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Frühstück, Fernbedienung, Einsatzbefehl: Good Morning, America!

Vom Fernseher sofort zu Twitter: Donald Trumps Start in einen Präsidenten-Tag.

Nichts bringt den Kreislauf der Fernsehzuschauer am frühen Morgen so auf Trab wie ein wenig Empörung. Ein US-Luftangriff im Jemen habe einen islamistischen Extremisten getötet, der unter Ex-Präsident Barack Obama aus dem Lager Guantanamo entlassen worden sei, berichtete die Frühsendung „Fox & Friends“ kürzlich. Insgesamt seien 122 frühere Guantanamo-Häftlinge nach ihrer Freilassung mit Terror-Aktivitäten aufgefallen, beklagte der Sender. Die Meldung regte einen Fox-Zuschauer, der schon um sechs Uhr morgens eingeschaltet hatte, offenbar ganz besonders auf: Donald Trump.

Weniger als eine Stunde nach dem Bericht im Fox-Frühstücksfernsehen, so rechnete die „Washington Post“ später nach, meldete sich Trump über Twitter zu Wort: „122 brutale Häftlinge“ habe Obama laufen lassen, schrieb er. Das sei eine „weitere schreckliche Entscheidung“ seines Vorgängers gewesen, schimpfte der 45. US-Präsident. Dass 113 dieser Häftlinge nicht unter Obama, sondern bereits vorher unter dem Republikaner George W. Bush freikamen, sei weder von Fox noch Trump erwähnt worden, merkte die „Washington Post“ an. Dabei hätte Trump nicht einmal selbst nachschauen müssen. Als US-Präsident habe man genügend Mitarbeiter, die Informationen nachprüfen könnten, sagte Bushs früherer Sprecher Ari Fleischer der Agentur Bloomberg. Doch Trump „wechselt vom Fernseher sofort zu Twitter“. Seine Kritiker verweisen darauf, dass der Präsident den Raketenbeschuss auf Syrien Anfang April mit den schrecklichen TV-Bildern von Opfern des vorangegangenen Giftgasangriffes auf Zivilisten begründete. Trumps Beraterin Kellyanne Conway sagte, Trump habe nicht nur als Oberbefehlshaber der Streitkräfte gehandelt, sondern auch als Vater und Großvater.

Fox-Moderator lobt Trumps Unberechenbarkeit

Bei „Fox & Friends“ kommt Trump damit gut an. Trump sei unberechenbar, lobte Kommentator Geraldo Rivera. Nordkoreas Diktator Kim Jong-un zum Beispiel könne nicht sicher sein, was der US-Präsident als Nächstes tun werde. Trump mache offenbar Eindruck auf Kim, was „ein weiterer Sieg“ für den Mann im Weißen Haus sei, jubelte Rivera.

Auch bei anderen Themen kann Trump bei „Fox & Friends“ fast immer sicher sein, dass er mit Moderatoren und Studiogästen auf einer Wellenlänge liegt. So wies Trumps ehemaliger Wahlkampfberater David Bossie die Forderung, Trump solle seine Steuererklärung offenlegen, als weltfremd zurück: „Dem amerikanischen Volk ist das egal“, sagte er. Häufig kommt Trump in der Sendung selbst zu Wort.

Da sich herumgesprochen hat, dass Trump morgens den Newssender Fox einschaltet, wird die Frühstückssendung zum Vehikel, um Botschaften an den Präsidenten zu senden. Trump-Anhänger rufen den prominenten Zuschauer auf, er solle bei seiner populistischen Linie bleiben. Der Präsident sei nicht gewählt worden, um in internationale Konflikte einzugreifen, sondern um das Prinzip „Amerika zuerst“ durchzusetzen, mahnte Fox-Moderator Tucker Carlson nach Berichten über einen realpolitischen Kurswechsel im Weißen Haus.Manche Lobbygruppen bringen inzwischen ihre Werbespots gezielt bei „Fox & Friends“ unter, in der Hoffnung, dass der Präsident auch in den Werbepausen dranbleibt statt umzuschalten. Die Preise für Spots um diese Uhrzeit sollen um ein Vielfaches gestiegen sein.

Trump schätzt auch das linksliberale "Morning Joe"

Nicht nur die „Fox“-Sendung profitiert vom Interesse des Präsidenten. Hin und wieder schaltet Trump zur linksliberalen Konkurrenz-Show „Morning Joe“ beim Sender MSNBC. Dessen Moderator Joe Scarborough hat einen persönlichen Draht zum Präsidenten. Ein Grund dafür mag sein, dass Scarborough den Immobilienmogul schon zu Beginn der Präsidentschaftskandidatur ernst nahm. An der politischen Ausrichtung von „Morning Joe“ kann es nicht liegen, dass Trump einschaltet. Scarboroughs Show ist in vielen Aspekten das genaue Gegenteil von „Fox & Friends“: Moderatoren und Gäste lassen kaum ein gutes Haar am Präsidenten. Dennoch schaut Trump weiter zu, weshalb auch „Morning Joe“ als Kontaktkanal zum Präsidenten und als Stichwortgeber für Trumps Tweets fungiert. „Herr Präsident, ich weiß, dass Sie zuschauen“, sagte der demokratische Kongressabgeordnete Elijah Cummings. „Rufen Sie mich an. Ich möchte mit Ihnen sprechen.“ Wenig später klingelte bei Cummings das Telefon.

Solch spontane Reaktionen passen zu einem Präsidenten, dem häufig vorgeworfen wird, aus dem Bauch heraus zu entscheiden, statt sich ausführlich zu informieren. So wurden Militärs und Geheimdienstler gebeten, sich bei ihren täglichen Lageberichten für den Präsidenten kurz- zufassen und ihre Erkenntnisse möglichst mit Grafiken und anderen Mitteln aufzubereiten. Vielleicht wollen Trumps Berater verhindern, dass der Präsident sich mitten in einem Briefing gelangweilt abwendet und den Fernseher einschaltet.

„Trump. Das große Beben“, ARD. Montag, 21 Uhr 45

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