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Forschung aus Potsdam: Die Welt vermessen

Potsdamer Forscher wollen Gravitationswellen im Weltall aufspüren. Der erste Erkundungs-Satellit dazu ist bereits im Orbit. Die Testmission läuft jetzt nach erfolgreicher Positionierung der Geräte an.

Potsdam - Die Satellitenmission Lisa-Pathfinder unter Potsdamer Federführung ist einen entscheidenden Schritt weiter gekommen. Mit dem im Dezember gestarteten Satelliten bereitet das Golmer Max- Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) die spätere Lisa- Mission der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA vor. Mit ihr soll ab 2034 im Weltall nach Gravitationswellen gefahndet werden. Nun konnten die Forscher zwei Testmassen in dem Satelliten erfolgreich positionieren – eine Voraussetzung dafür, dass die Testphase zum 1. März beginnen kann.

Die Detektion der Gravitationswelle ist für die Forscher ein einmaliges Erlebnis

Hintergrund der Lisa-Mission ist die Suche nach Gravitationswellen. Die wissenschaftliche Sensation der ersten Messung einer solchen Welle, die von der internationalen Forschergruppe des Ligo-Observatoriums in den USA unter starker Beteiligung des Potsdamer Albert-Einstein-Instituts (AEI) vor zwölf Tagen verkündet wurde, bleibt für die Golmer Wissenschaftler auch ein persönlicher Einschnitt im Leben. Unabhängig davon, wer von der großen Forschergruppe am Ende den Nobelpreis dafür erhalten wird, erlebt ein Forscher so etwas nur einmal in seinem Leben, wenn überhaupt.

Es waren Wissenschaftler des AEI, die im Forschungszentrum in Hannover das Signal am 14. September 2015 zuerst registrierten. Denn ihre Kollegen in den USA, wo der Ligo-Detektor steht, schliefen zu der Zeit noch. Dann vergingen fünf Monate des Stillhaltens und Überprüfens, bis klar war, dass tatsächlich erstmals eine der von Einstein vorausgesagten Wellen ins Netz gegangen war. „Das Signal von zwei verschmelzenden Schwarzen Löchern ist einzigartig“, sagt Alessandra Buonanno vom AEI, die zusammen mit ihren AEI-Kollegen Karsten Danzmann und Bruce Allen direkt an dem Jahrhunderterfolg beteiligt war. „So etwas ist noch nie zuvor beobachtet worden“, so Buonanno. Solche Ereignisse spielen sich außerhalb des sichtbaren Lichtspektrums ab, daher sind sie mit den herkömmlichen Beobachtungsmethoden nicht zu erfassen. Die Signale der Gravitationswellen öffnen daher ein Fester zur dunklen Seite des Alls.

Das Signal war stärker als erwartet

Das gemessene Signal war vergleichsweise stark, die Schwarzen Löcher hatten unerwartet große Massen – nämlich 29 und 36 Sonnenmassen. „Wir wussten gar nicht, dass Schwarze Löcher mit so großen Massen überhaupt existieren“, sagt Buonanno. Sie erwartet nun, dass mit Hilfe der Gravitationswellen auch andere Stern-Populationen entdeckt werden können. Karsten Danzmann, der Direktor am AEI und Direktor des Instituts für Gravitationsphysik der Leibniz Universität Hannover, erwartet, dass die Gravitationswellen-Astronomie nach diesem Durchbruch nun Mainstream wird. „Wir wollen viele dieser Ereignisse messen, wir wollen ihnen jeden Tag zuhören“, sagt er begeistert. Danzmann ist Kopf des Geo600-Detektor-Projekts in Hannover, dessen Technik die Entdeckung nun überhaupt erst ermöglicht hat.

In Zukunft will man die unsichtbaren Wellen auch im Weltall messen 

Mit dem Satellitenprojekt Lisa sollen in Zukunft Gravitationswellen ungestört durch irdische Einflüsse im All gesucht werden. Die Laserstrahlen der Messvorrichtung werden zwischen drei Satelliten einige Millionen Kilometer überbrücken. So entsteht eine extrem feingetunte Messvorrichtung, deren Ergebnisse mit den Messungen der irdischen Detektoren abgeglichen werden können. So wird eine Fülle von Daten erwartet, von unbekannten Vorgängen im Weltall – und nicht zuletzt auch vom Ursprung unseres Universums.

Schlüsseltechnologie als Weltneuheit

Lisa-Pathfinder ist eine Testmission. Sie soll Schlüsseltechnologien für die Messung von Gravitationswellen im Weltraum erproben, darunter auch der perfekten freien Fall zweier Testmassen. Dazu wurde nun durch die Platzierung der Testmassen in dem Satelliten ein wichtiger Schritt getan. Beide Massen wurden Mitte Februar aus ihrer Halterung gelöst. Nun schweben sie frei innerhalb des Satelliten. Es handelt sich um zwei identische 46 Millimeter große Würfel aus einer Gold-Platin-Legierung. Ein unter Leitung und mit maßgeblicher Beteiligung von Hannoveraner AEI-Forschern entwickeltes Lasersystem soll den Abstand zwischen den Massen mit höchster Präzision vermessen. Solche Lasersysteme sind es, die durch minimale Abweichungen der Strahlen ähnlich einer Lichtschranke den Durchgang von Gravitationswellen erfassen können

„Lisa-Pathfinder arbeitet weiterhin perfekt“, erklärt AEI-Forscher Danzmann. „Das Freilassen der Testmassen erforderte etwas Lernen, aber das Team hat dann schnell eine elegante Lösung gefunden.“ Mit dem erfolgreichen Betrieb eines Laserinterferometers im Weltraum zwischen zwei freischwebenden Testmassen liefere das Projekt eine echte Weltneuheit. Jan Kixmüller

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