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Neues Domizil. Hier sollen Mitte 2017 die ersten Geoforscher einziehen.

© GFZ

Potsdamer Geoforschungszentrum expandiert: Weiter wachsen

Das Deutsche GeoForschungsZentrum (GFZ) in Potsdam will seine Mitarbeiter wieder rund um den Telegrafenberg bündeln. Im neuen Jahr will man zusammen mit anderen Instituten ein „Deutsches Zentrum für Erdsystemforschung“ aufbauen – und die Exzellenz weiter in den Fokus nehmen

Potsdam - Die Wissenschaftler des Deutschen GeoForschungsZentrums Potsdam (GFZ) weiten ihren Aktionsradius auf dem Telegrafenberg aus. Die wachsende Zahl der Mitarbeiter – zurzeit knapp 1200 – macht es nötig, dass neben dem Haupthaus im Wissenschaftspark Albert Einstein auch weitere Standorte geschaffen werden. Bisher mussten rund 150 Forscher bereits in Gebäuden im Stadtgebiet verteilt arbeiten. Nun wird das GFZ mit rund drei Millionen Euro die ehemalige Liegenschaft des Landesumweltministeriums an der Albert-Einstein-Straße für die Belange der Forschung ausbauen, um die Mitarbeiter am Telegrafenberg zu bündeln. In erster Linie werde die technische Infrastruktur auf den rund 2000 Quadratmetren Nutzfläche ertüchtigt, so der administrative GFZ-Vorstand Stefan Schwartze am Dienstag vor der Presse. Die ersten 80 Forscher sollen dann im Sommer 2017 einziehen können. Zur Finanzierung kommen 2,5 Millionen Euro vom Land Brandenburg, 550 000 Euro trägt das GFZ selbst.

Neues Laborgebäude im Wissenschaftspark geplant

Als nächster Neubau wird ein Laborgebäude, das GeoBioLab, an der nordwestlichen Ecke des Wissenschaftsparks errichtet. Baubeginn des zwölf Millionen Euro schweren Vorhabens soll Mitte 2017 sein. In Zukunft wollen die Geoforscher dann hinter dem ehemaligen Landtag Neubauten mit einer Geschossfläche von 11 000 Quadratmetern errichten. Der Zeitplan dafür ist allerdings noch offen.

Zusätzlicher Raum ist für die Wissenschaftler dringend nötig, im Vorjahr gab es zehn Neuberufungen von Professoren. Allein die Pläne für das neue Jahr fordern weitere Expansion. Zum einen hat sich das wichtigste deutsche Geoforschungszentrum vorgenommen, im Verbund mit acht weiteren Helmholtz-Instituten ein übergeordnetes „Deutsches Zentrum für Erdsystemforschung“ zu schaffen. Ziel ist es, die Erd- und Umweltforschung mit gebündelter Kraft neu aufzusetzen. Das GFZ zählt hier zu vier Kernzentren, die von der Politik Aufträge aus dem Bereich der sogenannten „Big Challenges“ erhalten – großer Herausforderungen, zu denen unter anderem Klimaschutz und Energiewende zählen. Dazu sollen sie Handlungsoptionen für die Gesellschaft geben. Ein Bereich, der zunehmend an Bedeutung gewinne, aber wie der Vorstandsvorsitzende Reinhard Hüttl sagte, auch immer schwieriger werde. Die Gesellschaft lehne zunehmend Forschungsbereiche ab. „Das Problem ist, dass ohne die Forschung nicht klar ist, ob bestimmte Vorhaben überhaupt möglich sind, dann hat man keine Option.“ So sei der im Weltklimavertrag von Paris beschlossenen Klimaschutz nach Hüttls Worten nicht ohne die sogenannte CCS-Technologie zur unterirdischen CO2-Speicherung möglich. Doch die wird in Deutschland abgelehnt.

Wärme aus der Erde wichtig für Energiewende

Ein anderer wichtiger Bereich für die Energiewende ist die Erdwärme. Das Geothermie genannte Verfahren erforscht das GFZ in Groß Schönebeck in der Schorfheide. Allerdings hat sich hier gezeigt, dass das rund 150 Grad heiße Wasser aus bis zu 4400 Metern Tiefe an diesem Standort recht salzhaltig ist, was zu Korrosion der Anlage führen kann. Hier gebe es noch weiteren Forschungsbedarf. Eine weitere Bohrung sei geplant, dürfte allerdings rund 20 Millionen Euro kosten.

Der Vorteil der Erdwärme ist, dass sie grundlastfähig ist – im Gegensatz zu Wind- und Sonnenenergie ist sie immer vorhanden. In höheren Erdschichten wird vom GFZ an Standorten in Berlin – aktuell am Reichstag – die unterirdische Speicherung von überschüssiger Wärme aus den Sommermonaten mit Erfolg betrieben. Dazu wird erwärmtes Wasser aus Gebäuden in rund 400 Metern Tiefe im Gestein gespeichert und bei Bedarf wieder als Energie genutzt. Umgekehrt ist das auch mit Kälte möglich. Ein neues Vorhaben dazu startet das GFZ in diesen Tagen als Kooperation mit der TU Berlin in der Charlottenburger Fasanenstraße. Mit dieser Form der Wärmespeicherung lasse sich beispielsweise CO2-frei heizen, so Hüttl. Geothermie sieht er als einen wesentlichen Teil für den Klimaschutz.

Konzepte gegen die Verockerung der Spree

Mit den Schäden, die durch die Energiegewinnung aus fossilen Rohstoffen entstanden sind, setzt sich das GFZ wiederum in Brandenburgs Braunkohlerevier, der Lausitz, auseinander. Zwei Forschungsprojekte befassen sich einerseits mit der nicht ungefährlichen Absenkung von Böden durch die ehemaligen Abbauflächen. Das andere Thema ist die Sulfat- und Eisenbelastung des Oberflächenwassers durch ansteigendes Grundwasser – was als Verockerung der Spree bereits für Aufsehen sorgte. Nicht nur ein ästhetisches Problem: Wasser mit erhöhtem Sulfatgehalt ströme nun auf den Metropolenraum Berlin zu. „Das wird zu einer Gefahr für das Trinkwasser“, sagte Hüttl. Zusammen mit der BTU Cottbus-Senftenberg und dem Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin (IGB) wurde nun ein Zentrum für nachhaltige Landschaftsentwicklung ins Leben gerufen.

Potsdamer Software spürt Kernwaffentests auf

Die Erschütterungen des Kernwaffenversuchs in Nordkorea Anfang dieses Jahres hatten die Potsdamer Geoforscher nicht nur als eine der ersten auf dem Schirm, vielmehr war es auch ihre Software, die von UN-Experten in Wien zur Auswertung der Signale genutzt wurde. Entwickelt hatten die Geoforscher der Landeshauptstadt die SeisComP3-Software ursprünglich für den Einsatz zur Tsunami-Warnung am Indischen Ozean. Mittlerweile habe sie sich zum globalen Standard entwickelt, so das GFZ.

Ansonsten wird das GFZ wie alle fünf Jahre auch 2016 die bekannte Potsdamer Kartoffel – eine räumliche Darstellung des Schwerefelds der Erde – überarbeiten, die Zusammenarbeit mit dem Oman zur solaren und geothermischen Energiegewinnung ausbauen und für eine mögliche neue Exzellenzinitiative einen Beitrag leisten, wozu die Vernetzungsplattform Geo.X die Grundlage sei. Irgendwann wird es vielleicht auch die schon mehrfach anvisierte Bodenstation für das europäische GPS-Projekt Galileo am GFZ geben – vorausgesetzt, die Satelliten gehen an den Start. Jan Kixmüller

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