Formen des gemeinschaftlichen Arbeitens, die schon mancher innovativen Idee auf die Sprünge geholfen haben. Dabei spielt auch das lange Zeit gehypte und keinesfalls aus der Mode gekommene Crowdfunding eine wichtige Rolle – richtig durchgeführt ist es auch heute noch ein spannendes Instrument zur Finanzierung sozialer Innovationen.

Soziale Innovationen als Antwort auf soziale Probleme 

Kurzum: Soziale Innovationen sind wichtig, denn sie erweitern unsere Möglichkeiten zur Lösung von sozialen Problemen. Wir finden neuartige Lösungsansätze in vielen Bereichen des täglichen Lebens – sei es bei der Integration in Arbeit, der Sicherung der Daseinsvorsorge auf dem Land oder der Inklusion von Menschen mit Behinderung. Entscheidend ist, dass die kreativen Menschen bei der Entwicklung und Umsetzung ihrer neuartigen Ansätze unterstützt werden. Diese Unterstützung kann mannigfaltig sein und das breite Spektrum an Kommunikations-, Beratungs-, Qualifizierungs- und Finanzierungsmöglichkeiten umfassen.

In Brandenburg lohnt es sich, sozial innovativ zu denken und zu handeln. Das Bundesland hat Erfahrungen in der Förderung sozialer Innovationen und verfügt über Ansprechpartner, die auf dem Weg durch den Förderdschungel behilflich sein können. Einige Projektträger haben diese Unterstützung bereits in Anspruch genommen und innovative Wege zur Bewältigung der Jugendarbeitslosigkeit oder zur Entwicklung von Leerstand aufgezeigt. Längst informieren sich auch Delegationen aus anderen Ländern über die Aktivitäten in Brandenburg und tragen zur Verbreitung des hier erworbenen Wissens bei.

Dr. Tobias Federwisch ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Forschungsabteilung „Kommunikations- und Wissensdynamiken im Raum“ des Instituts für Raumbezogene Sozialforschung in Erkner. Er forscht zu sozialen Innovationen im ländlichen Raum sowie kreativen Ansätzen der gemeinschaftlichen Stadtentwicklung.

Tobias Federwisch

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