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Pilotprojekt an der Uni Potsdam: Vorbild Potsdam

Ein Pilotprojekt für geflüchtete Lehrer ist stark nachgefragt – die Universität hofft nun auf Nachahmer in anderen Bundesländern.

Das Pilotprojekt der Universität Potsdam „Refugee Teachers“ für geflüchtete Lehrer ist nach Ansicht der Stadtverwaltung ein wertvoller Baustein bei der Integration von Flüchtlingen. So ausgebildete Lehrer könnten durch ihre sprachliche und interkulturelle Kompetenz wichtige Arbeit leisten, sagte die Sprecherin der Stadtverwaltung, Christine Homann, am gestrigen Donnerstag den PNN. Auch die Projektleiterin Miriam Vock betonte, dass die Lehrer wichtige Brückenbauer seien und auch den Lehrermangel beheben könnten. Doch den tatsächlichen Bedarf und die Nachfrage kann auch die Universität Potsdam nicht decken.

Wie berichtet haben sich 700 Interessenten für das bisher deutschlandweit einmalige Projekt beworben, doch es gibt lediglich Platz für 60 geflüchtete Lehrer, die für den Unterricht an deutschen Schulen fit gemacht werden sollen. „Das lässt sich nicht unendlich größer machen“, sagte Vock. Die Kapazitätsgrenze sei bereits erreicht. Eine Ausweitung des Programms sei in der Landeshauptstadt nicht möglich. Wegen des großen Interesses hoffe sie, dass das Projekt nun auch an anderen Universitäten Schule mache, sagte Vock. Bislang sei ihr davon aber nichts bekannt.

Das Wissenschaftsministerium fördert das Projekt mit 200 000 Euro

Ursprünglich waren nur 15 Plätze für das Projekt vorgesehen, doch dann war das brandenburgische Wissenschaftsministerium so begeistert davon, dass es aufgestockt werden konnte. Das Ministerium finanziert das Projekt in diesem Jahr mit rund 200 000 Euro.

Initiiert wurde „Refugee Teachers“, das im April starten soll, von Vock, die Professorin für Empirische Unterrichts- und Interventionsforschung ist. Die 41-Jährige zeigte sich selbst überrascht davon, dass sie damit offene Türen bei vielen Flüchtlingen einrennt. Die meisten Bewerber seien aus Syrien geflohen, einige kämen aus Afghanistan oder dem Iran. „Die Bewerber sind zum ganz überwiegenden Teil hoch qualifiziert, berufserfahren und hochmotiviert“, sagte sie. Viele Bewerbungen seien auf Englisch, einige in Deutsch.

Erster Unterricht noch in diesem Jahr

In dem Projekt sollen Geflüchtete, die in ihrer Heimat Lehramt studiert und bereits Erfahrung als Lehrer an Schulen gesammelt haben, weitergebildet werden und Deutsch lernen. Laut Vock könnten einige noch in diesem Jahr erste Erfahrungen vor der Klasse sammeln. Nach einem mehrmonatigen Deutschkurs sollen sie dort hospitieren. Für den Sprecher des Wissenschaftsministeriums, Martin Sand, werden sie wohl zunächst vor allem in Willkommensklassen eingesetzt. Obwohl kein qualifizierender Abschluss vermittelt wird, sieht Vock gute Chancen. „Es gibt einen großen Bedarf an Lehrkräften.“ Die Universität, die früh Programme für Flüchtlinge angeboten hatte, könne die Menschen aber nur ausbilden, nicht einstellen.

Schnell werden die angehenden Lehrer den Stellenmarkt für Pädagogen aber nicht entlasten können. Die Bewerber müssten alle Voraussetzungen erfüllen, um an einer Schule im Land unterrichten zu dürfen, sagte Engels. Und das kann dauern.

Fehlende Lehrer sorgen für Unterrichtsausfall

Dabei gibt es seit Jahren in Brandenburg Probleme beim Lehrernachwuchs. Im vergangenen Jahr gipfelte die Situation an den Schulen im Land darin, dass knapp 1500 Schüler in einigen Fächern keine Noten auf ihre Zeugnisse bekamen – wegen Lehrermangels und Unterrichtsausfalls. Auch in Potsdam fielen 2014 an manchen Schulen rund zehn Prozent der Schulstunden aus. Erst das Vertretungsbudget für Aushilfslehrer führte im vergangenen Jahr dazu, dass sich die Ausfallzahlen besserten. Dennoch sucht das Land weiter geeignete Pädagogen.

Der Bedarf ist enorm. So sollen bis zum Ende der Legislaturperiode in Brandenburg rund 4300 Lehrkräfte eingestellt werden. Während Potsdam noch relativ gut dasteht, leiden besonders die ländlichen Regionen unter Lehrermangel. Doch selbst in der Landeshauptstadt konnten zum Schuljahresbeginn im Herbst mehrere Grundschulen erst verspätet einen Stundenplan vorlegen, da Stellen doch nicht besetzt wurden. Dies stelle jedes Jahr „eine kleine Zitterpartie“ dar, sagte damals die Leiterin der Grundschule im Bornstedter Feld, Kerstin Hoffmann. Derzeit werden laut Bildungsministerium etwa 5000 Flüchtlingskinder unterrichtet. Allein in Potsdam sind es rund 170 Kinder.

Stefan Engelbrecht

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