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Kind vernachlässigt: Kommissarin Elke Welp (Nina Kronjäger, l.) befragt Katja Spilker (Anja Gräfenstein), die Mutter der vermissten Mia.

© RTL

Neues Krimi-Format bei RTL: Alarm in Frankfurt

Das Gütesiegel „echt“ sorgt für einen ganz eigenen Nervenkitzel: Mit einem neuen Format will RTL den Krimi näher an den Zuschauer bringen.

„Der folgende Fall basiert auf wahren Ereignissen“, heißt es zu Beginn jeder Folge von „Tatverdacht – Team Frankfurt ermittelt“. Wenn sich RTL auf die Wirklichkeit beruft, sollte man eigentlich besser in Deckung gehen. Das gilt insbesondere für das Tagesprogramm, wenn im „Blaulicht Report“ Polizisten und Ärzte den eigenen Alltag simulieren oder Laiendarsteller für allerlei „Verdachtsfälle“ und „Betrugsfälle“ herhalten müssen.

„Scripted Doku-Soap“ nennt der Sender diese Form des Trash-Fernsehens, mit dem die Stunden bis zur Primetime preisgünstig überbrückt werden. „Tatverdacht“ dagegen ist ein Remake der Serie „Suspects“ des englischen Privatsenders Channel 5, in den Hauptrollen besetzt mit der gestandenen Schauspielerin Nina Kronjäger als Hauptkommissarin Elke Welp sowie mit Aleksandar Radenkovic und Nachwuchsdarstellerin Natalja Joselewitsch als weiteren Ermittlern.

Die Idee, Krimis nach wahren Fällen zu erzählen, ist fast so alt wie das Fernsehen selbst. Vor 60 Jahren startete der NDR die Reihe „Stahlnetz“ von Jürgen Roland und Wolfgang Menge. Bis heute liefert die Realität die irrsinnigsten Vorlagen („Gladbeck“) und ausreichend Stoff, um eine Fahndungs-Reihe wie „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ 50 Jahre auf dem Bildschirm zu halten.

Das Gütesiegel „echt“ sorgt dabei für einen ganz eigenen Nervenkitzel: Denn dieses Verbrechen ist nicht die Ausgeburt morbider Autoren, sondern hat es tatsächlich gegeben. Es hätte womöglich überall geschehen können, auch in der eigenen Nachbarschaft. Die erste Folge der neuen RTL-Reihe „Tatverdacht – Team Frankfurt ermittelt“ erzählt vom Albtraum aller Eltern: Die zweijährige Mia wird vermisst.

Hinter dem Verschwinden steckt eine Familientragödie

Und mit den ersten Bildern stellt sich das vertraute „Aktenzeichen XY“-Gefühl ein. Wie bei dem ZDF-Klassiker ist Michael Brennicke als Off-Stimme zu hören, zudem wird der Fall in einer Einleitungsszene skizziert. Man sieht die kleine Mia in der Obhut zweier Jugendlicher, die im Park spielen. Dann wird sie liebevoll zu Bett gebracht, aber was dann geschieht, wird nur angedeutet.

Hinter dem Verschwinden steckt eine Familientragödie, die nach und nach durch die Befragungen von Mias Vater, Mutter, Bruder und Großmutter zum Vorschein kommt. Das ist trotz manch überraschender Wendung etwas mühsam, nicht zuletzt wegen der von „Suspects“ übernommenen Idee, die Schauspieler improvisieren zu lassen.

Sie erhalten keine Dialogtexte, sondern nur mehr oder weniger genaue Vorgaben, die sie mit Leben zu erfüllen haben. Wirklich überzeugend gelingt das vor allem einigen Nebendarstellern nicht. Dass eine solche Machart zu mehr Realitätsnähe führen würde als bei von Autoren präzise entwickelten Szenen und Dialogen, lässt sich auch nicht beobachten. Innerhalb von nur einer Woche wurden jeweils zwei komplette Folgen von „Tatverdacht“ abgedreht – scheint so, als wollte der Sender das Konzept der „scripted reality“ mal auf einem höheren Niveau in der Primetime testen.

In jeder Folge stehen die Ermittlungen der Polizei bis zur Auflösung des Falls im Mittelpunkt. Konzentriert auf 45 Minuten, hat die Reihe solide, verlässliche Spannung ohne ablenkende Nebenstränge etwa zum Privatleben der Ermittler zu bieten. Abgesehen von der Spurensicherung am Tatort beschränkt sich die Inszenierung meist auf den Handlungsort Kommissariat.

Da wuseln viele Statisten umher und sorgen für eine gewisse Geschäftigkeit in der Kulisse, aber die eigentliche Polizeiarbeit leisten allein Elke Welp und ihre beiden Helfer. Das Trio ist viel auf den Beinen, auch sorgt die Kamera mit wackligen Bildern für Unruhe, aber auf Krimi-typische Action wird verzichtet. Selbst eine Festnahme wie in der zweiten Folge, in der die Frau des Kommissariatsleiters Ackermann vergewaltigt wird, wird unspektakulär inszeniert. Insofern ist „Tatverdacht“ der Gegenentwurf zu einer Krachbumm-Serie wie „Alarm für Cobra 11“.

Während „Suspects“ in London spielte, haben sich RTL und die Produktionsfirma Ufa Serial Drama für Frankfurt am Main als deutschen Schauplatz entschieden, der aber in keinem Zusammenhang mit den realen Tatorten steht. „Es dient der gesamten Atmosphäre des Formats und dem authentischen Anspruch: Hier könnte es sich so zugetragen haben“, sagt RTL-Sprecher Frank Rendez. Der Fall der zweijährigen Mia trug sich in Wahrheit in England zu.

„Tatverdacht – Team Frankfurt ermittelt“, RTL, donnerstags, 22 Uhr 15

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