zum Hauptinhalt
Aufklärer. Der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm (links) und ARD-Programmchef Volker Herres sehen die Untersuchungen in den Sendern zum Fall Wedel noch nicht am Ende.

© dpa

Causa Wedel: Die ARD wird noch weiter auffklären

Fall Wedel: ARD sucht in den Archiven nach Hinweisen und will unabhängige Beschwerdestelle der Kreativbranche.

In den Anstalten der ARD gibt es noch keinen finalen Befund in der Causa Wedel. „In einigen Wochen müssten die betroffenen Häuser mit der Recherche durch sein“, sagte der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm am Mittwoch nach der Sitzung der Senderchefs in München. Dann werde man die Ergebnisse öffentlich machen, soweit das im Rahmen des Opferschutzes möglich sei. Nach dem aktuellen Zwischenstand gebe es keine weiteren Hinweise auf Übergriffe bis hin zur sexuellen Nötigung. „Bisher ist jenseits des Saarländischen Rundfunks uns in den Akten nichts Verhaltensauffälliges untergekommen“, ergänzte ARD-Programmdirektor Volker Herres.

Die längste Aufklärungszeit wird wohl der Norddeutsche Rundfunk beanspruchen: Der NDR und seine Tochterfirma Studio Hamburg hatten ARD-weit die meisten Produktionen mit Autor und Regisseur Wedel. Drei Häuser haben ihn nie beauftragt, der Bayerische Rundfunk, dessen Intendant Wilhelm ist, verzeichnet eine Wedel-Produktion: „Halbzeit“ im Jahr 1977.

Nun war Dieter Wedel beileibe nicht der einzige Regisseur, Autor und Produzent im deutschen Fernsehen. Die Zahl aller Serien und Filme wie auch aller Mitwirkenden und Verantwortlichen ist nicht nur in der ARD-Historie unübersehbar. Ob auch anderswo und zu anderer Zeit Demütigungen und Übergriffe stattgefunden hätten, konnte Wilhelm nicht beantworten: „Aber ausschließen kann man nichts.“ Das vorherrschende Aufklärungsinteresse konzentriert sich auf Dieter Wedel.

Schutz der eigenen Mitarbeiter

Deutlich wurde bei der Pressekonferenz, dass die ARD in der Zukunft zweigleisig verfahren wird. So sollen in den Häusern die Beschwerde- und Schutzmechanismen intensiviert werden. „Wir sind alle in unmittelbarer Verantwortung, wir müssen unsere Mitarbeitenden schützen, das bleibt eine Daueraufgabe“, sagte Wilhelm. Diese gesteigerte Verantwortung müsste auch bei den Vertragspartnern der Sender, beispielsweise bei den Produktionsfirmen, gelten.

Zudem will sich die ARD bei der Schaffung einer überbetrieblichen, unabhängigen Beschwerdestelle im kreativ-kulturellen Sektor engagieren. Sender, öffentlich-rechtliche wie private, Produktionsfirmen für Film und Fernsehen, Theater, aber auch das Staatsministerium für Kultur und Medien sollen sich laut Wilhelm beteiligen und entsprechende Verhaltenskodexe ausarbeiten. „Wir brauchen kein Nebeneinander von Einrichtungen, wir brauchen den großen Hebel.“

In der fortlaufenden Debatte um Finanzierung, Struktur und Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks kritisieren die ARD-Intendanten das Verhalten der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF). Sie habe – über ihre Aufgabe hinaus, wie Wilhelm insinuierte – angemerkt, dass nicht alle neun ARD-Anstalten in ihren Dritten Fernsehprogrammen jeweils eigene Gesundheitsmagazine präsentieren oder im Hörfunk eigene Kulturwellen unterhalten müssten. „Hier gilt es, publizistische Vielfalt zu erhalten und den Föderalismus, der tief in den Programmen verankert ist, u bewahren.“

Wilhelm fordert Teuerungsausgleich

Und weil Wilhelm schon mal im Forderungskatalog blätterte, erneuerte er seine Erwartung, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der Beitragsperiode 2021 bis 2024 wenigstens einen Teuerungsausgleich auf den gültigen Monatsbeitrag von 17,50 Euro bekomme. „Wir sind in einem Schrumpfungsprozess bis auf die Knochen.“

Ulrich Wilhelm forderte die Ministerpräsidenten dazu auf, bei der Neuordnung des Telemediengesetzes nicht nur auf Zeitungen und öffentlich-rechtliche Sender zu schauen. Wenn die ARD künftig weniger im Internet anbieten dürfe, diene dies nicht automatisch den Verlagen, sondern Netzbetreibern und Plattformen. Vodafone, T-Online, Web.de und Google News entwickelten sich immer mehr zu großen Nachrichtenanbietern, die von Kontrollen und Regulierungen kaum betroffen seien. „Es ist sehr wichtig, dass man auch diesen dritten Anbieterkreis mit in den Blick nimmt.“

Die Ministerpräsidenten der Länder hatten vor einer Woche eine Entscheidung über die Zukunft von ARD, ZDF und Deutschlandradio im Internet vertagt. Es gibt noch Uneinigkeit über den Umfang des künftigen Textangebots der Sender im Netz. Die Zeitungs- und Zeitschriftenverleger fordern eine deutliche Einschränkung solcher „presseähnlichen“ Angebote.

Zur Startseite