zum Hauptinhalt
Bioökonomisch. Neue Ideen für den Tabakanbau.

© Patrick Pleul/dpa

Forschen in Potsdam: In Tabakblättern stecken Biofabriken

Golmer Pflanzenforscher verfolgen neuen Ansatz im Umgang mit Tabak. Der könnte in Zukunft sogar gesund sein.

Potsdam - Dass Rauchen ungesund ist, ist mittlerweile weitgehend bekannt. Doch Tabakpflanzen sind nicht nur zum Rauchen gut. Nicotiana tabacum, wie die Pflanze lateinisch bezeichnet wird, wollen Wissenschaftler nun dazu nutzen, um in den Pflanzen Impfstoffe, Antikörper und gesundheitsfördernde Stoffe wie etwa Anti-Aging-Produkte oder Entzündungshemmer herzustellen. Ein Forscherteam um Ralph Bock, Direktor am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie (MPI-MP) in Potsdam-Golm, ist an dem EU-finanzierten Projekt Newcotiana beteiligt, das im Februar dieses Jahres gestartet wurde. In dem Forschungsverbund sollen in den kommenden viereinhalb Jahren die neuesten molekularbiologischen Züchtungsmethoden eingesetzt und miteinander kombiniert werden, um aus Tabak und seinem wilden Verwandten Nicotiana benthamiana neue Sorten zu entwickeln, die zur nachhaltigen Produktion von Pharmazeutika und Kosmetika in der Lage sind.

Züchten mit Genomtransfer

„Unser Ziel ist es, neue Tabaksorten zu züchten, die als hocheffiziente Biofabriken arbeiten“, erklärte Bock. Neben modernen Formen des Pfropfens sollen weitere Methoden eingesetzt werden – etwa die Crispr-Technik, die völlig neue Möglichkeiten für die Pflanzenzüchtung eröffne. „Die Nutzung dieser Pflanzen als sichere Produktionsstätte für das sogenannte Molecular Farming wird es uns künftig ermöglichen, hochwirksame medizinische Substanzen aus Pflanzen zu gewinnen“, so Bock.

Die Forscher wollen die neuen Tabaksorten mit Hilfe des horizontalen Genomtransfers züchten. Bei diesem Prozess können komplette Genome von einer Art auf eine andere übertragen werden, wie es in gepfropften Pflanzen stattfindet. Das neue Verfahren sei erst kürzlich durch das Team entdeckt worden.

Neuer gesunder Tabak

Die neuen Züchtungsmethoden werden nach Ansicht der Forscher auch dazu beitragen, den traditionellen Tabakanbau wiederzubeleben. Im Rahmen des Newcotiana-Projekts soll eine Änderung der Tabaknutzung ermöglicht werden. „Statt gesundheitsschädlicher Produkte könnten zukünftig der Gesundheit zuträgliche Erzeugnisse aus Tabak hergestellt werden“, so die Forscher. Das entspreche dem Ziel der wissensbasierten Bioökonomie der EU.

Das Newcotiana-Projekt wird mit 7,2 Millionen Euro durch die EU im Rahmen des Horizon-2020-Programms gefördert. Die Wissenschaftler des Institute for Plant Molecular and Cellular Biology (IBMCP) des Spanish Research Council (CSIC) koordinieren das Projekt, dem 19 akademische und industrielle Partner aus acht europäischen Ländern und Australien angehören. 

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false