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Tödliche Recherche: Ján Kuciak und seine Lebensgefährtin wurden erschossen in ihrem Haus in der Slowakei gefunden.

© AFP

Nach dem Mord am Journalisten Ján Kuciak: Drohszenarien - nicht nur in der Slowakei

Journalisten in Gefahr: Nach dem Mord an Ján Kuciak blickt Reporter ohne Grenzen in Richtung Südosteuropa. Wie sieht es da aus bei EU-Beitrittskandidaten?

Dass es in der Slowakei einen Mord an dem bekannten Investigativjournalisten Ján Kuciak gegeben hat, der über organisierte Kriminalität, Korruption und Steuerbetrug recherchierte, hat überrascht – auch weil die Slowakei nicht als brisanter Ort für Journalisten bekannt war. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen steht die Slowakei auf Platz 17 von 180 Ländern weltweit. Der Blick von Reporter ohne Grenzen richtet sich eher in den Südosten Europas, wo andere Länder im Verdacht stehen, ein gefährlicher Ort für Journalisten zu sein.

Am 16. Oktober war in Malta die bekannte Investigativjournalistin Daphne Caruana Galizia ermordet worden. Drei Männer stehen wegen der Tat derzeit unter Mordanklage vor Gericht, die Auftraggeber der Tat sind nach wie vor völlig unklar. Reporter ohne Grenzen fordert mit einer Protestmail-Aktion an die maltesischen Behörden vollständige Aufklärung über die Hintergründe des Verbrechens.

Oder die EU-Beitrittskandidaten Mazedonien, Montenegro oder Serbien. Wie sicher ist das Arbeiten in diesen Regionen? Müssen Journalisten verstärkt unter Polizeischutz gestellt werden, wie das nun in der Slowakei beim Nachrichtenportal Aktuality.sk geschieht, dem Arbeitsplatz von Ján Kuciak? „Von so einem Fall aus der Slowakei waren wir überrascht“, sagt Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen. „Gewalt gegen Journalisten haben wir in Südosteuropa eher in anderen Ländern wie Mazedonien oder Serbien.“ In Montenegro wurde Dusko Jovanovic, der Chefredakteur der Tageszeitung „Dan“, 2004 vor seinem Büro niedergeschossen.

Ein Lackmustest für Rechtsstaatlichkeit

Es gehe nicht allein um steten Polizeischutz. In der EU, so Mihr, sollte die Grundrechtecharta beim Wort genommen werden, gerade bei Beitrittskandidaten wie Montenegro. „Die regelmäßigen Fortschrittsberichte der EU beschreiben ja, Stichwort Pressefreiheit, die Situationen der Journalisten in den jeweiligen Ländern ganz gut.“

Es mangele in diesen Berichten, oligarchische Medienstrukturen, beziehungsweise konkret Verantwortliche zu benennen, zum Beispiel in Serbien Präsident Aleksandar Vucic. Die Medien in Serbien sind bis auf wenige Ausnahmen ganz auf Vucic ausgerichtet. Da werden Stimmungen gegen Andersdenkende geschürt.

Die EU müsse deutlich machen: Die Aufklärung solcher Morde wie der jetzt an Ján Kuciak in der Slowakei ist ein Lackmustest für Rechtsstaatlichkeit. Der 27-Jährige und seine Lebensgefährtin wurden am Sonntagabend erschossen in ihrem Haus im Westen der Slowakei gefunden. Kuciak war auf Recherchen zu Korruption und Steuerhinterziehung spezialisiert. Medienberichten zufolge hatte Kuciak über mutmaßliche Verfehlungen von Unternehmern berichtet, die der Partei Smer von Ministerpräsident Fico nahestehen sollen.

Der Mord an Kuciak und seiner Verlobten könnte in Zusammenhang mit einer Recherche über die Machenschaften der italienischen Mafia in der Ostslowakei stehen, mutmaßt der Journalist Tom Nicholson in politico.eu. In einer Steuerbehörde in der Stadt Kosice, in der Dokumente zu Kuciaks Recherche gelagert gewesen seien, ist es am Dienstag zu einem Brand gekommen.

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