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Auf Casting-Tour: Noch bis Ende September fährt der „DSDS“-Truck durch Deutschland. Auch in Cottbus machte er Station.

© Patrick Pleul, dpa

"Deutschland sucht den Superstar": Casting in der Provinz

„DSDS“ muss mittlerweile durch die Provinz touren, um Kandidaten zu finden. Dabei macht der Casting-Truck auch in Cottbus Station.

Der Traum von der glitzernden und strahlenden Musikkarriere beginnt auf einem kleinen Platz im brandenburgischen Cottbus. Unter neugierigen Blicken von Kaffeetrinkern in Straßencafés, Touristengrüppchen und Schaulustigen versuchen junge Leute, beim Casting für die 15. Staffel von „Deutschland sucht den Superstar“ („DSDS“) alles zu geben. Einige schaffen es erst gar nicht zum Vorsingen.

Die Ausbeute der ersten halben Stunde an diesem Mittag ist mager: Zwei Männer, ein Mittfünfziger und ein 38-Jähriger mit einer Gitarre, trauen sich vor. Doch sie scheitern schon am Infostand an den Voraussetzungen. RTL lässt dieses Mal nur Bewerber zwischen 16 und 30 Jahren zu. „Echt jetzt?“, fragt einer der Männer. Es hilft nichts – die Gitarre wird wieder weggepackt. Der nächste: Auch ein 16-Jähriger hat kein Glück. Er wird zunächst abgewiesen, weil er die schriftliche Erlaubnis seiner Eltern für seine Teilnahme nicht dabei hat. Der Jugendliche flitzt los, um sie noch beizubringen. Einige Stunden wird das Casting-Team noch hier Station machen.

RTL spricht von der größten Castingtour in der Geschichte der Musiktalentshow. Vier Trucks steuern fast 60 Städte an, darunter auch Regionen abseits von großen deutschen Metropolen. Das Ziel ist es, die Nachfolge des inzwischen fast schon vergessenen Soulsängers Alphonso Williams, 55, vom Mai dieses Jahres zu ermitteln. Auf der Liste der Casting-Tour stehen zum Beispiel Stendal, Zwickau, Eckernförde, Rheine, Ulm – und eben Cottbus. In der vergangenen Woche startete die Tour.

Casting ohne Hürden

Jungen Leuten, die über eine Bewerbung für die Show nachdenken, soll es laut RTL möglichst einfach gemacht werden. Dazu passt auch, dass sich niemand für die Casting-Tour im Vorfeld anmelden muss. „Die Hürde, sich zu bewerben ist einfacher, wenn man spontan in der eigenen Stadt vorsingen kann, als wenn man in eine größere Stadt anreisen muss“, sagt RTL-Sprecherin Anke Eickmeyer. In den ersten Jahren der Show sei das Casting noch ganz anders organisiert gewesen – die möglichen Kandidaten wurden nach einer Bewerbung zum Vorsingen in Hotels in großen Städten eingeladen. Seit 2008 fahren die Trucks durch Deutschland.In Cottbus hat es die erste Bewerberin geschafft und sitzt zumindest schon einmal in einem Zelt mit mehreren Stühlen. Sie wartet, bis sie für ihren Auftritt aufgerufen wird. Durch eine große Scheibe können die Bewerber von draußen beim Singen beobachtet werden. Anne ist 22 Jahre alt und kommt aus dem Spreewald. Sie hat zwei Songs vorbereitet. Warum sie mitmacht? „Einfach mal probieren, was man im Leben erreichen kann“, sagt die junge Frau mit langen roten Haaren und Tattoos auf den Armen.

Als sie aufgerufen wird, füllt ein Jugendlicher mit Batman-T-Shirt gerade seinen Castingbogen am Infopunkt aus und kratzt sich nervös im Nacken. Die Aufregung ist ihm anzusehen. Seine Freundin ist dabei, als Stütze. Neben ihr stehen weitere Bekannte, die das Ganze offensichtlich aber gar nicht so ernst nehmen. „Wir wollen die Talente von Cottbus kennenlernen“, sagt eine Jugendliche und lacht dabei schallend.

Medienwissenschaftlerin Joan Bleicher von der Universität Hamburg spricht von „ausgecasteten Großstädten“. „Früher war es tatsächlich üblich, nur in großen Städten zu casten“, sagt sie. Jedoch sei es sehr viel schwerer geworden, geeignete Kandidaten für die Sendung zu finden. Zugleich sinke das Interesse an Casting-Shows, weil viele Zuschauer mittlerweile die immer gleichen Sendeabläufe und Inszenierungsmuster kennen würden.

Im Quotenkeller

Dem Kölner Privatsender zufolge sind die Bewerberzahlen für die Musikshow stabil, allerdings gibt es keine steigende Tendenz. „DSDS“ startete 2002/2003 mit starker Publikumsresonanz, mit den Jahren ließen die Quoten deutlich nach. Die jüngste Finalshow der 14. Staffel im Mai fuhr, mit 3,47 Millionen Zuschauern bezogen auf die anderen Final-Sendungen der Show, ein Quoten-Rekordtief ein.

Anne kommt aus dem Truck mit einer Absage. „Leider nicht“, sagt sie und winkt ab. Die Casting-Tour mit den Trucks dauert noch bis Ende September. Die Staffel soll dann Anfang 2018 ausgestrahlt werden – einen genauen Termin gibt es noch nicht. Am Stand ist unterdessen ein älterer Mann in pinkem Kostüm aufgetaucht, der sich als Weiterentwicklung von Cindy aus Marzahn sieht und als „Pinky aus Cottbus“ vorstellt. Ein Passant sagt trocken: „Karneval ist noch nicht, aber es sieht so aus.“

Anna Ringle

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