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Neue Serien und Dokus bei Netflix, Amazon, Sky: Übermächtig, ohnmächtig, eigenmächtig

„Sense8“, „Goliath“, „Augenzeugen“: Was Streamingdienste und Pay-TV im Juni als Alternative zum WM-TV bieten.

Gemeinsam sind wir stark – das war eine der Botschaften der Netflix-Serie „Sense8“. Die Serie von Lana und Lilly Wachowski („Matrix) sollte eines der größten Prestige-Objekte des Streamingdienstes werden. „Sense8“ kannte keine Grenzen: die Serie handelte von acht jungen Menschen aus verschiedenen Ländern und Kontinenten, deren Schicksal auf metaphysische Art mental und emotional verknüpft war. Damit stand „Sense8“ zugleich sinnbildlich für den Anspruch von Netflix als Global Player des neuen Fernsehzeitalters. Der Aufwand, den die Wachowskis betrieben, kannte jedoch ebenfalls keine Grenzen. Um unter authentischen Bedingungen und den richtigen Lichtverhältnissen drehen zu können, reisten Schauspieler und Crew rund um die Welt. 2017 zog Netflix-Chef Reed Hastings nach zwei Staffeln jedoch den Stecker, weil für ihn Aufwand und Ertrag im falschen Verhältnis standen – zumindest für eine dritte Staffel.

Aus kaufmännischer Sicht mag die Absetzung berechtigt sein. Dennoch hat sich Netflix verkalkuliert. So kann man weder mit den Wachowskis noch mit den zahlenden Kunden umgehen, denen das Schicksal der Sense8-Figuren nicht gleichgültig war. Mit einem zweieinhalbstündigen Special wird „Sense8“ nun doch zu einem halbwegs zufriedenstellendem Ende gebracht. Die Macht der Verbraucher gilt es offenbar ebenso für Serienfans, wenn auch mit spürbaren Abstrichen. Es gibt kein wildes Location-Hopping mehr und auch sonst musste Lana Wachowski ihre Ansprüche herunterschrauben. Wichtig jedoch ist: Die Sense8 holen nun aus zum Gegenschlag gegen den bislang übermächtigen Feind. Zunächst muss aber der deutsche Sense8 Wolfgang (Max Riemelt) aus den Fängen der BPO befreit werden. Das Serienfinale wird an diesem Freitag freigegeben. Zu den Serien-Highlights von Netflix im Juni gehören ferner die zweiten Staffeln von „Glow“ und „Marvel’s Luke Cage“.

Der Zweikampf vom großen Goliath gegen den kleinen David war und ist eine unschlagbare Geschichte. In der Version von Amazon Prime wird das immer wieder fesselnde Narrativ zur Anwaltsserie, kreiert vom Genrespezialisten David E. Kelly („Alley McBeal“, Boston Legal“). Kein Geringerer als Billy Bob Thornton spielt die David-Rolle. Schon die erste Staffel von „Goliath“ war beim Publikum ein echter Hit, dank Setting, Story und Billy Bob Thornton. Sein William „Billy“ McBride war mal eine ganz große Nummer vor Gericht. Jetzt sitzt er in seinem selbstgeschaufelten Seelengrab am Pazifikstrand, die Flasche im Hals, er füttert herrenlose Hunde, wenn er nicht in seinem schäbigen Hotel die Stunden runterreißt. Aber dann tritt er an, gegen seinen ehemaligen Großkanzlei-Partner und ein Rüstungsunternehmen. Es kommt zum Showdown – wer siegt? Eben.

So etwas schreit nach Fortsetzung, Staffel zwei mit acht Episoden startet am 15. Juni. Wieder fängt „Goliath“ klein an: McBride übernimmt das Mandat für den 16-jährigen Sohn eines Freundes, der des Doppelmordes angeklagt ist. Schnell weitet sich der Fall zum Los-Angeles-Panorama: Drogen- und Immobiliengeschäfte, Politik und Polizei mischen sich zur vielfingrigen Verschwörung. Und Marisol Silva (Ana de la Reguera), die erste Latina-Bürgermeisterin von L.A. werden will, hängt auch mit drin. Sie macht Billy sehr schöne Augen. Billy Bob Thornton spannt die Gesichtsmuskeln an. „Goliath II“ ist direkt und hart und mit pervers-vulgären Ausschlägen nicht allein in der Sprache erzählt.

An diesem Dienstag startet bei Sky Arts HD die vierteilige Doku-Reihe „Augenzeugen“ über junge Fotografen in Krisenregionen. Der preisgekrönte Regisseur Michael Mann („Heat“, „Collateral“, „The Insider“) hat sie für den US-Seriensender HBO produziert. Er begleitet darin junge Fotografen in Mexiko, Brasilien, Südsudan und Libyen. Einer von ihnen ist Eros Hoagland, der seit 1993 in Konfliktregionen fotografiert. Er will keine Actionbilder machen, sondern die Geschichten hinter den Schlagzeilen in „ruhigen Bildern“ zeigen – häufig ist es allerdings die Ruhe vor dem Sturm. So wie in Juárez, Mexikos Hauptstadt für Drogendelikte. Es ist ein gefährliches Unterfangen, hier Fotos zu machen, denn in Juárez kann man niemanden trauen, auch nicht Polizei und Militär. Eine Szene, die Hoagland festgehalten hat, zeigt die Herzlosigkeit von mexikanischen Polizisten, die ungerührt mit geladenen Waffen vor einem schwer verletzten Gangster stehen, der zu verbluten droht. Mit letzter Kraft bittet und fleht der junge Mann immer wieder um Hilfe, aber keiner der Polizisten zeigt irgendeine Reaktion.

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