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Riskant. Pflanzen zur CO2-Reduktion einzusetzen, kann die Erde überlasten.

© dpa

Homepage: Nicht alles auf die grüne Karte setzen

PIK-Studie: Das Verfahren negativer Emissionen kann riskant werden. Wichtiger sei es, den Treibhausgas-Ausstoß sofort zu reduzieren

Um den Klimawandel in einem Bereich zu halten, der nicht zur unumkehrbaren Katastrophe führt, ist nach Ansicht von Klimaforschern nicht nur die Reduzierung von Treibhausgasen nötig, sondern auch das aktive Entziehen von Kohlendioxid aus der Atmosphäre. Für solche „negativen Emissionen“ müssten im großen Stil Bäume oder Gräser in Plantagen angepflanzt werden, die der Atmosphäre gezielt CO2 entziehen. Eine aktuelle Studie von Forschern des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) kommt nun aber erstmals zu dem Schluss, dass dies zwar langfristig einen Beitrag zum Klimaschutz bedeute, den Planeten jedoch in anderen Bereichen über ökologische Belastungsgrenzen hinaustreiben würde. Die im Fachjournal „Nature Climate Change“ veröffentlichte Studie bewertet entsprechende Verfahren äußerst kritisch: „Wenn Biomasse-Plantagen, in denen Pflanzen beim Wachstum Kohlendioxid binden, massiv ausgeweitet werden, würde das für ohnehin belastete Bereiche wie Biodiversität, Nährstoffkreisläufe, Wasserhaushalte und Landnutzung enorme Risiken bedeuten“, so die Forscher. Biomasse als CO2-Speicher könne daher nur in begrenztem Umfang einen Beitrag leisten, so die Studie. „Um das Klima zu stabilisieren, ist das alles Entscheidende die rasche Senkung von Treibhausgas-Emissionen aus der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas“, lautet ein Fazit der Wissenschaftler.

Die CO2-Emissionen lassen sich demnach durch Biomasse und das CCS-Verfahren (Carbon Capture and Storage / Abspaltung und unterirdische Speicherung von CO2) nur mit erheblichen Umweltschäden bei anderen Belastungsgrenzen des Planeten nennenswert kompensieren, erklärt Vera Heck, Leitautorin der Studie. „Werden diese ökologischen Leitplanken dagegen konsequent berücksichtigt, ist das Potenzial für Biomasse als CO2-Speicher nur sehr gering.“

Dieter Gerten, Leiter der Arbeitsgruppe des PIK zu Planetaren Grenzen, sagte zu dem Ergebnis: „Unsere Arbeit belegt, dass es hoch riskant wäre, als Strategie zum Erreichen der Klimaziele nur auf diese Karte zu setzen.“ Auch in der Landwirtschaft und der Wassernutzung sei ein rascher Übergang zu nachhaltigem Management erforderlich, um die Belastungen für die globale Umwelt möglichst gering zu halten. „Um in diesem größeren Zusammenhang die Klimaziele zu erreichen, ist es mithin unverzichtbar, jetzt sofort CO2-Emissionen zu reduzieren, statt auf vermeintlich grüne Technologien zu setzen, die ein gemächlicheres Tempo ausgleichen sollen.“

Das Konzept der Planetaren Grenzen umfasst zentrale Prozesse und Systeme, die die Stabilität und Widerstandskraft des Erdsystems bestimmen und damit die Umweltbedingungen prägen, die das Fundament der heutigen Gesellschaften sind. Einige dieser Belastungsgrenzen sind nach Erkenntnissen der Forscher bereits überschritten. Schutzmaßnahmen in einem Bereich könnten negative Folgen für einen anderen haben. Das zeige die Studie am Beispiel negativer Emissionen als mögliche Maßnahme für den Klimaschutz sehr deutlich, so Ko-Autor Wolfgang Lucht.Jan Kixmüller

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