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Erhaltenswert. Das Mosaik von Fritz Eisel zeigt Fortschrittspathos aus der DDR-Zeit.

© A. Klaer

Gedächtnis der Stadt: Zeithistoriker Martin Sabrow über den Erhalt des Mosaiks am Rechenzentrum

in der Stadt angestoßen. Am geplanten Standort der Garnisonkirche müsse auch die DDR-Geschichte sichtbar bleiben

Die Debatte um den Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche hat auch die Frage nach dem Umgang mit der Architektur aus DDR-Zeiten wieder aufgebracht. „Wer die Vergangenheit im Potsdamer Stadtbild bewahren will, sollte sich für das ganze Gedächtnis der Stadt engagieren und nicht nur für das halbe“, hatte sich der Zeithistoriker Martin Sabrow dazu geäußert. So legitim der Wiederaufbau der Garnisonkirche auch sei, so wichtig ist ihm auch der Erhalt von den Teilen des ab 1968 errichteten Neubaus des DDR-Rechenzentrums unweit des einstigen Standpunktes der Kirche. Die Fassade des Baus ziert das Mosaik „Der Mensch bezwingt den Kosmos“ des deutschen Malers Fritz Eisel (1929 bis 2010). Die als selten geltende Wandgestaltung entstand zwischen 1969 und 1971. Neben der Darstellung des sowjetischen Kosmonauten Juri Gagarin befindet sich darin unter anderem ein Marx-Zitat. Das Fortschrittspathos der sozialistischen Diktatur fand hier eine visuelle Umsetzung. „Unverantwortlich wäre es, mit der einen Vergangenheit die andere auslöschen und mit der Erneuerung einer älteren, preußischen die jüngere, sozialistische Vergangenheit aus dem gesellschaftlichen Gedächtnis tilgen zu wollen“, betonte Sabrow. Nur als Flickenteppich unterschiedlicher Vergangenheiten lasse sich der Vielschichtigkeit der städtebaulichen Auseinandersetzung mit dem „Geist von Potsdam“ gerecht werden.

Der Vorstoß zum Erhalt des Mosaiks am künftigen Standort der Garnisonkirche findet zunehmend Unterstützung in Potsdam. „Das passt zum Versöhnungsgedanken. Solche Anregungen sind jetzt wichtig, um eine konstruktive Debatte zu führen“, sagte Potsdams SPD-Chef Mike Schubert. Wenn verschiedene Epochen der Potsdamer Geschichte in Bauwerk oder Umfeld der Garnisonkirche integriert würden, könnte das die Akzeptanz für das Bauprojekt erhöhen.

Auch der Innenstadt-Verein Freies Tor stellte sich hinter den Sabrow-Vorstoß: Bereits seit Jahren setze man sich dafür ein, das denkmalgeschützte Mosaik nicht wie vorgesehen auf den Hinterhof der Stadtverwaltung zu verbannen, sondern an sichtbarer Stelle anzubringen, erklärte die Vorsitzende des Vereins, Ellen Chwolik-Lanfermann. Bisher sollte das Mosaik auf dem Verwaltungscampus an der Hegelallee einen Platz finden. Chwolik-Lanfermann sagte, in den vergangenen Jahren seien Vorschläge ihres Vereins zum Erhalt des Mosaiks in der Breiten Straße leider auf keine Resonanz in der Stadtpolitik gestoßen: „Wir hoffen, dass nun der Diskussionsprozess in Gang kommt und die Verantwortlichen bald eine gute Lösung finden.“

Auch die Stiftung für den Wiederaufbau des Gotteshauses kann sich vorstellen, den 18-teiligen Wandschmuck – in welcher Form auch immer – in der Nähe der künftigen Kirche aufzustellen oder aufzuhängen. Bisher ist geplant, dass das Rechenzentrum spätestens Ende 2017 abgerissen wird – es steht unter anderem dem originalgetreuen Wiederaufbau der Garnisonkirche im Weg. Kix/HK

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