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Kurzgefasst. Die Postkarte musste Theodor Fontane gefallen haben.

© dpa

Homepage: Nicht ins Schwatzen gekommen

Das Briefwerk des Dichters Theodor Fontane war Thema einer Tagung der Fontane-Gesellschaft an der Uni Potsdam

Man kann Theodor Fontane nicht absprechen, dass er seine Geschichten zumeist in voller Breite erzählt. Die Romane sind dafür der beste Beleg. Er war aber auch ein begnadeter Briefeschreiber. Dem Briefwerk wird längst der gleiche literarische Rang zuerkannt wie den fiktionalen Texten. Nicht eine hochtrabende, intellektuelle und geistig anstrengende Sprache begegnet darin dem Leser, sondern die schon beinah verblüffende Schlichtheit im Umgang mit Wort- und Satzbau.

Diesen Schreibstil pflegte er auch in der Vielzahl von Schreiben an die Familie, Freunde oder Verleger, in denen er sich über Kunst und Literatur, über Alltag und Politik äußerte, verbunden mit einer Portion Humor. Er sei ins Schwatzen gekommen, teilte der Dichter einem Briefpartner mit. Und vermerkte, dass derlei auf der Postkarte nicht passiert wäre. Fontane konnte sich auch kurzfassen. Ja, sogar knickrig mit Worten umgehen, vor allem wenn ihn der Austausch mit einem Briefpartner nicht sehr am Herzen lag oder wenn nur eine Information anlag. Da muss ihm die Postkarte zupassgekommen sein.

Rainer Falk, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Theodor-Fontane-Archivs, hat sich mit dem Thema „Fontane und die Postkarte“ intensiv beschäftigt. Seine Ergebnisse fasste er nun in einem Vortrag während einer dreitägigen Tagung zum Thema „,Wie immer ihr Th. F.’ – Theodor Fontanes Briefe im Kontext“ zusammen. Das Archiv initiierte die Veranstaltung gemeinsam mit der Fontane-Gesellschaft in Kooperation mit dem Institut für Germanistik der Universität Potsdam.

Die „zweite Säule von Fontanes schriftstellerischer Lebensarbeit“, die Briefe, sind bisher in 40 Ausgaben erschienen und etwa 5000 Fontane-Briefe publiziert. Da war es durchaus von Erkenntnisgewinn, dass die Tagung sich mit den Postkarten beschäftigte, einem für die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts neuem Medium, das Fontane für Kurzinformationen anscheinend gern nutzte. Er schrieb aber auch auf Karten, die Ansichten von Orten zeigten, in denen er gern weilte. Also bildliche Grüße von zahlreichen Reisen. Auch mit der Lithografie seines Konterfeis versandte der Dichter Bildpostkarten.

„1865 wurde in Preußen die offene Correspondenzkarte eingeführt. Zuvor gab es bereits Postkarten, doch durften sie nur in einem Briefumschlag verschickt werden“, berichtete Rainer Falk. 1885 wurde die offizielle Beförderungsbewilligung der Deutschen Reichspost für Bild-Postkarten erlassen. „Doch ohne ein Reglement für Benutzer ging es nicht. Man teilte mit, dass die Rückseite des Formulars in ihrer ganzen Ausdehnung zu brieflichen Mitteilungen jeder Art benutzt werden kann. Die Adresse ist mit Tinte, Bleifeder oder farbigen Stiften zu schreiben“, zitiert Falk die Benutzer-Ordnung für Postkarten. Es heißt darin auch: „Der Absender ist nicht verpflichtet sich namhaft zu machen.“

Wenn sich Briefe nicht ausdrücklich an die Öffentlichkeit wenden, gehören sie in den Bereich einer privaten Kommunikation. Somit genießen sie das Recht des Persönlichkeitsschutzes. In seinem Vortrag zum Thema „Zwischen privater Nachricht und geistiger Schöpfung“ sagte der Essener Literatur- und Medienwissenschaftler Thomas Ernst: „Weil das geistige Eigentum fundamentale und kulturell weitreichende Schutzrechte nach sich zieht, liegen die Hürden, um einen Text, den man als ‚geistige Schöpfung’ bezeichnen kann, recht hoch.“ Briefen von bedeutenden Persönlichkeiten wurde um 1900 jedoch der „Werk“-Charakter abgesprochen, beispielsweise von dem Komponisten Richard Wagner oder dem Philosophen Friedrich Nietzsche. Dabei ist es verständlich, dass Leser Einblick in biografische Details von Schriftstellern, Malern, Komponisten usw. erhalten möchten. Aber Ungenauigkeiten oder Manipulationen haben dabei das Bild der jeweiligen Persönlichkeit nicht wahrheitsgetreu gezeichnet. „Bei Fontanes Briefeditionen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts kann man feststellen, dass sie nicht jene wissenschaftliche Höhe, die den Werkstatus der jeweiligen Briefe Fontanes legitimiert, erreichten. Es gibt sogar ernüchternde Beispiele“, so Thomas Ernst. So wurden Collagen aus Fontane-Briefen gestaltet, von denen einzelne in der Ausgabe „Letzte Auslese der Briefe an die Freunde“ 1943 erschienen.

Der Medienexperte ging auch auf die digitale Briefedition, die das Theodor-Fontane-Archiv seinen Benutzern im Sinne der Informationsplattform „Open Access“ frei zugänglich anbietet, ein. Es sollte jedoch genauer geklärt werden, welche Form des „Open Access“ als Rechtsform gewählt werden soll, denn ein möglichst schrankenloser Zugang sowie eine funktionierende Schnittstelle zu anderen verwalteten Orten von geordneten Dokumenten seien dafür unabdingbar, so Thomas Ernst. Klaus Büstrin

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