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Die Uni Potsdam attestiert Brandenburgs Wirtschaft Lücken bei der Digitalisierung.

© Sebastian Gollnow/dpa

Motivation ist da, Breitband fehlt: Durchwachsene Noten für Digitalisierung in Brandenburgs Wirtschaft

Eine Studie der Uni Potsdam zeigt, dass viele Firmen nur Standardprogramme verwenden und an der brandenburgischen Bürokratie scheitern. Auch fehlendes Breitband ist ein Problem.

Potsdam - Brandenburgische Unternehmen haben viel Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung: Zu diesem Schluss kommt die von der Mittelbrandenburgischen Sparkasse in Auftrag gegebene Studie „Wie digital ist Brandenburgs Wirtschaft?“, die am Dienstag in Potsdam vorgestellt wurde. Durchgeführt wurde sie vom „Partnerkreis Industrie und Wirtschaft“ der Universität Potsdam. 102 Unternehmen aus verschiedensten Branchen hatten an der Befragung teilgenommen, knapp die Hälfte davon haben ihren Sitz in der Landeshauptstadt. Lediglich 14 Prozent der befragten Firmen gaben an, voll und ganz digitalisiert zu sein, also zum Beispiel Online-Vertriebswege oder Software-Lösungen für Personalmanagement oder Produktionsplanung zu nutzen. Gleichzeitig bezeichnet mehr als die Hälfte der Unternehmen ihre Digitalisierungsvorhaben als erfolgreich.

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91 Prozent der Befragten nutzen vor allem Standardsoftware, also zum Beispiel Microsoft-Office-Anwendungen ohne individuelle Anpassung an das Unternehmen, nur 43 Prozent greifen auf Individualsoftware zurück. Lediglich 23 Prozent nutzen sogenannte EPR-Systeme („Enterprise Resource Planning“), mit denen betriebsinterne Ressourcen verwaltet werden können.

Im Bereich Materialwirtschaft und Logistik werden wenig Softwarelösungen genutzt

Auch bei den Anwendungsfeldern gibt es große Schwankungen: Während Softwarelösungen in der Finanzbuchhaltung bereits zu 79 Prozent genutzt werden und bei der Personalwirtschaft zu 62 Prozent, sind es im Bereich Materialwirtschaft nur 38 Prozent und bei Logistik nur 22 Prozent. „Das ist sehr wenig, obwohl wir zum Beispiel im Bereich Warenwirtschaft seit über 20 Jahren gute Systeme dafür haben“, sagt Uta Herbst, Inhaberin des Lehrstuhls für Marketing an der Universität Potsdam, unter deren Leitung die Untersuchung durchgeführt worden ist.

Intern sehen die Betriebe sowohl bei ihren Angestellten als auch bei der Führungsebene über 90 Prozent Bereitschaft und Motivation, die Digitalisierung voranzutreiben. Die Studie ergab auch, dass durch die Corona-Pandemie das Bewusstsein für die Wichtigkeit der Digitalisierung gestiegen sei: „In dieser Hinsicht hatte Corona einen positiven Effekt“, sagt Herbst. Es sei wichtig, diesen Schwung nun mitzunehmen. „Gerade jetzt müssen viele Förderprogramme genutzt werden“, so Herbst.

Es hapert an fehlenden Kompetenzen, Breitband und bürokratischen Hürden bei Förderprogrammen

Allerdings gibt es aus Sicht der Unternehmen zahlreiche externe Faktoren, wegen denen die Digitalisierung gebremst werde: Dazu gehört unter anderem der Mangel an digitaler Kompetenz beim eigenen Personal, also an Fachkräften. 91 Prozent der Befragten sehen den Zugang zu Breitband als wichtig bis sehr wichtig an, genau da hakt es jedoch in Brandenburg. „Seit 25 Jahren betteln die Firmen bei der Telekom, dass sie ihnen endlich Breitband verlegt, aber obwohl die Telekom unter staatlichem Einfluss steht, hat sich seitdem nichts geändert“, sagte Sven Slazenger, Geschäftsführer der Firma Interlake und Mitglied des Digitalbeirats, bei der Vorstellung der Studie. 

Was ihn am meisten frustriere, seien aber nicht die fehlenden Kabel, sondern die langsame Verwaltung in Brandenburg: „Da wird doch sehr weltfremd agiert“, so Slazenger. Förderprogramme gibt es zwar viele, allerdings wissen viele Unternehmen nicht davon und die bürokratischen Hürden seien sehr hoch, sagte Uta Herbst. Laut der Studie haben 71 Prozent der Befragten noch nie ein Förderprogramm zur Digitalisierung in Anspruch genommen. So gab es zum Beispiel für den „Brandenburgischen Innovationsgutschein (BIG) Digital“ seit seinem Start 2017 nur 500 positive Förderbescheide. 

Andreas Klafki, Referatsleiter im brandenburgischen Wirtschaftsministerium, versprach Besserung: „Viele Kleinstunternehmen sagen uns, dass sie die Mindestaufgreifschwelle von 5000 Euro Eigenbeteiligung für bestimmte Förderprogramme gar nicht aufbringen können. Wir arbeiten daran, diese Schwelle zu streichen.“ Weiterhin kündigte Klafki Markterkundungsstudien im Mobilfunkbereich an, mit der Mobilfunkunternehmen stärker unter Druck gesetzt werden sollen, Breitband auszubauen.

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