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Klimaforschung Potsdam: Nicht ohne umstrittene Maßnahmen

Der Weltklimarat IPCC sagt, dass nur zwölf Jahre bleiben, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Auch werde es nicht ohne den Entzug des Treibhausgases CO2 aus der Atmosphäre gehen. 

Potsdam/ Incheon. Die eindringliche Warnung des Weltklimarat IPCC vor einer ungebremsten Erderwärmung über 1,5 Grad vom Montag dieser Woche bedeutet nicht nur eine extrem verstärkte Reduzierung der CO2-Emissionen. Das mit dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) assoziierte Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) in Berlin kommt zu dem Schluss, dass für ein 1,5 Grad-Ziel der Entzug von Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre in großem Stil unvermeidbar ist. Das bedeutet dass zum Beispiel in großen Mengen weltweit Energiepflanzen angebaut werden, die bei der Photosynthese CO2 der Luft entziehen. Diese Gehölze könnten dann zur Energiegewinnung genutzt werden, das dabei wiederum freigesetzt CO2 müsste mit dem umstrittenen CCS-Verfahren abgespalten und unterirdisch gespeichert werden. Dazu müssten weltweit in großem, Umfang unterirdische Lagerstätten erschlossen und genutzt werden. 

Heute bereits ein Grad Erwärmung 

Der Weltklimarat IPCC hatte am Montag der in einem in Incheon/Südkorea vorgelegten Sonderbericht vor einer ungebremsten Erderwärmung gewarnt. Die Autoren stellten darin fest, dass bereits heute eine Erwärmung von rund einem Grad zu verzeichnen ist. Wie stark sich eine weitere Erhöhung der Temperatur auf 1,5 oder zwei Grad auswirken würde, beschreibt der Bericht erstmals genau. Demnach macht es einen großen Unterschied, auf welches Ziel die Weltgemeinschaft zusteuert: Extremwetter, steigender Meeresspiegel, tauender Permafrost mit zusätzlichen Methanemissionen, Wassermangel und Hunger – alle Folgen des Klimawandels wären bei 1,5 Grad viel geringer als bei zwei Grad, die bislang angestrebt waren. Letztlich würden nur zwölf Jahr bleiben, um eine Erhöhung der Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, so der IPCC-Bericht. 

Großskaliger Entzug von Kohlendioxid

Am MCC, das von dem designierter Co-Direktor des Potsdam er PIK geleitet wird, kommt zu dem Fazit, dass eine Begrenzung des globalen Temperaturanstieg auf möglichst 1,5 Grad eine großskaligen Entzug von CO2 aus der Atmosphäre voraussetze. Das geht nun auch aus dem Sonderbericht des IPCC hervor, an dem Sabine Fuss vom MCC als Leitautorin mitgewirkt hat. In dem Bericht spielt der Entzug von CO2 aus der Atmosphäre eine entscheidende Rolle. Demnach sei das 1,5-Grad-Ziel zwar nicht unerreichbar, stelle jedoch die Staatengemeinschaft in den kommenden Jahren vor enorme Herausforderungen. „Das Ausmaß der CO2-Entnahme kann laut dem Bericht jedoch durch eine tiefgreifende Veränderung auf der Nachfrageseite begrenzt werden, etwa durch eine verminderte Energienachfrage oder einen geringeren Fleischkonsum.“, so die Forscherin. „Je länger die Welt mit ambitionierten Maßnahmen zum Klimaschutz wartet, desto entscheidender wird die Bedeutung von CO2-Entnahme-Technologien für das 1,5-Grad-Ziel“, sagt Fuss. „Eine entschiedene und erheblich schnellere Einsparung von Emissionen kann die Abhängigkeit von diesen Technologien aber verringern.“

Der CO2-Entzug wird möglich durch Optionen wie etwa Aufforstungsprogramme, bei denen die wachsenden Bäume vorhandene Emissionen binden. Es gibt auch Mineralien, die - in kleine Teilchen zermahlen und auf landwirtschaftliche Flächen ausgebreitet - CO2 absorbieren. Die am meisten diskutierte Technik ist Bioenergie mit CO2-Abscheidung und -Speicherung – also dem CCS-Verfahren. Dabei wird Biomasse zum Beispiel in Kraftwerken verbrannt und das frei werdende CO2 umgehend abgeschieden und in geologischen Tiefenlagern gespeichert.

Die nächsten Jahre zählen

Der designierte zweite Direktor des Potsdamer PIK, Johan Rockström, sagte zu dem IPCC-Sonderbericht, dass nur noch weniger als ein Jahrzehnt bleibe, die CO2-Emissionen von Kohle und Öl so zu reduzieren, um Sicherheit für die Menschheit zu erlangen. „Die Zukunft liegt in unseren Händen.“ PIK-Forscher und IPCC-Autor Elmar Kriegler sprach von einer großen Herausforderung, die eine „beispiellose Transformation“ erfordere. Nun entscheide sich, ob es gelingt, die schlimmsten Klimarisiken zu begrenzen oder nicht. „Es sind wirklich die nächsten paar Jahre, die zählen.“
PIK-Co-Direktor Edenhofer betonte einmal mehr, dass entscheidend bei der Klimastabilisierung die Investitionszyklen sind: „Wenn wir nicht rasch handeln, dann werden neue Kohlekraftwerke gebaut. Das würde uns fatal festlegen auf eine Zukunft mit hohem Ausstoß von Treibhausgasen.“ Wesentlicher Teil des Lösungspakets sei  eine wirkungsvolle CO2-Bepreisung: „Sie würde den Investoren ein klares Signal geben, was sie von der Zukunft erwarten können.“ Ein CO2-Preis habe drei gute Effekte: „Die Nutzung fossiler Brennstoffe wird weniger profitabel, die Erzeugung sauberer Energie wird attraktiver, und es entstehen Einnahmen für die Staaten.“ Geld, dass die Staaten  in den Ausbau von Infrastruktur stecken  –  oder den Bürgern etwa durch Steuersenkungen direkt zurückgeben könnten. „Ein gerechter und fairer Übergang ist möglich, wenn wir schnell handeln. Wenn wir hingegen zögern, so steigen die Kosten - und die Risiken.“

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