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Allein und ohne Anwalt: Privatdetektiv Josef Matula (Claus Theo Gärtner) löst vier Jahre nach seiner Pensionierung einen neuen Fall.

© dpa

Matula ist wieder da: Comeback der Lederjacke

Gut 30 Jahre war Claus Theo Gärtner fast identisch mit Josef Matula. Dann gingen beide in Rente. Für ein ZDF-Special kehren sie ins Fernsehen zurück.

Da steht er und es ist, nein – nicht alles wie früher. Das Gesicht, dieses Flussdelta des Lebens, ist noch verkarsteter als vor vier Jahren. Seiner Stimme haben im Ruhestand offenbar einige tausend Filterlose mehr die Hochtöne zerkratzt. Und dann die Kleidung: Tweedjackett, Genscherpulli, Fischgrätschal. Das soll Josef Matula sein? Soll er nicht. Und wieder doch. Claus Theo Gärtner und seine wichtigste, mancher dürfte denken: einzige Filmfigur – mögen vieles gemeinsam haben. Identisch sind sie nicht.

Das sollte im Hinterkopf behalten, wer beiden in Personalunion gegenübersteht. Denn irgendwie ist an diesem Karfreitag doch eine Menge wie früher, inklusive Biedermeierkrimizeit im Zweiten, wo die ewig gleichen Charaktere im ewig gleichen Tonfall die ewig gleichen Morde klären. Kurzum: Der robusteste Privatdetektiv seit Philipp Marlowe ist zurück.

Als „Special“, wie das ZDF die 90 Minuten bewirbt. Doch wer Matulas Biotop – die öffentlich-rechtliche Primetime – kennt, der weiß – es müsste schon sehr vieles anders laufen als üblich, um dem Comeback des dienstältesten Ermittlers im ermittlungssüchtigen Fernsehland die Fortsetzung zu verweigern. Bei der ist schließlich auch alles wie immer. Fast.

Nachdem der unverwüstliche Matula zu Beginn des Films halb tot im Watt liegt, blendet die Kamera sechs Tage zurück: Als Kaufhausdetektiv jagt Matula einen Ladendieb durchs Geschäft und fragt sich beim Blick in den Spiegel mit blutender Nase: „Was mache ich hier eigentlich?“

Das blonde Haar, der Hang zum Rechtsbruch

Das Falsche. Also tauscht „Matula“, wie das Stück schlicht betitelt ist, Uniform gegen Lederjacke, kehrt jazzumflort zurück auf den Asphalt, und kaum, dass ihn sein erster Mandant zu einer Umweltforscherin schickt, die sich bei Ankunft an der Nordsee als tot erweist, steckt der Schnüffler mitten im „Fall für zwei“, nur diesmal ohne Anwalt. Der Rest aber ist vergleichbar: das blonde Haar, der Hang zum Rechtsbruch, die Tatverdächtigen mit Tatverdächtigenblick und natürlich Stunts, bei denen sich Gärtner nur einmal doubeln ließ. „Aus juristischen Gründen“, wie er fröhlich beteuert.

Fragt sich nur: Warum macht er das – nachdem der damals 69-Jährige Ende März 2013 die 300. Folge in 32 Jahren zur letzten erklärte, um mit seiner halb so alten Frau auf Weltreise zu gehen? „Weil ich es mir zutraue“, antwortet der Berliner im gewohnt schabenden Kneipentimbre. „Und weil das ZDF gefragt hat.“

Am 70. Geburtstag war das, der Abschiedssekt perlte noch leicht. Doch so rasch, wie der Jubilar nur ein gutes Drehbuch zur Bedingung des Comebacks gemacht hatte, wurde klar: Dieser rastlose Globetrotter, vor Kriegsende als Kaufmannssohn mit Ballettmeisterin zur Mutter geboren, aufgewachsen in Oberhausen, Asien, den USA, dieser Claus Theo Gärtner ist längst nicht reif fürs Altenteil. Nur, dass es erneut die alten Teile sind, überrascht dann doch ein wenig.

Als Thomas Schadt 2009 im Bühnengewächs mit der Arbeiteraura nicht den robusten TV-Detektiv sah, sondern Kohls Kampfhund Geißler, habe die Presse gefragt, was Matula in der Pfalz mache. Gärtner erinnert sich mit Grausen: „Ich war so verbrannt für andere Rollen, dass ich den Entschluss fasste, mit der 300. Folge Schluss und was anderes zu machen.“ Das andere aber blieb aus. Etwas Theater unter der Regie seiner Frau in Basel, ein Gastauftritt bei seinen Nachfolgern im „Fall für zwei“, die Weltreise auf Kurztrips reduziert. Und nun? „Sind die Motiv-Hunter im Allgäu und in Südtirol unterwegs, es geht weiter.“

Mit gutem Willen klingt das treu, mit bösem rückgratlos. Andererseits ist Matula Teil eines Systems, das Recycling zum Wesenskern erklärt. Bei RTL etwa läuft ein Dutzend schaler Remakes aus der Frühphase des Senders. Schwarzwaldschwester Barbara Wussow heuert gerade auf Sascha Hehns Traumschiff an. Von „Lethal Weapon“ über „MacGyver“ bis „Power Rangers“ schießen Reboots abgestandener Serien aus dem Programm. Im Klima dauernder Wiederverwertung ist Gärtner daher in guter Gesellschaft. Und sein Matula habe ja dazugelernt. „Als er sich überlegt, ob er durchs runterfahrende Rolltor springt, lässt er es lieber bleiben“, erinnert sich sein reales Ich und lacht. „Früher wär er gesprungen.“

„Matula“, ZDF, Karfreitag, 21 Uhr 15

Jan Freitag

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