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Informationsgesellschafter. Dokumentare recherchieren Informationen, legen Datenbanken an und entwerfen Webauftritte. Den Studiengang „Information und Dokumentation“ an der Fachhochschule Potsdam soll es ab 2012 so nicht mehr geben.

© Kai-Uwe Heinrich

Homepage: Immatrikulationsstopp für Dokumentare

Fachhochschule will Studiengang streichen / Dekan zurückgetreten / Rektor Vielhaber verteidigt Pläne

Es ist der erste Vorgeschmack auf Verteilungskämpfe, wie man sie vor dem Hintergrund der drohenden Millionen-Kürzungen an Potsdams und Brandenburgs Hochschulen noch öfter erleben wird: Es geht um die Zukunft der Ausbildung zum Dokumentar an der Fachhochschule Potsdam (FH). Kritiker sehen das Fach schon vor dem Aus, andere sprechen derzeit lieber von „Umstrukturierung“ – fest steht: Für den Studiengang „Information und Dokumentation“ werden sich Studienanfänger schon ab 2012 nicht mehr einschreiben können. Stattdessen sollen die Lehrveranstaltungen des Faches auf die zwei anderen Bachelor-Studiengänge des Fachbereiches – Archiv und Bibliotheksmanagement – aufgeteilt werden. Dem hat der Fachbereichsrat mehrheitlich zugestimmt. Aus Protest gegen die geplanten Änderungen sind der Dekan des Fachbereiches, Hans-Christoph Hobohm, und die Leiterin des Studienganges, Eleonore Poetzsch, von ihren Ämtern zurückgetreten. Kritik kommt auch von betroffenen Studierenden.

Er habe die Entwicklung „nicht mehr mit tragen können“, begründete Hohbohm seinen Schritt gegenüber den PNN. Er fürchte, dass der FH Studierende verloren gehen, wenn die Ausbildung zum Dokumentar lediglich „versteckt“, als Spezialisierungsrichtung eines anderen Studienganges, angeboten wird. Andererseits drohten überfüllte Seminare: Denn bei der Umstrukturierung von drei auf zwei Studiengänge müsse auch die Zahl der Studienplätze auf diese beiden Fächer aufgeteilt werden – statt bislang 35 Studierenden pro Fach und Semester läge die Zahl dann bei mehr als 50: „Wir bekommen ein Kapazitätsproblem.“

Sorgen macht sich Hobohm zudem um die Zukunft des ebenfalls an der Fachhochschule angebotenen berufsbegleitenden Weiterbildung zum „wissenschaftlichen Dokumentar“: „Wenn es den grundständigen Studiengang nicht mehr gibt, werden viele Interessenten irritiert sein.“ Die Fachhochschule bilde in diesem Rahmen bislang unter anderem Dokumentare für Medienanstalten und öffentliche Institutionen aus – das Angebot sei deutschlandweit einzigartig.

Bei den betroffenen Studierenden sorgen die Pläne für Unsicherheit: „Viele fragen sich, was ihr Abschluss wert ist, wenn es den Studiengang nicht mehr gibt“, sagt Mareike Ruhnke, die im vierten Semester Information und Dokumentation studiert und als studentische Vertreterin im Fachbereichsrat sitzt. Der Beschluss zum Immatrikulationsstopp sei zu früh gekommen, meint sie: „Man hätte erst über Lehrinhalte diskutieren müssen und dann die neue Struktur festlegen.“

Auch Absolventen des Faches laufen Sturm: Die „ausgezeichneten Beziehungen“ zwischen der FH und den Einrichtungen und Firmen, in denen Dokumentare arbeiten, könnten „erheblichen Schaden nehmen“, heißt es in einem Schreiben der Ehemaligen an die Hochschulleitung. Bedroht sei „ausgerechnet der jüngste und meistversprechende Zweig“ der Informationswissenschaften. Dokumentare hätten sehr gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt, betont auch Hobohm.

Fachhochschul-Rektor Johannes Vielhaber verteidigte die Planungen indes gegenüber den PNN. Er halte die Entscheidung des Fachbereichsrats „im Grundsatz für richtig“ – vor allem wegen finanzieller Zwänge. Von den 13 Professuren am Fachbereich seien drei durch ein Sonderprogramm nur bis Ende 2012 finanziert. Vor dem Hintergrund der aktuellen Spardiskussion sei die Zukunft dieser „Überlast-Professuren“ aber „völlig offen“. Darauf müsse der Fachbereich mit einer Strukturänderung reagieren.

Wie das neue Studienangebot mit zwei Fächern konkret aussehen wird, müsse in den kommenden Monaten noch diskutiert werden, auch mit Berufsvertretern, betonte Vielhaber. Durch die geplante Änderung gingen die Inhalte des Faches „Information und Dokumentation“ nicht verloren: „Es wird für den einzelnen Studenten größere Wahlmöglichkeiten geben als heute.“ Das sei „für alle Seiten gut“. Auch Günther Neher, nach Hobohm neuer Dekan der Informationswissenschaften, steht hinter den Plänen: Die Vermittlung „dokumentarischer Kernkompetenzen“ werde „auch zukünftig integrativer Bestandteil der informationswissenschaftlichen Ausbildung an der Fachhochschule Potsdam“ sein, versicherte er.

Verständnis für die Pläne äußerte auch Stefan Gradmann, der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Informationswissenschaft und Informationspraxis. Man müsse akzeptieren, dass das Berufsprofil „Dokumentation“ in der öffentlichen Wahrnehmung nicht mehr existiere, so der Verbandschef. Die Dokumentationswissenschaft habe nur als Teil der neuen „Web-Science“ eine Zukunft.

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