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Neue Erkenntnisse zum Klimawandel: Der Golfstrom lässt nach

UPDATE: Bisher galt eine Veränderung des Stromes nur als theoretisches Szenario. Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung können eine Abschwächung nun aber belegen. Die Forscher sprechen von „beunruhigenden Beobachtungen“.

Potsdam - Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) konnten erstmals belastbare Belege dafür erbringen, dass sich der Golfstrom bereits abgeschwächt hat. Bislang waren Änderungen aufgrund des Klimawandels nur ein Szenario. Nun hätten aber Temperaturdaten der Meeresoberfläche gezeigt, dass sich das Strömungssystem seit den 1950er Jahren um 15 Prozent verlangsamt habe, so das internationale Team um PIK-Leitauorin Levke Caesar. Damit seien Prognosen von Computermodellen bestätigt worden. Die Strömung sei heute schwächer als je zuvor in den vergangenen 1000 Jahren. Die Forscher sprechen von „beunruhigenden Beobachtungen“.

Der Golfstrom als Wärmepumpe

Seit langem wird in der Forschung diskutiert, ob der Golfstrom in Folge des Klimawandels sogar ganz versiegen könnte. Dies gilt als eines der sogenannten Kippelemente, die unumkehrbare Konsequenzen für das Erdsystem hätten. In der Folge würden die Durchschnittstemperaturen in Nordeuropa deutlich sinken. Der Golfstrom wirkt als Wärmepumpe für Mitteleuropa, ohne ihn hätte beispielsweise Rom ein ähnliches Klima wie New York. In der Fachzeitschrift „Nature“ berichten die Forscher nun, dass sich der Atlantische Ozean südlich von Grönland abkühle, während er sich vor der US-Ostküste erwärme. „Dieses Muster ist sehr charakteristisch für eine Verlangsamung der Umwälzung der Wassermassen im Atlantik“, so Levke Caesar. „Die Belege, die wir jetzt haben, sind die bisher robustesten“, sagte Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut, der die Studie konzipiert hat. „Wir haben alle verfügbaren Daten über die Temperatur der Meeresoberfläche analysiert, vom späten 19. Jahrhundert bis heute.“

Großer Einfluss auf das Wetter in Europa

Meeresströmungen haben einen sehr großen Einfluss auf das Wettergeschehen. Veränderungen der atlantischen Meeresoberflächentemperaturen beinflussen nach Erkenntnis der Klimaforschung das Wetter in Europa, etwa die Zugbahnen von Stürmen, die vom Atlantik kommen. Konkret war die europäische Hitzewelle des Sommers 2015 vom PIK mit einer Rekordkälte im Nordatlantik in Verbindung gebracht worden. Dieser scheinbar paradoxe Effekt entstehe, weil ein kalter Nordatlantik ein Luftdruckmuster begünstigt, das warme Luft aus dem Süden nach Europa leitet.  Auch hätten mehrere Studien gezeigt, dass beispielsweise eine Verlangsamung des Golfstromsystems den Anstieg des Meeresspiegels an der US-Küste für Städte wie New York und Boston verschärft. Andere zeigen, dass die damit verbundene Auch würde eine Verlangsamung des Golfstromsystems den Anstieg des Meeresspiegels an der US-Küste für Städte wie New York und Boston verschärfen, so das PIK.

Abschwächung bereits vor Klimawandel

Eine weitere parallel in "Nature" veröffentlichte Studie kommt ebenfalls zu dem Schluss, dass sich der Golfstrom abgeschwächt hat. Die Studie eines Teams um David Thornalley vom University College London hat Schlick aus Sedimentbohrkernen untersucht. Von der Größe der Körnchen kann man auf die Wasser-Fließgeschwindigkeit am Meeresboden schließen. Es ist eine der ausgeklügelten Methoden, mit denen das Klima vergangener Epochen rekonstruiert werden kann. Bis zum Jahr 400 konnten die Wissenschaftler dadurch zurückblicken. Heraus kam, dass der Golfstrom bei seinem Rückweg vom Norden in den Süden bis zum Jahr 1840 relativ stabil war und sich dann am Ende der sogenannten Kleinen Eiszeit verlangsamt hat. Diese relativ kühle Periode dauerte vom Ende des Mittelalters bis zum 19. Jahrhundert. Als Ursache der Verlangsamung vermuten die Forscher, dass mehr Frischwasser von schmelzenden Eisschilden ins Meer floss. Ihre Ergebnisse zeigen, wie empfindlich das System auf Temperaturschwankungen und Änderungen des Salzgehalts reagiert. Einen Einfluss des menschengemachten Klimawandels aber zeigen sie allerdings nicht, weil dieser erst später einsetzte. (mit TS)

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