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Mit über einer Million Besuche ist Katholisch.de das kirchliche Onlineportal mit der größten Reichweite. Evangelisch.de kommt auf rund 600 000 Visits.

© Tsp

Christliche Medien im Umbruch: Ganz ohne Bibel geht es nicht

Wie sich die konfessionellen Medien in einer zunehmend säkularen Welt behaupten wollen. Dabei spielen Berichte über Fastenaktionen wie "Sieben Tage Ohne" und über christliche Tattoos eine Rolle.

Rund zwei Drittel der Deutschen haben haben einer Umfrage von infratest dimap zufolge mit Glaube und Religion wenig bis gar nichts am Hut. Trotzdem finden die christlichen Medien auf verschiedenen Wegen ihre Leser auch außerhalb der Gemeinden. Ob als Agenturmeldung in den Nachrichten, als Beilage in der Wochenzeitung oder im Netz: Die Medien der evangelischen und katholischen Kirche sind in allen Bereichen der deutschen Presselandschaft etabliert. Sie bewegen sich zwischen Nachrichten- und Special Interest-Journalismus, zwischen Kirchen-PR und Kirchen-Berichterstattung.

Der Evangelische Pressedienst (epd) beliefert etwa zwei Drittel aller 333 Tageszeitungen in Deutschland, darunter alle überregionalen Blätter. Die Redaktion produziert Beiträge zu Politik, Kirchen- und Glaubensthemen, zu Sozial- und Entwicklungspolitik und berichtet mit sieben Landesdiensten aus den Regionen. Die Reichweite von epd ist nach eigener Darstellung auf rund drei Viertel der gesamten Tageszeitungsauflage gestiegen. Die liegt laut Zeitungsverlegerverband bei 15,3 Millionen. Der epd wird von der evangelischen Kirche getragen und ist Teil des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik, in dem auch das bekannte Magazin „Chrismon“ und die Evangelische Journalistenschule organisiert sind.

Weniger Kunden, aber höhere Reichweite

Die Katholische Nachrichten-Agentur KNA beliefert etwa 900 Kunden mit ihren Landes- und Themendiensten. Die Zahl der redaktionellen Kunden des sogenannten „Basisdienstes“ ist von 126 auf 116 zurückgegangen. Das liege unter anderem an Konzentrationsprozessen durch Fusionen von Zeitungshäusern. Zugleich sei die Reichweite jedoch insgesamt gestiegen, sagt KNA-Chefredakteur Ludwig Ring-Eifel und begründet dies mit steigenden Zugriffszahlen der Online-Angebote.

Zu den konfessionellen Beziehern der KNA zählt das Online-Portal der katholischen Kirche, Katholisch.de, dessen Gesellschaft sich als „Schwester“ von KNA versteht. Katholisch.de ist mit rund 1,1 Millionen Besuchen monatlich (IVW 02/18) das reichweitenstärkste kirchliche Portal in Deutschland. Die Seite berichtet tagesaktuell über kirchenpolitische und gesellschaftliche Ereignisse und lädt Videos wie den „Tagessegen“ und Erklärfilme wie „Ostern in 90 Sekunden erklärt“ hoch, der auf dem YouTube-Kanal der Plattform etwa 33 000 Aufrufe hat. Vor kirchlichen Feiertagen wie Ostern und Weihnachten hätten Beiträge zu diesen Anlässen eine hohe Nachfrage, sagt Björn Odendhal, stellvertretender Chef vom Dienst bei Katholisch.de. Sehr gefragt seien die eher niedrigschwelligen Texte, „also Artikel, die keine hochtrabende Theologie beinhalten, sondern erklären, was an diesen Tagen überhaupt gefeiert wird und warum“.

Die Katholisch.de-Leser sind durchschnittlich 48,5 Jahre alt, überwiegend männlich und zu 92 Prozent katholisch. Die Redaktion versuche aber, eine noch jüngere, nicht männliche und nicht zwingende katholische Zielgruppe anzusprechen, so Odendahl. Etwa über Social Media: Auf Instagram hat @katholisch_de 6000 Follower, postet unter anderem Fotos und Stories von einer Pilgerreise nach Israel und tägliche Bibelsprüche, wofür es im Schnitt einige hundert Likes gibt.

Die Zugriffszahlen von Katholisch.de belegen für Odendhal, dass das Interesse an Religion und Kirche noch immer vorhanden ist. Der zunehmend fehlenden kirchlichen Sozialisation der Menschen versuche man mit einer Mischung aus klassischen Kirchennachrichten und bunten Themen, wie der Taufe im britischen Königshaus oder Reportagen, zu begegnen. „Wir versuchen, unsere Botschaft ohne erhobenen Zeigefinger zu vermitteln“, sagt Odendahl.

Die Webseite Evangelisch.de ist im Kontrast zum andächtig weinrot gestalteten Katholisch.de auffällig bunt koloriert. Sie wird, wie der epd, vom Gemeinschaftswerk der evangelischen Publizistik betrieben. Das Angebot richtet sich an „hoch verbundene und kirchlich engagierte Menschen“, erklärt Portalleiter Hanno Terbuyken. Die Beiträge bewegen sich zwischen Service („Evangelische Rezepte für die Feiertage“), epd-Nachrichten der EPD („USA kürzen Gelder für UN-Friedensmission“) und Themen mit Gemeindebezug, wie das Portrait über eine Klinikseelsorgerin.

Margot Käßmann im Video

Das Kirchenportal will jung, bunt und niedrigschwellig wirken. So handelt ein prominenter Beitrag in der Rubrik „Bibel“ von christlichen Tattoos, inklusive Bildergalerie. Die Leser sind durchschnittlich 30 bis 35 Jahre alt, gleichermaßen männlich wie weiblich und größtenteils in Gemeinden eingebunden, so Terbuyken. Auf YouTube erhält Evangelisch.de mit einer Reportage-Serie über eine angehende Pfarrerin einige hundert Klicks, ein Videostatement von Margot Käßmann hat etwa 2000 Aufrufe. Die meisten Videos sind keine Klickgiganten. Dazu passt wohl die jüngste Nachricht, dass die evangelische Kirche die Influencer-Agentur Mediakraft angeheuert hat, um einen eigenen YouTube-Kanal zu konzipieren, der unabhängig neben den bestehenden Kanälen laufen soll.

Auch bei dem protestantischen Portal beeinflusst der Kirchenkalender die Nachfrage: Zwischen Aschermittwoch und Ostern verzeichnet Evangelisch.de die meisten Zugriffe, was laut Portalleiter Terbuyken auch an der Fastenzeit und der Fastenaktion „Sieben Tage Ohne“ liegt. Das Portal hatte mit seinen Subdomains im Februar etwa 590 000 monatliche Besuche, etwa 100 000 mehr als im Vorjahreszeitraum. Während des Jahres seien vor allem Service-Stücke zu Trauung, Taufe und Konfirmation „Topseller“, erklärt Terbuyken: „Das sind Themen, bei denen christliche Medien die vertrauenswürdigsten Informationen bieten können, Fragen, die nur wir beantworten können.“ Aber auch aktuelle Themen wie Migration und ethische Fragen würden viel gelesen. So wie die „Chrismon“-Titelgeschichte zum Vogelsterben: „Das ist kein primär kirchliches Thema, aber es stieß auf große Resonanz.“

Das Monatsmagazin „Chrismon“ liegt als Supplement unter anderem der „Zeit“ bei und hat eine Auflage von etwa 1,6 Millionen Exemplaren. Es richtet sich primär an am Glauben interessierte Leser. Die März-Ausgabe macht mit einem Vogelexperten-Interview auf, eine Reportage handelt von philippinischen Pflegekräften in einem sächsischen Pflegeheim. Keine hohe Theologie, sondern Geschichten mit ethischem oder sozialem Bezug. Eindeutig christliche Inhalte findet man mitunter. So behandelt ein Beitrag die Frage, wie man die Auferstehung einem Kind erklärt („Falsch sei es jedenfalls, dem Kind die eigenen Gedanken aufzudrängen“). Ganzseitige Anzeigen werben für Reisen nach Armenien oder ins Heilige Land. Ein bisschen Bibel muss eben doch sein.

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