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Andreas Taubert reinigt mit Papayasamen Trinkwasser.

© Andreas Klaer

Nicht nur Haare schneiden: „Uni findet Stadt“: Neue Reihe in Friseursalon

Wie reinigt man Trinkwasser mit Papayasamen? Das erklärte Chemiker Andreas Taubert im Rahmen der Reihe "Uni findet Stadt".

Potsdam - Zum Schluss steht die Friseurmeisterin Jana Schulze-Fengler in ihrem Salon und strahlt. „Ich hätte nie gedacht, dass so viele kommen“, sagt sie. Immerhin hat sie nur Familie und Freunde darüber informiert, dass sie gemeinsam mit Antje Horn-Conrad von der Uni Potsdam eine kleine Veranstaltung plant. „Uni findet Stadt“, so das Motto, das beide gerne zu einer Reihe ausbauen möchten. Denn: „Der Kopf ist nicht nur zum Haareschneiden da!“ Die spannenden Gespräche mit ihren Kunden haben sie darauf gebracht. Neben anderen ist das auch Antje Horn-Conrad, die regelmäßig die von ihr mit herausgegebenen Forschungszeitschriften der Uni neben die klassisch-bunte Frisiersalonlektüre ihrer Freundin legt.

Ziel der beiden ist es, die am Rande der Stadt liegenden Forschungsinstitute, in denen so viele kluge Köpfe lehren und Ideen entwickeln, in die Mitte der Gesellschaft zu holen. Wie am Montagabend. Da sprach in Schulze-Fenglers Friseursalon in der Jägerstraße vor mehr als 50 Gästen Andreas Taubert, Professor für Supramolekulare Chemie an der Uni Potsdam, über sein aktuelles Projekt: „Wie sich mit Papayasamen verschmutztes Wasser reinigen lässt.“ Für einen Friseursalon keineswegs an den Haaren herbeigezogen, findet André Zibolsky, der Inhaber von „in Vino“, der Wein ausschenkte. „Das Thema Wasser passt gut hierher.“

2015 weltweit 900 Millionen Menschen ohne sauberes Trinkwasser

So exotisch sich Wasserreinigung mit Papayasamen auch anhört: Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO hatten im Jahr 2015 weltweit 900 Millionen Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Viele von ihnen leben in Nigeria, dem mit rund 200 Millionen Einwohnern bevölkerungsreichsten Staat Afrikas. Ihre Lebenserwartung lag 2015 nur bei 51,2 Jahren – eine der niedrigsten weltweit. Einer der Gründe dafür ist das schmutzige Wasser. 

Trink- und Abwasserleitungen sind in Nigeria nicht überall getrennt, wenn es denn welche gibt, Fäkalien sickern so leicht ein. So ist das Wasser Träger der landesüblichen Bakterien, darunter auch solche, die Cholera und Typhus hervorrufen. Außerdem vergiften Überbleibsel des Elektroschrott-Recyclings den Boden: Nickel, Blei, Cadmium und Quecksilber, führen zu Schmerzen im ganzen Körper, Knochenerweichung, Nierenversagen.

Verfahren in Fleißarbeit entwickelt

Das alles war dem Materialchemiker Taubert bewusst, erzählt er, als ihn 2011 der nigerianische Forscher Emmanuel Unuabonah um Hilfe bat: Wasser möglichst kostengünstig zu filtern. „Wir haben pro Kilogramm Filtermaterial etwa zwei Cent zur Verfügung“, umreißt er knapp. In mühseliger Fleißarbeit haben er und sein zum Freund gewordener Kollege ein Verfahren entwickelt, in dem Ton (Kaonit) und Papayasamen zu großporigen Filtern gebrannt werden.

Zwei Stunden berichtete Andreas Taubert von der Chemie hinter den Dingen, den Versuchsreihen und den wissenschaftlichen Querverbindungen, die sich bei dem Vorhaben an den erstaunlichsten Stellen ergeben hatten. Möglicherweise ist die Erzieherin Antje Schwingbeck künftig eine von diesen Querverbindungen: Im Hort der Marie-Juchaz-Grundschule in Golm will sie mit den Kindern einen solchen Filter nachbauen. „Geht am besten mit Rotkohlsaft“, erklärt Chemiker Taubert. In dem Friseursalon ist seine Forschung nun in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

Stefanie Schuster

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