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Potsdamer Forscher über Tsunami-Warnung: "Das Warnsystem hat funktioniert"

Das Deutsche Geoforschungszentrum in Potsdam bestätigt nach dem verheerenden Tsunami von Sulawesi das einwandfreie Funktionieren des Frühwarnsystems in Indonesien. Jetzt werden Lücken in der Übermittlung vor Ort gesucht.

Potsdam/Jakarta. Potsdamer Wissenschaftler haben auf die lauter werdende Kritik am Tsunami-Frühwarnsystem reagiert. Bereits fünf Minuten nach dem Erdbeben von Sulawesi war vom indonesische Frühwarnsystem, das nach dem verheerenden Tsunami an Weihnachten 2004 von einem internationalen Konsortium unter Federführung des Deutschen Geoforschungszentrums in Potsdam (GFZ) mit aufgebaut wurde, eine Warnung erfolgt. Der Tsunami hatte am Freitag dann nach 25 Minuten die Küste getroffen - eigentlich wären also für eine Evakuierung 20 Minuten Zeit gewesen.  

„Das Warnsystem hat funktioniert, wie vorgesehen“, erklärte Jörn Lauterjung vom GFZ am Dienstag gegenüber den PNN. Das System habe für Palu vor einem Tsunami zwischen einem halben und drei Metern Höhe gewarnt. Ob es Lücken in der der menschlichen Übermittlung der Warnung vor Ort in Sulawesi gab, müsse nun erst noch geklärt werden, sagte ein GFZ-Sprecher. 

Warnsystem seit 2011 in Betrieb

Das System war 2011 an die indonesischen Behörden übergeben worden. „Seitdem ist es im operationellen Betrieb“, sagte Lauterjung zu Medienberichten, wonach sich das System immer noch in einer Testphase befinde. Dass es keine Messdaten von dem Pegel in Palu gab, dem Ort der am stärksten von der Flutwelle getroffen wurde, liege daran, dass die Station am 28. September – also einen Tag vor dem Beben – ausgefallen war. 

Die am nächsten gelegene Messstation ist rund 200 Kilometer von Palu entfernt. Die Pegeldaten dienen laut GFZ aber nicht zur Erstellung der Warnmeldung, sondern zur Messung und Verifizierung eines Tsunamis, wenn er an der Pegelstation ankommt.

Indonesische Behörden weisen Vorwürfe zurück 

Von der indonesischen Behörde für Meteorologie, Klimatologie und Geophysik (BMKG) hatte es geheißen, dass man aufgrund der vorhandenen Daten die Lage habe einschätzen müssen. Kritik gibt es vor allem die frühzeitige Aufhebung der Tsunami-Warnung. Diesen Vorwurf wiesen die indonesischen Behörden nun zurück. Zum Zeitpunkt der Entwarnung rund eine halbe Stunde nach dem Erdbeben habe es keine Tsunami-Wellen mehr gegeben. 

Aus Sicht des (GFZ) war das jedoch zu früh. Das System sehe eigentlich vor, solche Warnungen mindestens zwei Stunden aufrecht zu halten. „Das Standardverfahren gibt es nicht ohne Grund. Es könnten Wellen folgen“, sagte GFZ-Sprecher Josef Zens auf faz.net. Auch entgegnete das GFZ Medienberichten, wonach fehlerhafte Bojen Ursache zum angebliches Versagen des Frühwarnsystems geführt hätten. „Seit 2010 gibt es keine Bojen mehr. Das System ist so konzipiert, dass es ohne Bojen funktioniert“, stellte GFZ-Sprecher Zens auf Twitter klar.

Die Bevölkerung sollte eigentlich per Lautsprecher gewarnt werden

Die Wissenschaftler am GFZ wissen derzeit noch nicht, warum die Warnung nicht bei der Bevölkerung angekommen ist. „Das normale Prozedere wäre, dass die Menschen durch Lautsprecherdurchsagen, Sirenen und über die Medien gewarnt werden“, so Zens. Davon, dass die Sirenen am Strand durch ein Erdbeben ausfallen könnten, hätte vor Ort mit eingeplant werden müssen. „Man muss damit planen, dass bei einem Erdbeben die Infrastruktur in Mitleidenschaft gezogen wird und Lautsprecher unabhängig vom normalen Stromnetz sind“ so Zens auf faz.net. Man brauche Notstromaggregate. „Ob es das dort gab, wissen wir nicht.“

Gegenwärtig würden dem GFZ noch zu wenige Informationen vorliegen. „Was schief gelaufen ist, versuchen wir im Laufe der Woche nach Rücksprache mit den Beteiligten in Indonesien zu klären“, erklärte Zens. „Für uns ist das ein Tragödie, wenn man sieht, wie viele Opfer es da gibt“, sagte der GFZ-Sprecher. „Das nimmt uns mit und macht uns betroffen und traurig“, so Zens.  „Wir würden gerne dabei helfen, so etwas in Zukunft zu verhindern.“

Schwerste Katastrophe für Indonesien seit dem Tsunami 2004 

Der Tsunami war am Freitag durch Erdbeben der Stärke 7,5 vor Sulawesis Küste ausgelöst worden. Die Zahl der Toten ist nach Angaben der nationalen Katastrophenschutzbehörde vom Dienstag auf mindestens 1234 gestiegen. Die Beben und der Tsunami könnten nach Einschätzung des Unicef-Mitarbeiters Gregor Henneka die schwerste Katastrophe für Indonesien seit dem verheerenden Tsunami 2004 oder zumindest seit dem Erdbeben in Padang vor knapp zehn Jahren sein. Das zeige allein die Tatsache, dass die Regierung die betroffene Gegend zum ersten Mal seit zehn Jahren für die internationale Hilfe geöffnet habe, sagte Henneka, der für das UN-Kinderhilfswerk in Jakarta ist, im WDR-Radio. 

Die Behörden befürchten, dass die Zahl der Opfer weiter steigt. Viele werden noch unter den Trümmern vermutet. (mit epd, dpa)

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