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POSITION: Wissenschaftliche Spitzenleistungen

An der Brandenburgischen Landeshochschule war Forschung zentral Von Ludwig Brehmer

Zum 25-jährigen Jubiläum der Gründung der Universität Potsdam können alle Beteiligten stolz auf das Erreichte sein. Allerdings sollte man sich daran erinnern, dass es bereits mit der 1948 gegründeten Brandenburgischen Landeshochschule (BLH, ab 1951 Pädagogische Hochschule PHP, 1990 wieder BLH), eine 43-jährige Universitätsvorgeschichte gab. Die BLH war den Universitäten der DDR gleichgestellt und mit allen Rechten ausgestattet.

Unter unsäglichen Schwierigkeiten und schwierigen politischen Bedingungen wurde die BLH/PHP/BLH aus dem Nichts geschaffen und zu einer „Hochschulstadt in Sanssouci“ entwickelt. Der erreichte Leistungsstand der BLH schuf die Voraussetzung für die kontinuierliche Fortführung von Lehre und Forschung in der Gründungs- und Aufbauphase der Universität. Die Einheit von Forschung und Lehre wurde seit der BLH-Gründung praktiziert, dokumentiert nicht nur durch das Vergaberecht akademischer Titel, sondern vor allem durch die 40-jährige praktizierte Forschungsarbeit. An der BLH/PHP wurden über 2100 Promotionen und mehr als 220 Habilitationen nach den gleichen Regularien, wie sie auch heute noch an der Universität praktiziert werden, erfolgreich abgeschlossen. Allein dies entspricht einem Forschungsumfang von 10 000-Mann-Jahren. Es gab ein Forschungsprorektorat, das erste Drittmittelprojekt wurde bereits 1950 akquiriert. Die Projektarbeit steigerte sich in den Folgejahren enorm und erreichte 1988 Forschungseinnahmen nur der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät (MNF) von über 3,5 Millionen Mark. Die Studenten wurden durch ein obligatorisches Seminar „Selbständiges wissenschaftliches Arbeiten“ an die Forschung herangeführt, eine wissenschaftliche Zeitschrift herausgegeben, Forschungsergebnisse in referierten Zeitschriften publiziert, ebenso Monographien und Lehrbücher. Es wurden Forschungsstipendien und Aspiranturen vergeben, Die Forschungen erfolgten zunehmend gemeinsam mit den Industriekombinaten, Forschungsergebnisse wurden patentiert (an der MNF 1988: 33 Patente), Forschungsexpeditionen und internationale Forschungsprojekte initiiert und geleitet, nationale und internationale Fachkonferenzen (1988 allein von der MNF 20) organisiert u.v.a. Mehrere Professoren der MNF wurden aufgrund ihrer wissenschaftlichen Spitzenleistungen in die Akademie der Wissenschaften und Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt. Von einer wissenschaftlichen „Steppenlandschaft“ vor der Gründung der UP zu sprechen, verlangt völlige Unkenntnis über die Forschung an der PHP/BLH, wie im Offenen Brief von 28 Professoren aufgezeigt wird (siehe Uni-Homepage: 25 Jahre UP)

Die Errichtung der Universität erfolgte am 15.7.1991 durch den damaligen Wissenschaftsminister Hinrich Enderlein. Dabei wurde die BLH in die UP integriert und brachte praktisch das gesamte BLH-Personal von etwa 1500 Hochschulangehörigen, die drei Hochschulstandorte der BLH (Neues Palais, Griebnitzsee und Golm) und über 3000 Studenten in die Universität ein. Damit waren trotz vieler Schwierigkeiten bei der Integration gute Startbedingungen für die neu errichtete Universität gegeben. So übernahmen in der MNF ausschließlich Professoren der ehemaligen BLH, die sich während ihrer „Mittelbau-Zeit“ (im Gegensatz zur Darstellung in den PNN vom 27.1.16) akademisch durch anerkannte Forschungsleistungen qualifiziert hatten, die Leitung aller Fachbereiche und Institute einschließlich des Dekanats in der Regel bis zu ihrer Emeritierung. Sie haben nicht nur die PHP/BLH mit aufgebaut und profiliert, sondern auch die Universität. Auch der von der BLH in die UP übernommene Mittelbau war hoch qualifiziert. So betrug der Anteil der promovierten und habilitierten Mitarbeiter in der MNF 80 Prozent. Die erste Generation des Universitätspersonals wurde in der Gründungsphase fast ausschließlich aus dem Personalbestand der BLH gebildet. Die Universität hat den ehemaligen Professoren und dem wissenschaftlichen Mittelbau der BLH viel zu verdanken, möglicherweise sogar ihre Existenz.

Der Autor war von 1992 bis 2004 Professor für Festkörperphysik an der Uni Potsdam und von 1965 bis 1973 Mitarbeiter an der PHP

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